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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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und alles unter sich ersticken. Das Wilde Heer war auf dem Vormarsch, und die entfesselte Natur stand auf seiner Seite…
    Von der schmalen Straße, die die Talsohle durchlief und die aus wenig mehr als festgestampftem Boden bestand, war nichts mehr zu sehen, denn auch sie war unter Schichten von Schnee versteckt. Die meisten der Allagáiner, die auf den Berghängen lebten, schien der frühe Winter von ihren Alpen vertrieben zu haben, denn nirgendwo war Kaminrauch über den Baumwipfeln zu entdecken. Der Druide hoffte nur, dass die Menschen das Obertal verlassen hatten, bevor Muortis’ Heer es erreicht hatte.
    Doch je weiter Yvolar nach Norden gelangte, desto weniger wurde der Schnee. Nur noch einige Handbreit bedeckten den Boden. Allerdings kamen dadurch seine Verfolger leichter und noch rascher voran. Stärker als zuvor nahm der Druide den fauligen Gestank wahr, den der eisige Wind herantrug, und immer wieder blickte er sich wachsam um.
    Erle waren nicht für ihren Mut bekannt, sondern für ihre Verschlagenheit und Heimtücke. Wenn sie ihn überfielen, dann ganz sicher nicht auf offenem Feld, wo er sie schon von Weitem kommen sah…
    Plötzlich ein Geräusch, das von einem der Berghänge drang und blechern und schaurig durch das Tal hallte.
    Ein Erl-Kriegshorn.
    Lange hatten Yvolars Ohren den grässlichen Ton nicht mehr vernommen; zuletzt, als sich die Heere von Licht und Finsternis auf dem Korin Nifol zur entscheidenden Schlacht begegnet waren. Doch obwohl seither Jahrhunderte, Jahrtausende verstrichen waren, jagte er dem Druiden noch immer kalte Schauer über den Rücken. Grausame Mordtaten pflegten jenem Klang zu folgen, damals wie in diesen Tagen…
    Hastig wollte er weitergehen, als der schaurige Ton plötzlich beantwortet wurde – aus dem nahen Wald!
    Erschrocken blickte Yvolar auf.
    Eine weitere kreischende Antwort ließ die kalte Luft erzittern, diesmal von der anderen Seite der Talsohle – und dem Druiden kam die hässliche Erkenntnis, dass er in einen Hinterhalt geraten war: Seine Verfolger riefen ihre Artgenossen, um ihn einzukreisen. Ein gutes Stück voraus drängte der Wald von beiden Seiten nah an die Straße heran. Von dort konnten sie sich ihm nähern, ohne gesehen zu werden.
    Dort würden sie angreifen…
    Die Gesichtszüge des Druiden verhärteten sich, und seine Rechte schloss sich so fest um den Eschenstab, dass die Knöchel weiß hervortraten. Dann begann er zu laufen, schneller noch als zuvor, der Engstelle entgegen. Kehrtzumachen und zu fliehen hätte nichts genutzt. Es gab nur diesen Weg, wenn er möglichst rasch nach Norden gelangen wollte. Entweder schaffte er es, die Reihen der Angreifer zu durchbrechen, oder das Schicksal Allagáins – und damit der ganzen Welt – war besiegelt!
    Noch mehr der schaurigen Töne erklangen, von beiden Seiten plärrten sie herab. Yvolar begriff, dass es noch sehr viel mehr Erle sein mussten, als er zunächst vermutet hatte, nicht nur ein Spähtrupp oder eine Kriegshorde – der ganze Wald schien von ihnen verseucht zu sein…
    Die Engstelle nahte, und für den Druiden hatte es den Anschein, als würden die Bäume des Waldes zum Leben erwachen. Allenthalben lösten sich aus dunklen Tannenschatten grausige, grobschlächtige Gestalten, die mit Fellen und derben Stofffetzen bekleidet waren und Rüstungen aus altem Leder und rostigem Eisen trugen. In ihren Klauen hielten sie mörderische Waffen: schartige Schwerter und klobige Äxte, geschmiedet in den dunkelsten Pfründen Dorgaskols. Ihre Häupter ähnelten denen von Schweinen: nach vorn gewölbte Schnauzen mit Hauern als Zähnen, darüber kleine, böse blickende Augen und abstehende, spitz zulaufende Ohren.
    Wie es hieß, waren die Erle einst vom Herrscher des Eises in den Tiefen Urgulroths gezüchtet worden. Denn anders als der Schöpfergeist war Muortis nicht in der Lage, eigenes Leben zu erschaffen; er hatte mit dem vorliebnehmen müssen, was bereits da gewesen war, und indem er in verbotenen Experimenten verband, was niemals hätte verbunden werden dürfen, verhalf er den Erlen zu ihrer frevlerischen Existenz. »Erks« nannten sie sich selbst, was vom sylfischen Wort »erko« abgeleitet war und »Schwein« bedeutete – und das verriet alles, sowohl über ihre Herkunft als auch über ihre Gesinnung.
    Die Erle schienen zu dem Schluss gekommen zu sein, dass man einen vereinzelten Wanderer gefahrlos angreifen konnte. Schnaubend und grunzend verließen sie den Wald und postierten sich auf der Straße, um

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