Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen
Sinn, eine, die ihr viel drängender erschien.
»Wo ist mein Onkel?«, wollte sie wissen.
Galfyn, der neben ihr stand, antwortete nicht sofort.
»Wo ist Klaigon?«, verlangte sie erneut zu wissen, eindringlicher diesmal.
»Oben im Turm«, entgegnete der Häuptling. »Barand sucht ihn, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen für…«
»Bringt mich zu ihm!«, verlangte Rionna entschlossen.
»Aber Hoheit!«, protestierte Galfyn. »Ihr seid zu erschöpft! Ihr solltet nicht…«
»Bitte«, fügte sie leiser hinzu, und wieder begegneten sich ihre Blicke.
Er nickte nur, dann rief er einige seiner Männer zusammen, und erneut drangen sie ein in den Túrin Mar…
63
Der Kampf dauerte an. Noch immer umklammerten sich Drache und Eisriese in einer tödlichen Umarmung, und nach wie vor hatte Fyrhack seine Zähne in das Fleisch seines Erzfeindes gegraben. Doch seine Kräfte ließen nach, denn weiterhin lagen auch die Pranken des Eisriesen um seine Kehle, und die Zeit, die ihm noch auf Erden blieb, schien Kaelor, der letzte der Farmion Daic, dazu nützen zu wollen, das Leben aus seinem Gegner herauszupressen.
Verzweifelt versuchte sich der Drache aus dem Todesgriff des Eisriesen zu winden, doch um sich zu befreien, hätte er die Kiefer öffnen und Kaelor freigeben müssen, und das wollte er nicht. Lieber ging er selbst zugrunde, als den Feind entkommen zu lassen, wie er es schon einmal getan hatte – damals, als Morvyn und so viele andere sein Versagen mit dem Leben hatten bezahlen müssen…
Ein tiefes Knurren drang aus der Kehle des Drachen. Er merkte, wie seine Kräfte ermatteten, und statt einen weiteren erfolglosen Versuch zu seiner Befreiung zu unternehmen, konzentrierte er sich darauf, seine Kiefer noch fester um die Beute zu schließen. Das kalte Blut des Eisriesen rann zwischen seinen Zähnen hindurch und plätscherte zu Boden. Doch je fester der Drache zubiss, desto unnachgiebiger schien auch der Griff um seine Kehle zu werden.
So beständig, wie das Leben aus ihm sprudelte, presste Kaelor es dem Drachen ab. Das Auge auf seiner breiten Stirn hatte sich milchig eingetrübt; der Riese konnte kaum noch etwas sehen. Dennoch ließ er nicht locker; die pure Bosheit, die ihn erfüllte, gab ihm die Kraft dazu. Auch Fyrhack kämpfte mit all der Macht, die sein Hass und seine Trauer ihm verliehen. Er konnte spüren, wie seine Zähne Fleisch durchbohrten und Knochen zermalmten – und plötzlich löste sich der Todesgriff um seinen Hals.
Schnaubend sog der Drache Luft durch seine Nüstern und merkte augenblicklich, wie die Lebensgeister zu ihm zurückkehrten. Sich auf allen vieren in die Höhe stemmend, riss er das Haupt empor, so versessen darauf, seinem tödlich verwundeten Gegner den Rest zu geben, dass er nicht mehr darauf achtete, was dieser tat.
Und so sah er auch nicht das Schwert Dóloans, das Kaelor vom Boden aufgelesen hatte und in einem letzten Aufbäumen gegen die ungeschützte Bauchseite des Drachen führte.
Erst als der Schmerz in Fyrhacks Eingeweide fuhr, begriff er, dass sein Gegner ihn einmal mehr überlistet hatte.
Das letzte Mal…
Hass und Schmerz entluden sich in einem Ausbruch roher Kraft. Die Kiefer des Drachen schnappten erneut zusammen und durchtrennten das Rückgrat des Riesen, das knackend brach – und mit ihm das keuchende Gelächter, das Kaelor ausgestoßen hatte, als er Fyrhack die Klinge in den Leib rammte.
Schlaff und leblos hingen die Körperhälften des Eisriesen zu beiden Seiten aus dem Maul des Drachen, ehe dieser sie ausspie und sich abwandte. Er packte das Schwert und zog es aus seinem Körper. Ein Blutschwall brach aus der Wunde, und indem er das Haupt in den Nacken warf und ein letztes Mal ein heiseres Gebrüll vernehmen ließ, brach der Drache zusammen.
Hart landete er auf dem steinernen Boden, die Bauchseite mit der klaffenden Wunde nach oben gedreht. Um Genugtuung über den Tod seines Erzfeindes zu empfinden, blieb ihm nicht die Zeit – schon waren die Gedanken des Drachen auf die Ewigkeit gerichtet und auf das, was ihn dort erwarten, auf die Geister seines Volkes, denen er dort begegnen würde. Seine Sinne trübten sich ein, und er wollte die Augen schließen – als er plötzlich Schritte hörte und Stimmen.
Menschen…
Noch einmal teilten sich die Schleier der Benommenheit, und er konnte Galfyn erkennen und einige seiner Krieger, dazu eine junge Frau mit kurz geschorenem Haar, die ein Büßerhemd trug. Fyrhack nahm an, dass es Rionna war, Klaigons
Weitere Kostenlose Bücher