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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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setzte, war der junge Erwyn – und ein heller Klang wie das Klirren von Glas kündete vom bevorstehenden Verhängnis.
    »Dochandar!«
    Durch das Geräusch aufgeschreckt, wirbelte Yvolar herum – doch die knochige Hand des Druiden griff bereits ins Leere. Jäh hatte der Boden unter Erwyns Füßen nachgegeben, und der Junge kippte zur Seite, dem bodenlosen Abgrund entgegen. Einen entsetzten Schrei auf den Lippen, warf er die Arme hoch, aber in dickes Fell gehüllt und schwer beladen, wie er war, vermochte er sich weder abzufangen noch das Gleichgewicht zurückzugewinnen.
    Er kippte einfach weiter, und einen quälenden Augenblick lang schien es, als wollte die bodenlose Tiefe den Knaben verschlingen. Dass es nicht dazu kam, war der gedrungenen Gestalt zu verdanken, die in der Kolonne hinter Erwyn marschierte und sich jäh nach vorn warf.
    Im Fallen gelang es Urys, seinem Ziehsohn einen Stoß zu versetzen und ihn so zurück auf den schmalen Grat zu bugsieren.
    Der Zwerg selbst jedoch war schon im nächsten Moment in Nebel und Schneetreiben verschwunden…
     
     
    »Neeeiiin!«, brüllte Erwyn, der noch gar nicht recht begriffen hatte, was Urys für ihn getan hatte, sondern nur mit vor Schreck weit aufgerissenen Augen auf die Stelle starrte, wo sein Ziehvater eben noch gestanden hatte.
    »Neeein…!«
    Benommen taumelte der Junge auf den Abgrund zu und wäre Urys wohl gefolgt, wäre Alpharts Rechte nicht vorgeschnellt und hätte ihn eisern zurückgehalten.
    »Lass mich!«, fuhr Erwyn den Wildfänger an. »Ich muss ihn retten!«
    »Das kannst du nicht«, beschied ihm der Jäger hart. »Da ist nichts mehr zu retten.« Um seine Behauptung zu belegen, trat er mit dem Fuß einen vereisten Felsbrocken los und beförderte ihn über den Rand des schmalen Pfades.
    Ein Aufschlag war nicht zu hören.
    Erwyn riss sich los. »Urys, wo bist du?«, schrie er gegen die undurchdringliche Nebelwand. »Vater! Vater…?«
    »Lass gut sein, Junge, es hat keinen Sinn«, redete Alphart ihm zu, aber inzwischen hatten auch die übrigen Gefährten mitbekommen, was geschehen war, und stimmten in Erwyns Rufe ein.
    »Urys!«, brüllte Leffel und legte seine Hände zum Trichter geformt an den Mund, um seine Stimme noch zu verstärken. »Melde dich! Gib uns ein Lebenszeichen, alter Freund!«
    »Schluss jetzt!«, schnitt eine Stimme messerscharf durch die kalte Luft, und anders, als man hätte vermuten sollen, gehörte sie nicht etwa Alphart, sondern Yvolar. Der Druide hatte sich umgewandt und war wieder aus dem Nebel aufgetaucht, finster und drohend wie ein fleischgewordener Nachtmahr. »Habt ihr den Verstand verloren, so laut herumzubrüllen? Der Zwerg hatte Herz genug, ohne einen Schrei auf den Lippen zu sterben – wollt ihr sein Erbe mit Füßen treten?«
    »A-aber…«
    »Der Jäger hat recht«, fuhr der Druide unwirsch fort. »Was geschehen ist, ist geschehen. Es steht weder in meiner noch in eurer Macht, es zu ändern.«
    »Aber Meister Yvolar«, wandte Leffel ein, auf den vor Entsetzen noch immer wie erstarrten Erwyn deutend. »Der arme Junge hat soeben seinen Vater verloren!«
    »Urys’ Tod ist für uns alle ein schwerer Verlust«, beteuerte der Druide. »Aber wir können uns damit trösten, dass er nicht sinnlos gestorben ist, sondern sein Leben für etwas geopfert hat, woran er geglaubt und das ihm wichtig gewesen ist.«
    »F-für mich«, hauchte Erwyn tonlos. »Er hat sich geopfert, um mein Leben zu retten…«
    »Dein Leben«, stimmte Yvolar zu, »und mit dir auch die Hoffnung.«
    »Die Hoffnung?« Erwyn wirkte elend, seine Augen schwammen in Tränen. »Bleibt uns denn noch Hoffnung, Meister Yvolar, wenn nicht einmal der Drache an mich glaubt?«
    »Urys hat an dich geglaubt«, betonte der Druide, »so sehr, dass er bereit war, für dich zu sterben.«
    »Und wenn er sich geirrt hat?«
    »Selbst dann hätte er keinen Augenblick gezögert. Urys hat dich geliebt wie einen leiblichen Sohn, dessen sei versichert. Warum wohl glaubst du, wollte er dich auf dieser Reise begleiten? Doch nur, um dich zu beschützen und vor Schaden zu bewahren. Dies und nichts anderes hat er getan, und wir ehren sein Opfer am besten, wenn wir unseren Marsch jetzt fortsetzen.«
    »In der Tat«, stimmte Alphart grimmig zu.
    »Aber… wie könnt ihr nur so herzlos sein?«, fragte Leffel und schickte seinen Gefährten, von denen er im Nebel nur die Umrisse, aber nicht die Gesichter sehen konnten, vernichtende Blicke. »Ist Urys uns nicht allen ein treuer Gefährte

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