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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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Grauen, das ihnen aus unergründlichen Pfründen entgegenschlug. Je weiter sich der Tag dem Ende neigte und je dunkler es wurde, desto lauter schienen auch wieder die Schreie zu werden, die der heulende Wind herantrug.
    Als sich zu Nebel und Schnee auch noch der graue Schatten der Dämmerung gesellte, entschied Yvolar, ein Nachtlager aufzuschlagen. Indem die Gefährten die länglichen und gewölbten Schilde, die Salmuz ihnen mitgegeben hatte, so um eine im Schnee ausgehobene Grube postierten, dass sie gegeneinander lehnten, entstand ein schützender, halbkugelförmiger Bau, der den Reisenden zwar wenig Platz, dafür aber Schutz vor Nacht und Kälte bot. Eng aneinandergepfercht hockten sie in der behelfsmäßigen Hütte und stärkten sich mit kaltem Wasser und gedörrtem Fleisch, während der Wind eisig über ihre Behausung strich. Dazu waren plötzlich noch andere, unheimliche Laute zu hören, ein Knacken und Bersten, das – so schien es – den ganzen Berg erbeben ließ.
    »W-was ist das?«, fragte Erwyn.
    »Das Eis aus der Tiefe«, antwortete Yvolar. »Vom Atem des Drachen gemehrt, dringt es immer weiter vor. Es lässt die Gebirgsbäche erstarren und nährt die Ferner, bis sie den Fels sprengen und alles Land bedecken.«
    Erneut hatte der Druide in jenem unheilvollen Ton gesprochen, der jedes Nachfragen verbot. Nicht einmal Alphart wagte es, sich zu erkundigen, was genau Yvolars düstere Worte bedeuteten. War es möglich, dass sie das Wirken des Eisdrachen tatsächlich noch auf den Hängen des Berges spürten? Hatte es nicht geheißen, der Dragan Daic treibe tief unter der Erde im Reiche Urgulroth sein Unwesen?
    Die Gefährten blickten apathisch vor sich hin. Keinem war zum Reden zumute, nur das Notwendigste wurde gesprochen. Yvolar teilte die Wachen ein und übernahm selbst die erste Schicht. Dabei fiel Alphart auf, dass sich der Druide verändert hatte. Sein trotz der ungeheuren Bedrohung stets so unbekümmert wirkendes jugendliches Wesen war in den Hintergrund getreten, und ähnlich wie nach dem erfolglosen Besuch in der Drachenhöhle hatte der Wildfänger den Eindruck, in der Enge der Hütte einem alten Greis gegenüberzusitzen. Entweder, sagte er sich missmutig, glaubte der Druide selbst nicht mehr an den Erfolg ihrer Mission oder das Gift der Erle hatte ihm mehr zugesetzt, als er zugeben wollte. Oder aber – und das erschien Alphart am wahrscheinlichsten – der alte Mann fühlte mehr als sie alle die Gegenwart des Bösen.
    Womöglich, dachte der Wildfänger beklommen, war nicht nur der Eisdrache nicht mehr weit entfernt, sondern auch sein düsterer Herrscher…
    Der Gedanke erschreckte ihn, und er beschloss, nicht weiter darüber zu grübeln, sondern sich stattdessen ein wenig Schlaf zu gönnen. So gut es ging, bettete er sich in seinen Fellmantel.
    Kurz bevor er die Augen schloss und die Erschöpfung ihn ins Reich der Träume taumeln ließ, traf ihn der Blick des Druiden. Unausgesprochene Zustimmung lag darin.
    Alpharts Vermutung war also richtig.
    Muortis war nicht fern.

 
    19
     
     
     
    Der nächste Tag sah die Gefährten bereits früh beim Aufstieg. Über einen schmalen Grat, der in südwestlicher Richtung verlief und über den erbarmungslos der eisige Wind strich, strebten sie dem Gipfel entgegen. Früher hätte sich von dort aus ein weiter Blick auf die Majestät der umliegenden Berge geboten, nun jedoch lagen sie erstickt und tot hinter trüben Schleiern – gerade so, als wäre der Gipfel des Korin Nifol der letzte Flecken der sterblichen Welt, der noch nicht vom grauen Nichts verzehrt war, und als wären Yvolar und die Seinen die letzten Lebewesen überhaupt. Und vielleicht, dachte der Druide düster, entsprach dieser Eindruck mehr der Wirklichkeit, als ihnen allen recht sein konnte.
    Je weiter es hinaufging, desto unwegsamer wurde das Gelände und desto schwerer das Vorankommen: Die Kälte nagte an den Wanderern, tiefer Schnee verschluckte jeden ihrer Schritte. Blindlings stapften sie durch den Nebel, der so dicht war, dass sie jeweils nur den Vordermann sehen konnten, und auch diesen nur als vagen Umriss; und einzig die Erinnerung des Druiden sorgte dafür, dass sie nicht vom Weg abkamen und haltlos ins Verderben stürzten.
    So weit der Blick von Yvolars innerem Auge jedoch zurückreichte – es gab Stellen, an denen Wind und Wetter im Lauf von Jahrtausenden genagt hatten.
    Dem Tritt des Druiden hielt das brüchige Eis, das den Fels überzog, noch stand. Der Nächste, der seinen Fuß darauf

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