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Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen

Titel: Land der Mythen 02 - Die Flamme der Sylfen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Peinkofer
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gewesen? Verdient er es nicht, dass wir für einen Augenblick innehalten und seiner gedenken? Sind wir schon so roh und grausam geworden wie der Feind, gegen den wir kämpfen?«
    »Du weißt nicht, was du sagst, Leffel Gilg«, drang Yvolars Antwort dumpf aus dem Nebel, »deshalb will ich dir deine unbedachten Worte verzeihen. Sei getrost, dass wir unseres Freundes gedenken werden, aber erst zu gegebener Zeit. Nun lasst uns unseren Weg fortsetzen. Vergesst nicht, wo wir uns befinden. Eure Schreie könnten gehört worden sein, und vielleicht suchen die Schergen des Eises bereits nach uns.«
    Der Druide unterbrach sich, legte den Kopf in den Nacken und schnupperte in die eisig kalte Luft.
    »Folgt mir«, sagte er dann, »und nehmt dies zugleich als Trost und Warnung: Wenn Muortis’ Ungeheuer uns einholen, werden wir schon bald wieder mit dem tapferen Urys vereint sein…«

 
    20
     
     
     
    Der Marsch dauerte an.
    Stetig ging es den Grat hinauf, bis sie schließlich einen flachen Bergsattel erreichten, der nach Nordosten hin von verschneiten Hängen und eisüberzogenen Felsen begrenzt wurde. Wo genau sie sich befanden, wussten die Gefährten nicht zu sagen – zu undurchdringlich war der Nebel, zu groß die Strapaze. Doch Yvolar, der unbeirrt vorausging, schien den Weg zum Gipfel genau zu kennen.
    »Wie weit ist es noch, alter Mann?«, erkundigte sich Alphart. Der Wildfänger merkte, wie der Aufstieg an seinen eben erst zurückgewonnenen Kräften zehrte, und er wollte sich gar nicht ausmalen, wie es Erwyn und dem Gilg gehen mochte.
    »Warum fragst du, Wildfänger?«, erkundigte sich Walkar brummend, dem der Marsch als Einzigem kaum zuzusetzen schien. Der Bärengänger hatte die Nachhut der Kolonne übernommen, und wenn Alphart im dichten Nebel überhaupt einmal einen Blick auf ihn erheischte, so war seine hünenhafte Gestalt kaum von den umliegenden Felsen zu unterscheiden. »Bist du etwa schon müde? Einen Berg zu erklimmen ist wohl schwieriger, als einem unschuldigen Tier das Leben zu nehmen.«
    »Es geht nicht um mich«, erklärte Alphart unwirsch, »sondern um den Jungen. Wie geht es dir, Kleiner?«
    Erwyn antwortete nicht.
    Seit sein Ziehvater Urys von der nebligen Kluft verschlungen worden und in den Tod gestürzt war, hatte der Junge kaum ein Wort gesprochen. Alphart konnte sich gut vorstellen, was in ihm vorging. Er wusste, wie es war, einen geliebten Menschen zu verlieren, und er wusste auch, wie es sich anfühlte, seiner Trauer nicht freien Lauf lassen zu dürfen. Man hielt sich für schuldig, war ohnmächtig und zugleich von rasender Wut erfüllt, die zu finsteren Racheschwüren wurde.
    Zu gern hätte der Wildfänger dem Jungen gesagt, dass er mit ihm litt, dass er wusste, wie er empfand – aber weder war dies der rechte Augenblick dafür noch wollte er, dass die anderen dies hörten. Der Gilg hatte es übernommen, Erwyn zu trösten und ihm ein wenig Mut zuzusprechen, allerdings nur mit mäßigem Erfolg.
    Urys’ Tod hatte sie alle schwer getroffen. Eben noch war er an ihrer Seite marschiert, um dann so plötzlich und unvermittelt von einem unseligen Schicksal dahingerafft zu werden, als hätte es ihn nie gegeben. Was blieb, war die Erinnerung an einen Gefährten, der voller Mut und Tatkraft gewesen war und der im Tod wahre Größe bewiesen hatte, seinen geringen Körpermaßen zum Trotz. Alphart bedauerte, dass er den Zwerg nicht besser kennen gelernt hatte und dass er nun auch keine Gelegenheit mehr dazu erhalten würde. Urys war nicht mehr. Mit ihm war auch der einzige Abgesandte Glondwaracs gefallen, und der Wildfänger dachte daran, dass ein Volk nach dem anderen der Zerstörungswut Muortis’ und seiner dunklen Horden zum Opfer fallen würde, wenn sie versagten. Einsamkeit würde das Land Allagáin befallen, eine Ödnis und Verzweiflung, wie sie schwer vorstellbar…
    »Vorsicht!«
    Unerwartet war Yvolar stehen geblieben, und die nachrückenden Gefährten prallten gegen ihren jeweiligen Vordermann.
    »Was ist?«, erkundigte sich Leffel tonlos.
    »Ich weiß nicht recht…«
    Erneut sah es so aus, als würde der Druide den Kopf in den Nacken legen, um Witterung aufzunehmen wie ein Tier. Walkar tat es ihm gleich, schnaubte dann und sagte: »Ich kann in dieser beißenden Kälte nichts riechen.«
    »Dafür merk ich ein Ziehen im Bauch, das vorhin noch nicht da war«, flüsterte Mux halblaut, »und dieses Ziehen, das lass dir sagen, weissagt uns Gefahr…«
    Die Worte genügten, um Alphart zum Bogen

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