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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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gestorben, und Großvater hatte sie nie durch ein neues Pferd ersetzt.
    Sie fragte sich, ob Großvater Cletus Declan zugestimmt hätte.
    Rose bog um die Kurve, warf einen Blick auf das Haus und wappnete sich. Es würde sicher Geschrei und Tränen geben. Am Ende würde sie ihren Willen durchsetzen, aber gewiss nicht ohne böse Worte.
    In diesem Moment trat ein großer, dunkelhaariger Mann zwischen den Sträuchern hervor auf den Fahrweg. Er trug Jeans und eine schwarze Lederjacke über einem ausgeblichenen T-Shirt. Wilde Augen sahen sie an, glühend wie Bernstein.
    William.
    Rose blieb stehen.
    Er machte keine Bewegung in ihre Richtung. Seine Miene war grimmig, sein Mund ein dünner, weißer Strich. »Die Kinder sind in Sicherheit«, sagte er. »Ich habe auf sie aufgepasst.«
    Angst kroch ihr den Nacken hinunter. Sie rief sich ins Gedächtnis, dass sie ihn mit ihrem Blitz grillen konnte, wann immer sie wollte. »Was wollen Sie hier, William?«
    Er schüttelte den Kopf. »Weiß nicht.«
    Sie musterte sein Gesicht und erkannte Unsicherheit, in die sich ein Anflug von Argwohn mischte. Jack sah genauso aus, wenn er unversehens auf das Terrain menschlicher Gefühle geriet, zur Salzsäule erstarrte und nicht mehr wusste, was er sagen oder als Nächstes tun sollte. Falls sie sich tatsächlich an Jack orientieren konnte, war William bis zum Anschlag gespannt. Er konnte jede Sekunde platzen und in die Luft gehen.
    »Setzen wir uns«, sagte sie mit betont ruhiger Stimme. »Wir müssen reden.«
    Er folgte ihr zum Haus. Sie nahm die Wehrsteine weg, winkte ihn rein und wies auf die Verandastühle. Er setzte sich lieber auf die Stufen, und sie ließ sich in ausreichend großem Abstand neben ihm nieder. Als sie sich nach dem Küchenfenster umdrehte, entdeckte sie zwei Gesichter. Ehe die beiden abtauchen konnten, hatten sie sich bereits einen finsteren Blick erster Klasse eingefangen.
    Rose wandte sich William zu. Er stand gefühlsmäßig am Abgrund, ein falsches Wort oder ein falscher Blick konnte ihn über die Kante schubsen. Aber sie hatte Jack schon mehr als einmal vor dem Absturz bewahrt. Natürlich waren ein Achtjähriger und ein ausgebildeter Killer, der auf die dreißig zuging, zwei verschiedene Paar Schuhe. Daher würde sie äußerst vorsichtig vorgehen müssen. Es kam vor allem auf Ehrlichkeit an. Jack spürte ihre Lügen intuitiv, und William würde das wahrscheinlich auch tun. Am besten, sie vermied alle Themen, bei denen er in Rage geraten konnte.
    »Ich habe Sie mit Declan gesehen«, begann er. »Und Sie beide …«
    Das war’s dann wohl mit behutsamem Vorgehen. »Ich liebe ihn«, sagte sie.
    »Ah.« Er fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Liebt er Sie auch?«
    »Ich weiß es nicht. Darüber haben wir nicht gesprochen. Er weiß nicht, was ich fühle.«
    »Warum er? Warum nicht ich?«
    Er brachte die Frage in einem vollkommen neutralen Tonfall vor, dennoch nahm sie die Emotionen dahinter wahr – und ein Leben voller Zurückweisungen. Er verdiente eine ehrliche Antwort, und sie ließ sich einen Moment Zeit, um darüber nachzudenken.
    »Das lässt sich nur schwer erklären. Wir sind uns in vielem ähnlich. Man kann sich das kaum vorstellen, aber es ist so. Er gibt mir das Gefühl, begehrt und geborgen zu sein, und er bringt mich zum Lachen … Allerdings treibt er mich auch oft zur Weißglut. Einmal habe ich sogar fast einen Blitz nach ihm geschleudert.« Sie hielt inne. »Es ist sehr schwer, Liebe auf verständliche Begriffe zu bringen, William. Liebe ist eine Macht, ein Gefühl. Man weiß, wann man so empfindet und wann nicht.«
    »Und für mich empfinden Sie nichts?« Wieder kam die Frage mit flacher, tonloser Stimme.
    »Das stimmt so nicht ganz«, antwortete sie. »Ich kenne Sie nicht so gut, aber es gibt Dinge, die ich an Ihnen mag. Ich mag Ihre Ehrlichkeit. Mir gefällt Ihre Geduld, dass Sie nett zu den Jungs sind und auf die beiden aufgepasst haben. Dass Sie Emerson kopfüber an einen Baum gehängt und mich fast zu Tode erschreckt haben, hat mir allerdings überhaupt nicht gefallen.«
    »Ich war sauer«, sagte er. »Und es ging Ihnen nicht gut.«
    Er hatte ihr ein Geschenk gemacht und verstand nicht, warum sie nicht begeistert reagierte. Genau wie Jack. »Ich weiß die Absicht dahinter durchaus zu schätzen. Trotzdem wäre es mir lieber, Sie hätten es nicht gemacht.«
    William sah sie misstrauisch an.
    »Einmal haben sich George und ein größerer Junge gezankt. Der Größere schlug George ins Gesicht, und George

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