Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten
auch noch weggenommen hat. Selbst das hat Declan achtlos weggeworfen.«
Er strahlte Wut aus. Wenn er ihn in die Finger bekam, würde William Declan töten, das spürte sie genau. Sie musste ihn von seinen gewalttätigen Absichten abbringen. »Declan wollte die Legion gar nicht verlassen. Er macht sich nichts daraus, ein Edelmann zu sein. Die Verantwortung bedeutet ihm nichts. Er hat das für Sie getan.«
»Ich habe ihn nicht darum gebeten«, grollte William.
»Trotzdem hat er’s getan«, gab Rose zurück. »Ich habe Sie auch nicht darum gebeten, Emerson zu überfallen, aber Sie haben es trotzdem gemacht.«
»Das ist nicht dasselbe.«
»Und ob. Manchmal versuchen Menschen uns zu helfen, obwohl wir ihre Hilfe gar nicht wollen. Was hätten Sie denn an seiner Stelle gemacht, William?«
»Ich hätte ihn da rausgeholt«, antwortete er.
»Und dabei wären Menschen gestorben, ihr beide wärt gesuchte Verbrecher gewesen, und Declan hätte sicher bald die Schnauze von Ihnen voll gehabt.«
William lehnte sich zurück. Ein lang gezogenes Knurren hallte in seiner Kehle nach.
»Weshalb sind Sie Casshorn hierhergefolgt?«, fragte sie. »Weil Sie wussten, dass Declan hier auftauchen würde und weil Sie dann die Möglichkeit haben würden, sich mit ihm anzulegen?«
»Nein. Nachdem Casshorn mich adoptiert hatte, ließ er durchblicken, dass er Declan loswerden wollte. Ich war dagegen. Ich wollte mich zu meinen Bedingungen mit Declan auseinandersetzen. Aber das passte ihm nicht. Er richtete mir ein Haus am Waldrand ein, sorgte dafür, dass ich regelmäßig was zu essen bekam, ließ mich in Frieden. Vor drei Wochen lud er mich dann ein, auf ein Abenteuer mit ihm loszuziehen, wie er sagte. Ich lehnte ab. Er roch irgendwie … seltsam. Als er weg war, bin ich zu ihm nach Hause und hab sein Arbeitszimmer aufgebrochen. Er hatte Dokumente ausgefertigt, die mir die Schuld an dem Schlamassel zuschrieben, falls seine Sache aus dem Ruder laufen sollte. Also bin ich ihm nach, aber als ich ihn fand, hatte er schon zu viele Bluthunde. Er wollte mich jagen und ich habe mich ins Broken verzogen.«
»Dann sind Sie hier, um sich zu rächen?«
William schüttelte den Kopf. »Nein. Was er vorhat, bedeutet Verrat, und ich habe geschworen, das Reich zu verteidigen.« Er sah sie an. »Es gibt Regeln, an die ich mich stets halte. Das steckt einfach zu tief in mir drin. Und Verrat kommt überhaupt nicht infrage.«
»Declan ist auch hier, um den Regeln Geltung zu verschaffen. Aber wenn ihr beide euch gegenseitig umbringt, wird Casshorn gewinnen.«
William knurrte abermals, eine tierische, verhalten aggressive Warnung, bei der sich ihr sämtliche Nackenhaare sträubten.
Rose zwang sich, ganz ruhig zu klingen. »Casshorn hat den Verstand verloren. Er will die Jungen auffressen. Ich möchte verhindern, dass meine Brüder dran glauben müssen. Und selbst will ich auch nicht sterben. Gibt es irgendeine Möglichkeit, dass Sie und Declan sich wie Erwachsene aufführen und Ihre Abrechnung verschieben, bis wir Casshorn getötet haben?«
William sah sie wachsam an. Seine Augen hatten sich zu einem beinahe menschlichen hellen Braunton abgekühlt.
»Sie haben schon so lange gewartet. Da können Sie sich doch bestimmt noch ein bisschen länger gedulden. Bitte.«
Er lehnte sich zurück und zog scharf die Luft durch die Nase ein. »Also gut.«
»Danke«, sagte Rose lächelnd.
Williams Kopf ruckte hoch. Er fletschte die Zähne, seine Augen funkelten bernsteinfarben.
Im nächsten Moment hörte sie das Getrappel von Pferdehufen. Da sprengte auch schon ein Reiter um die Biegung: Declan auf Jeremiahs Braunem.
Rose starrte ihn sprachlos an. Musste er ausgerechnet jetzt hier aufkreuzen?
Declan brachte das Pferd abrupt zum Stehen und sprang direkt vor dem Haus aus dem Sattel. »He, Will!«
William atmete tief ein. »Declan. Woher wusstest du Bescheid?«
»Der Junge hat mich verständigt.«
Sie fuhr herum und sah im Fensterrahmen George kreideweiß werden, als er ihren Gesichtsausdruck erkannte.
Declan band seine Scheide ab und lehnte sie samt Schwert gegen einen Strauch. William zückte ein großes Bowiemesser und stieß es in die Veranda. »Bist du so weit?«
»Ja.«
»Gut.«
William verschwamm. Er schlug dermaßen schnell zu, dass sie es nicht mal mitbekam. Declan wich ihm aus und rammte ihm den Ellbogen in die Rippen. William wirbelte herum und versetzte ihm einen Tritt. Declan zuckte zurück, und die Streithähne trennten sich.
Dann gingen sie in
Weitere Kostenlose Bücher