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Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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schmeißen sich an die Frau in der Familie ran, machen ihr den Hof, und haste nicht gesehen, sind sie mit ihren dreckigen …«
    Rose warf ihr einen entrüsteten Blick zu. »Er ist kein Kinderschänder.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Rose breitete hilflos die Arme aus. »Weil er ehrliche Augen hat?«
    »Sieht er gut aus?«
    Rose zog die Stirn kraus. »Er ist ein Bild von einem Mann. Dunkles Haar, dunkle Augen, ja, ich schätze, er sieht gut aus.«
    »Warum hast du dich von ihm nicht bezirzen lassen, wenn er so toll aussieht?«
    »Kam mir nicht richtig vor«, gab sie kurz angebunden zurück.
    Großmama sah sie an, ihre blauen Augen blickten lebhaft aus dem runzligen Gesicht, wie zwei Veilchen aus einem frisch umgepflügten Acker. »Verstehe.«
    »Ich hab heute einen Waldschrat gesehen«, sagte Rose, um das Thema zu wechseln.
    Großmama wölbte die Augenbrauen. »Oh? Wie groß?«
    Rose deutete mit der Hand ungefähr 1,20 Meter an.
    »Meine Güte. Ein richtig großer also?« Ein besorgtes Flackern trübte das klare Blau ihrer Augen.
    Rose nickte. »Er hatte Kenny Jo auf einen Baum gejagt.«
    »Kenny Jo hat’s nicht besser verdient. Hast du ihn getötet?«
    Sie schenkten einander ein kleines, verschwörerisches Lächeln. Ein paar Wochen nach Rose’ weißem Blitz hatte Großmama einen kleinen Waldschrat erschaffen, damit Rose ihn tötete. Zur Übung, wie sie gemeint hatte, aber es war mehr gewesen – ein Test. Großmama wollte sehen, wie heiß ihre Blitze waren. Rose hatte den Waldschrat schon nach zehn Sekunden in Konfetti verwandelt. Großmama hatte danach einen geschlagenen halben Tag lang kein Wort gesagt. Und Großpapa hatte von einem Rekord gesprochen und prompt den Weltuntergang vorhergesagt.
    Rose nickte. »Wer könnte einen Waldschrat erschaffen?«
    Großmama setzte seufzend ihre Tasse ab. »Das ist ein mächtiger Fluch. Ich könnte. Lee Stearns. Jeremiah Lovedahl. Adele Moore. Emily Paw. Ihre Tante Elsie würd’s wohl auch hinkriegen, aber die arme Frau hat schon vor, warte mal, zwei Jahrzehnten den Verstand verloren.«
    »Wie ich höre, bittet sie zur Teestunde.« Rose trank ihren Tee.
    Großmama nickte. »Ja, ich hab’s mit eigenen Augen gesehen. Sie setzt Teddybären an einen Klapptisch und gießt ihnen aus einer Plastikkanne unsichtbaren Tee ein. Manchmal trinken die Bären ihren Tee sogar. Sie war mal richtig mächtig, aber davon ist heute nichts mehr übrig.«
    Rose öffnete den Mund und wollte ihr schon von einem Mann erzählen, dem es gefiel, auf fahrende Trucks zu springen, ließ es dann aber lieber bleiben. Ein Einzelfall ohne irgendwelche Folgen. Weshalb sollte sie Großmama damit behelligen?
    »Ich kriege schon noch raus, wer das getan hat. Und ich bin sicher, Jeremiah und Adele werden auch ein Wörtchen mit demjenigen reden wollen.« Großmama erhob sich. »Ich gehe jetzt besser rein. Morgen mache ich mich zu Adele auf und höre mal, was sie darüber weiß. Die Rabauken haben ihre Hausaufgaben gemacht. Und Georgie hat eine Nachricht von seinem Lehrer mitgebracht, es geht um irgendwelche Steinhefte.«
    »Steinhefte?« Rose runzelte die Stirn.
    »Ja. Ich glaube, er braucht eins aus Marmor.«
    »Eine marmorierte Kladde«, riet Rose.
    »Ja, genau.«
    Großmama ging zur Tür, verharrte aber unter dem Türrahmen. »Vielleicht solltest du diesem Knaben eine Chance geben. Das Leben muss ja nicht mit der Abschlussfeier enden, weißt du? Es geht weiter.«
    Dann ging sie hinein. Rose seufzte und goss sich noch Tee ein.
    Dem Knaben eine Chance geben.
    Rose dachte darüber nach. Ja, vielleicht hätte sie William eine Chance geben sollen. Die meisten Menschen in ihrer Lage hätten es vermutlich getan. Sie hatte sich seit Jahren mit niemandem verabredet.
    Und genau das war das Problem. Sie hatte seit Jahren kein Date mehr gehabt, und dabei hatte wohl ihr Urteilsvermögen Schaden genommen. Ein Teil von ihr wünschte sich ein nettes, sorgloses Leben. Aber in den seltenen Momenten der Verzweiflung sehnte sie sich nach einem Mann, der sie anschaute, als wäre sie die Welt für ihn, und wenn sie das schon nicht haben konnte, wenigstens einen, der sie für wunderschön hielt und ihr das auch sagte. William wäre dafür sicher der Richtige. Und ein Teil von ihr rief sich ins Gedächtnis, dass der Spatz in der Hand besser war als die Taube auf dem Dach. Aber wenn sie am Ende mit dem falschen Spatz in der Hand dasaß, würde sie das für den Rest ihres Lebens bereuen. Gebranntes Kind scheut das Feuer. Sie hatte

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