Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten

Titel: Land der Schatten - Andrews, I: Land der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
Vom Netzwerk:
gelernt, dass man hart auf den Boden fiel, wenn man aus seinen Träumen gerissen wurde.
    Der Vorfall mit William verunsicherte sie. Unwissentlich hatte er ihre alten Sehnsüchte und Bedürfnisse aus den Winkeln gescheucht, in die sie sie sorgsam verbannt hatte, und den ganzen Klumpatsch stattdessen wieder ans Licht gezerrt. Also musste sie sich jetzt damit herumschlagen, und das nahm sie ihm übel. Aber wahrscheinlich hätte jeder gut aussehende Mann mit der Bitte um ein Date genau dieselbe Kettenreaktion ausgelöst. Sie wollte nicht mit William ausgehen, bloß weil er zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen war. Und sie hasste ihre Verzweiflung.
    Rose stand auf, räumte die Tassen und den Teekessel auf ein Tablett und trug alles in die Küche. Aber so lief es doch nicht immer, überlegte sie. Okay, sie war nie das beliebteste Mädchen der Schule gewesen, aber hin und wieder hatte auch mal ein Junge an ihre Tür geklopft. Aber damals hatte sie sich mit Typen verabredet, die nicht mal eine Drayton mit der Kneifzange anfassen würde. Zum Beispiel Brad Dillon. Brad hatte schwarze Haare, heiße braune Augen und muskulöse Oberarme. Und den schärfsten Hintern im ganzen County. Aber das war vor der Abschlussfeier gewesen.
    East Laporte war für eine eigene Highschool zu klein, daher gingen die meisten Kinder im Broken zur Schule. Für Leute, denen es an den nötigen Unterlagen oder dem Bestechungsgeld für die Schulleiter im Broken fehlte, unterhielt die Kirche eine Zwergschule, aber davon abgesehen, hatte man hier die Arschkarte gezogen. Und für diejenigen, die eine Schule im Broken besuchten, bedeutete Highschool, vier Jahre lang so zu tun, als sei man ein ganz normaler Broken-Bewohner. Vier Jahre, in denen man mit der Nase darauf gestoßen wurde, wie bettelarm man war und was man sich alles nicht leisten konnte: aufs College gehen, reisen, sich ein trautes Eigenheim bauen …
    Die Abschlussfeier bedeutete eine große Sache. Sie fand am 30. Mai statt, bevor die Schulen im Broken die Kinder in die Sommerferien entließen. An dem Tag feierten die Viertklässler ihre Freiheit. Und alle nahmen daran teil. Selbst die in die machtvolle Magie des Weird gehüllten Blaublütigen aus den ans Edge grenzenden Ländern ließen sich an diesem Tag gelegentlich blicken. Fressbuden säumten die Felder, Karawanen aus dem Weird kreuzten auf, um ihre Waren gegen den Ramsch aus dem Broken einzutauschen, und für die Kleinen wurden Hüpfburgen und aufblasbare Wasserrutschen aufgebaut. Sobald alle gegessen und ihre Geschäfte getätigt hatten, versammelten sie sich auf dem Feld der Crows, um zuzuschauen, wie die Viertklässler ihre Blitze schleuderten. Es gab nichts Einfacheres und zugleich Schwierigeres als das Blitzeschleudern: eine magische Eruption, rein und direkt. Wie bei einem Gewitter. Hier offenbarte sich eines jeden Macht. Je heller und gebündelter der Blitz, desto mächtiger der Magiekundige.
    Die Kinder der Edger blieben in den Schulen des Broken unter sich, und kaum besuchten sie die Highschool, kannten in den Unterrichtspausen und beim Essen alle nur noch ein Thema: wer im Vorjahr beim Blitzeschleudern welche Farbe geschafft hatte. Den besten Edgern gelangen blassblaue oder -grüne. Und jeder hoffte inständig, sich vor dem Publikum nicht mit einem Rohrkrepierer in Dunkelrot, der jämmerlichsten aller Farben, zu blamieren. Nur die Blaublütigen, die Aristokraten aus dem Weird, schafften weiße Blitze, allerdings bekamen längst nicht alle einen kontrollierten Lichtbogen hin.
    Rose spülte die Tassen aus und stellte sie in den Küchenschrank zurück. Die Mittelschule war für sie die Hölle gewesen. Leanne und Sarah, die beiden Oberzicken, hatten sie die ganze Zeit auf dem Kieker gehabt, weil ihre Mutter mit Sarahs Vater geschlafen, ihn Sarahs Mutter ausgespannt und ihm schließlich den Laufpass gegeben hatte. Sarahs Eltern hatten sich daraufhin getrennt, und Rose musste dafür bezahlen. Sie war die Tochter einer Hure, eines billigen Flittchens, ein hässliches und armes Mädchen, das zu nichts taugte.
    Sie hatte das Blitzeschleudern seit der sechsten Klasse geübt und seitdem fanatisch und hingebungsvoll daran gearbeitet. Sie übte stundenlang, insgeheim, wild entschlossen, es allen zu zeigen. Als ihre Mama in ihrem ersten Jahr auf der Highschool starb, hatte das Rose nur umso mehr angespornt. Das Blitzeschleudern wurde zu ihrer Obsession. Sie übte und übte und übte, bis die Magie ihr widerstandslos gehorchte.
    Als Rose

Weitere Kostenlose Bücher