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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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die wenigen Neulinge sich Sorgen machten, behielten sie ihre Skepsis für sich.
    Scheiße, wenn Georges Buch recht hatte, sahen die Leute die Gewehre wahrscheinlich nicht mal und nahmen die Wachen gar nicht wahr. Nach dem, was sie gelesen hatten, hatte Karumans Kult den Apparat gebaut, um seine Anhänger davon zu überzeugen, dass Karumans Priester Wiedergänger ihres Gottes waren. Karumans Gefolgschaft opferte sich bereitwillig ihrer Gottheit; manchmal verbrannten sich ganze Familien bei lebendigem Leib. Der Kult war mittlerweile verboten. Wie Ed Yonker an ein jahrhundertealtes Relikt gekommen war, konnte man nur vermuten, aber es war nichts Gutes dabei herausgekommen.
    Mit jeder Minute, die verging, nahm die Spannung in der Kirche weiter zu, die Anwesenden waren elektrisiert von Vorfreude und Hysterie.
    Auf der Suche nach den Jungs sah sich Audrey weiter um. Sie hatten bei der Abfahrt des Busses beide einen leichten Schlag gehört – Gaston, der auf dem Dach landete –, also war er irgendwo dort, George und Jack allerdings konnte sie nirgendwo entdecken.
    Sie blickte wieder auf die Bühne. Ed hatte an nichts gespart. Die Kanzel bestand aus teurem Mahagoni. Der Bühnenrand war mit schwerem, rotem Stoff verkleidet, bestickt mit einem goldenen Kreuz. Darüber hingen gerahmte Bilder von der Decke, alle zeigten Yonker mit unterschiedlichen Staatsmännern. Sie bezweifelte, dass sich auch nur ein einziges nicht mit Photoshop bearbeitetes Bild darunter befand.
    »Sind Sie zum ersten Mal hier?« Ein Mädchen mit wasserstoffblonden Haaren in der Reihe vor ihr hatte sich halb zu ihr umgedreht.
    »Ja!« Audrey versuchte aufgeregt zu klingen.
    »Ich bin immer hier. Ich bin eine gesegnete Jungfrau.«
    »Was ist das?«
    »Ich helfe Prediger Ed, mit Gott in Kontakt zu treten.« Das Mädchen nickte altklug. »Mein Körper dient ihm als Gefäß.«
    Oh, Ed, du Schwein. »Gibt es viele gesegnete Jungfrauen oder bist du die Einzige?«
    »Wir sind acht.« Das Mädchen lächelte, seine Augen blickten unschuldig aus dem jungen Gesicht. »Keine Sorge, wenn Prediger Ed Sie für würdig befindet, wird er Sie vielleicht auch berufen.«
    Klar. Aber vorher schlitze ich ihm die Kehle auf. »Das ist schön.«
    Das Mädchen wandte sich ab. Audrey schlang die Arme um ihre Schultern und zerknitterte den Stoff ihres neuen, gelben Hosenanzugs, den sie für diesen Anlass gekauft hatte. Er war genauso teuer wie der rosafarbene Anzug, doppelt so albern und entblößte ihre Brüste so weit, dass sie damit einen mittleren Aufstand hätte auslösen können. Sie fühlte sich deshalb kein bisschen besser. Sie hatte das deutliche Gefühl, ihr Plan werde scheitern.
    Audreys Gedanken wanderten immer wieder zu dem Flugdrachen, zu Ling der Gnadenlosen und dem Kätzchen. Gaston hatte sie einsperren wollen, aber sie hatte ihm geraten, darauf zu verzichten. Wenn etwas schiefging … nun, dann würde Ling wenigstens nicht in einem Käfig eingesperrt verhungern.
    Kaldar schloss sie warm in seine Arme. Er zog sie an sich, beugte sich zu ihrem Ohr und küsste ihren Hals. Seine Lippen waren heiß, die Berührung beruhigend. Sein Flüstern klang ihr im Ohr, an sie gerichtet, an niemanden sonst. »Ich habe zwei magische Bomben, mein Schwert ist unter meiner Jacke versteckt. Ich kann uns ohne Weiteres hier heraushauen. Niemand wird uns aufhalten. Das läuft wie geschmiert, versprochen.«
    Schon wieder Schwerter. »Wie wollen Sie mit dem Schwert eine Kugel aufhalten?«, flüsterte sie.
    »Sie werden schon sehen. Entspannen Sie sich, Audrey. Ich habe noch nie etwas so Schönes gesehen wie Sie. Ich will Sie so sehr, dass ich Sie schon schmecken kann.«
    Sofort rückte sie von ihm ab und blickte in seine lachenden Augen. »In diesem gelben Anzug?«
    »Ich liebe diesen gelben Anzug«, beschied er ihr. »Ich liebe Ihr Gesicht, Ihre Augen, Ihre Brüste, Ihren Hintern. Ich liebe alles an Ihnen.«
    Ein unmöglicher Mann. »Man wird uns wahrscheinlich umbringen, und Sie machen sich Gedanken über meinen Hintern?«
    »Dagegen bin ich machtlos.«
    »Sie sind ja verrückt«, hauchte sie. Ihre Spannung lag wie Wasserdampf in der Luft.
    »Die Jungen!«, zischte er zurück.
    Tatsächlich, George und Jack, sauber geschrubbt, gekleidet in identische weiße T-Shirts und Trainingshosen, kamen, geführt von Paul, den Mittelgang herunter. George wirkte entspannt. Jack hatte riesengroße, wild blickende Augen. Die Stimmung in der Kirche zerrte offenbar gewaltig an seinen Nerven.
    »Jungs!«

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