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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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Cerise.
    Komisch, dass sie das mit den Frauen, denen er gerne hinterhersah, komplett ignorierte. Audrey verkniff sich ein Lächeln.
    »Die Familie ist sehr wichtig für unseren Clan. Im Sumpf kann man sich nur auf sie verlassen. Kaldar war unser Heiratsvermittler. Er hat die meisten Verbindungen für die Familie arrangiert.«
    Na, das erklärte einiges. Sie hatte ihn gefragt, ob seine Freunde verheiratet seien. Klar waren seine Freunde verheiratet. Wahrscheinlich hatte er sie selbst mit seiner Verwandtschaft verkuppelt. Und sie hatte ihn mit der Nase darauf gestoßen, dass er selbst immer noch nicht gebunden war. Das erklärte den plötzlichen Drang zu heiraten.
    »Sie müssen sich also keine Sorgen machen«, fuhr Cerise fort. »Kaldar weiß genau, was nötig ist, um eine Familie zu gründen.«
    Sie machte ihr Kaldar tatsächlich schmackhaft. Audrey hätte beinah gelacht. Cerise liebte ihren Cousin. Aber als Heiratsvermittlerin war sie so sensibel wie eine Dampfwalze. »Ich wünschte, Sie würden aufhören, mich mit Ihrem Cousin verkuppeln zu wollen.«
    »Ich kann das nicht so gut, was?« Cerise verzog das Gesicht. »Kaldar ist ein Hundesohn. Er stiehlt, schmiedet wilde Pläne, er treibt meinen Mann absichtlich in den Wahnsinn, weil es ihm Spaß macht. Aber Kaldar ist auch freundlich und tapfer und treu. Er lässt kaum einen an sich heran, aber die, die er lässt, gewinnen einen Freund fürs Leben. Ich liebe ihn wie einen Bruder. Er hat immer gut auf mich aufgepasst. Und Sie sollten wissen, dass er Sie, als wir an ihm und Morell vorbeikamen, angesehen hat, als würden Sie übers Wasser gehen.«
    Audrey fuhr zurück.
    Über Cerises Gesicht huschte ein Schatten. Sie wandte den Blick ab, sah aus dem Fenster und betrachtete die Wolken am Firmament. »Meine Familie hat genug gelitten. Kaldar ebenfalls. Ich will nur, dass er glücklich wird. Geben Sie ihm eine Chance. Wenn es nicht hinhaut, können Sie jederzeit zu mir kommen und mir eine Ohrfeige verpassen, die sich gewaschen hat.«
    Das Abendessen wurde im großen Speisezimmer serviert. Kaldar stellte fest, dass er nicht viel von Burgen hielt, vor allem nicht von dieser. Der Speisesaal mit seinen dicken Mauern, den mit kunstvollen rot-goldenen Randsteinen geschmückten Bögen und behauenen weißen Säulen war wunderschön, klar. Sogar majestätisch. Trotzdem wirkte alles kalt und unpersönlich. Ihm hatte das fröhliche Durcheinander der Mar-Küche besser gefallen, wo es zwar nie genug Platz gab, aber beim Essen immer alle miteinander schwatzten.
    Er saß fast am Ende der Tafel, George links von ihm, Jack ihm gegenüber. Den Platz rechts von ihm besetzte ein schlaksiger, bebrillter junger Mann. Laut George hieß der Bursche Francis, ein Verräter, den William und Cerise bei der ersten sich bietenden Gelegenheit ergreifen und der liebevollen Umarmung des Königreichs Adrianglia zuführen würden.
    Das Abendessen bestand aus fünf kurzen Gängen, denen Francis nur zögerlich zusprach. Stattdessen stocherte er in seinen Portionen, rollte die winzigen Tomaten mit der Gabel herum und warf Cerise, die auf der anderen Seite der Tafel vier Plätze weiter links saß, betrübte Blicke zu.
    Cerise sah bezaubernd aus. Sie trug ein Kleid in den charakteristischen Farben des Sonnenuntergangs, die im vergangenen Jahr im Weird in Mode gewesen waren: fast pflaumenrot an den schulterfreien Ärmeln und dem gefältelten, tiefen Ausschnitt, flammend rot am Busen, fast orange aufgehellt an der Taille; der fantastisch fallende Faltenwurf des Rocks in einer Farbe, die eine Spur zu provokativ war, um noch pink genannt zu werden. Das Kleid stellte eine gute Wahl dar, auch wenn es ein bisschen aus der Mode war. Aber es dauerte, bis der neuste Geschmack vom Norden in den Süden gelangte. Die Frau eines Salzleckers würde den jeweils letzten Schrei erst verspätet vernehmen. Rot signalisierte Sinnlichkeit, und Francis sprang sofort darauf an.
    Neben Cerise wandte sich ihm Audrey zu. Kaldar vergaß auf der Stelle, wo er war.
    Als Francis neben ihm seufzte, wachte er aus seinen Träumereien auf.
    »Eine sehr schöne Dame«, bemerkte Kaldar vertraulich.
    »Ja.« Francis schickte einen traurigen, sehnsüchtigen Blick in Cerises Richtung.
    »Ich glaube, sie ist verheiratet«, sagte Kaldar.
    »Mit einem Schläger.« Francis warf William, der Cerise gegenübersaß, einen Blick zu. »Ein Salzlecker. Schmuggler, was nichts anderes bedeutet als Pirat. Er hat sich als Freibeuter ein Vermögen zusammengestohlen

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