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Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition)

Titel: Land der Schatten: Schicksalsrad (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ilona Andrews
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und sie geheiratet. Ihre Familie ist adlig, aber arm, also hat er sie praktisch gekauft. Können Sie sich das vorstellen?«
    George räusperte sich vorsichtig. »Was Sie nicht sagen.«
    »Vertrauen Sie mir, der Mann ist ein Unhold. Er behandelt sie wie eine Leibeigene.«
    »Dann sollten Sie Ihre Zuneigung vielleicht nicht allzu deutlich zur Schau tragen«, schlug Kaldar vor. »Salzlecker sind für ihr Temperament bekannt.«
    »Er kann mir nichts anhaben.« Francis schob seine Brille den Nasenrücken hinauf. »Ich bin Gast des Barons. Sie ist an dieses Ungeheuer gekettet. Eine so kultivierte, zarte Frau müsste vor den Härten des Lebens bewahrt werden, damit sie keinen Schaden nimmt. Sie ist absolut hilflos, wissen Sie …«
    Jack würgte an seinem Essen und gab Hustengeräusche von sich, die sich verdächtig nach einer amüsierten Katze anhörten.
    »Habe ich etwas Komisches gesagt?« Francis musterte ihn.
    »Überhaupt nicht«, sagte Kaldar. »Bitte, fahren Sie fort.«
    »Sie sollte selbst entscheiden können.«
    »Und Sie sind entschlossen, sie zu befreien?«, erkundigte sich Kaldar.
    »Darauf können Sie sich verlassen.«
    »Sie sind sehr edelmütig«, sagte George.
    Francis plusterte sich auf. »Jeder Ehrenmann an meiner Stelle würde dasselbe tun.«
    Dieser naive Idiot. Cerise spielte ein gefährliches Spiel. Wenn Francis etwas Übereiltes anstellte, würde William ihn gewiss auf der Stelle umbringen. »Vielleicht hören Sie auf den Rat eines älteren Mannes, der schon alles gesehen hat?«
    »Selbstverständlich.«
    »Nach meiner Erfahrung ähneln sich verheiratete Paare allem Anschein zum Trotz mehr, als man allgemein meint. Geben Sie Acht, mein Freund, und lassen Sie Vorsicht walten.«
    »Ich bin Ihnen für Ihren Rat dankbar.« Francis reckte das Kinn. »Aber ich habe nichts zu befürchten.«
    Jungspund .
    Als die letzte Nachspeise verdrückt war, öffneten sich die Doppeltüren zu einem großen Ballsaal. Morell schmiss eine Party, wie sie im Buche stand: zuerst die Gelegenheit, einander kennenzulernen, dann die Einladung zum Essen und nun voraussichtlich ein Tänzchen unter der Bewachung durch die magisch aufgeladenen Gewehre der Texas-Scharfschützen.
    Kaldar erhob sich. »Zeit zu tanzen, meine jungen Herren.«
    Jack verdrehte die Augen. »Muss ich?«
    »Ich fürchte, ja, Master.«
    Jack seufzte und bahnte sich einen Weg in den Ballsaal. George ging ihm nach.
    »Die Jugend ist an die Jungen vergeudet …«, sinnierte Kaldar, aber Francis ließ Cerise nicht aus den Augen.
    »Entschuldigen Sie mich«, murmelte er und trabte zu ihr.
    Damit blieb er sich selbst überlassen. Kaldar ging zum Ballsaal.
    Er bezog Stellung an der Wand und beobachtete die Versammlung. Aus verkleideten Lautsprechern an den Wänden drang Musik. Ein flotter, bekannter Rhythmus, den die Tänzer redlich vermasselten: Manche versuchten zu tanzen, wie es im Weird Sitte war, andere Walzer wie im Broken. George wurde fast sofort von einem Mädchen mit zu viel Wimperntusche und einem Ballkleid mitgerissen, das sie als aus dem Broken und nicht aus dem Weird stammend auswies. Kaum war der Tanz zu Ende, beanspruchte die nächste, mindestens drei Jahre ältere Bewerberin seine Aufmerksamkeit.
    Morell wollte Hof halten und am Leben der Oberschicht teilnehmen – ob an dem der Blaublütigen oder den von Menschen, die sich ihren Rang hart erarbeitet hatten, war ihm ziemlich gleichgültig. Er besaß eine schöne Burg, aber die Mittel, durch die er es so weit gebracht hatte, schlossen ihn von den meisten Gesellschaften sämtlicher Reiche aus. Also hielt er selbst Hof. Er lud seine Nachbarn ein, Räuber, fügte eine Handvoll attraktiver, ehrgeiziger junger Leute hinzu, die es in der Welt zu etwas bringen wollten, und lockte mit dem Versprechen von Kunstwerken, die man nirgendwo sonst kaufen konnte, die Herren und Damen des Weird sowie die Strippenzieher des Broken an. Und nun taxierten alle einander, während Morell das Aufeinandertreffen der Kulturen vergnügt beobachtete.
    Man sah eine schräge Mischung aus Extravaganz und ironischer Selbstgewissheit. Für jemanden, der gerne Menschen beobachtete, war der Ballsaal ein Paradies. Kaldar konnte sich nicht erinnern, wann er sich das letzte Mal so gut unterhalten hatte.
    Auch Morell musterte seine Gäste, schlenderte von einer Gruppe zur nächsten, bis er endlich bei ihm angelangt war. Kaldar verbeugte sich. Der Baron senkte leicht den Kopf. Kurz darauf wurde George von seiner letzten Tanzpartnerin

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