Land der wilden Sehnsucht
„Ich werde nichts tun, Sienna, das muss Amanda selbst tun. Mich beunruhigt nur, dass sie dir gegenüber geschwiegen hat. Das ist seltsam.“
Er reichte ihr ein Glas und betrachtete sie voller Bewunderung. Wie bezaubernd sie aussah mit ihrem hochgesteckten Haar! Das Seidenkleid, in einem Granatton, passte überraschend gut dazu. Es lag locker an, ohne ihre zarte, schlanke Figur zu verbergen.
Blaine wusste jetzt, wie schön sie am ganzen Körper war. Nie hätte er gedacht, dass er sich nur in der Vereinigung mit ihr vollkommen fühlen würde. Die Erinnerung daran machte ihn ungeduldig. Am liebsten wäre er sofort wieder mit ihr verschwunden, was natürlich nicht ging, falls Amanda seine Bitte missachtete und mit ihrer Neuigkeit herausplatzte …
Während alle auf das Dessert warteten, schlug Amanda plötzlich mit dem Löffel an ihr Weinglas. „Ja, Liebes?“, fragte Hilary, die das Klirren erschreckt hatte. „Möchtest du etwas sagen?“
Blaine ahnte, was kommen würde. „Was gibt es, Amanda?“, fragte er in einem warnenden Ton.
Sienna atmete tief durch und schwieg.
„Ich erwarte ein Kind“, verkündete Amanda, den Kopf stolz erhoben.
„Oh!“ Hilary hob entzückt beide Hände. „Ein Baby? Von meinem Sohn?“
„Ja.“
„Wie mich das freut, Liebes!“ Hilary sprang auf, lief zu Amanda hin und umarmte sie. „Das ist eine wundervolle Nachricht.“ Freudentränen schimmerten in ihren Augen. „Genau das hat mir so gefehlt.“
Blaine lehnte sich zurück. „Wir freuen uns natürlich alle“, sagte er mit Betonung. „Zumal du schon einmal eine Fehlgeburt hattest.“
„Das gehört eigentlich nicht hierher“, bemerkte Amanda pikiert.
„Wie auch immer … es ändert nichts an der fantastischen Neuigkeit.“ Hilary kehrte an ihren Platz zurück. „Darauf müssen wir mit Champagner anstoßen. Nicht wahr, Blaine?“
„Wir sollten das lieber verschieben, Hilary.“ Blaine schob seinen Stuhl zurück und stand auf. „Würdest du uns bitte beim Dessert entschuldigen? Ich möchte kurz mit Sienna sprechen.“
Amanda zog die hellen Augenbrauen hoch. „Wenn ich geahnt hätte, dass meine Mitteilung so viel Unruhe stiftet …“
„Sie hat recht“, stimmte Hilary zu. Blaines Verhalten war ihr völlig unverständlich. „Was ist bloß in dich gefahren?“
„Das kann ich dir sagen.“ Amanda beugte sich vertraulich über den Tisch. Sie war überzeugt, Hilary endgültig auf ihrer Seite zu haben. „Er hält mich für verrückt, weil ich ohne seine Erlaubnis die Neuigkeit verbreitet habe.“
„Das Wort verrückt trifft es ziemlich genau.“ Blaine griff nach Siennas Hand. Er wusste, was in ihr vorging. Sie glaubte so wenig an diese Schwangerschaft wie er selbst. Es war gut möglich, dass Amanda sich täuschte oder der Familie etwas vorspielte.
Nur Sienna konnte die Wahrheit herausfinden.
Sienna hatte noch nie einen so klaren Sternenhimmel gesehen. Sie blickte andächtig nach oben und sagte: „Es ist gar nicht so leicht, das Kreuz des Südens ausfindig zu machen. Es steht jede Nacht woanders.“
„Das liegt daran, dass sich die betreffenden Sterne bewegen“, erklärte Blaine. „Komm, ich zeige sie dir.“ Er legte ihr einen Arm um die Schultern und wies mit der freien Hand auf die Milchstraße. „Heute Nacht steht das Kreuz des Südens in der Mitte der Milchstraße. Es ist das berühmteste Sternbild der südlichen Hemisphäre … nicht so groß wie andere, aber es wird von sehr hellen Sternen gebildet. Der strahlendste ist Acrux. Hast du ihn entdeckt? Einige sehen in dem Sternbild eher einen Drachen als ein Kreuz. Dann wäre Acrux der Endpunkt der Längsachse.“
„Ja, jetzt habe ich ihn“, sagte Sienna. „Ich wollte …“
Weiter kam sie nicht, denn Blaine küsste sie leidenschaftlich, drückte sein Gesicht in ihr duftendes Haar und fragte: „Wie können wir erreichen, dass Amanda dir die Wahrheit sagt?“
Sienna schmiegte sich fester an ihn. „Wir müssen ihr glauben, Blaine. Sie ist schwanger.“
„Und wenn sie sich doch täuscht?“
„Ausgeschlossen. Die Frage ist allerdings, ob sie sich darüber freut. Der Zeitpunkt, so kurz nach Marks Tod, ist nicht sehr günstig. Warum nur stürmt so viel auf mich ein?“
„Wärst du mir lieber nicht begegnet?“
„O doch“, versicherte sie, „aber …“
„Es sollte kein Aber geben“, unterbrach er sie ernst. „Ich traue deiner Cousine nicht. Sie will unbedingt verhindern, dass wir beide zusammenbleiben.“
„Was schlägst du vor?
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