Land der wilden Sehnsucht
damals in Toronto, nicht wahr?“
„Warum ist das so wichtig?“
„Es ist sogar sehr wichtig.“ Sienna zwang sich, ruhig zu bleiben. „Das Kind ist nicht von Mark, oder?“
Amanda rührte sich nicht. „Soweit es die Kilcullens betrifft … doch.“
„Das glaube ich einfach nicht.“ Sienna griff sich mit beiden Händen an den Kopf. „Du belügst uns? Du glaubst, du kannst sie reinlegen. Wie kann man nur so dumm sein!“
„Ich bin nicht dumm. Ich bekomme sogar viel Geld. Dafür wird Hilary als Großmutter sorgen.“
Sienna starrte Amanda an, als wäre sie eine Fremde. „Du darfst sie nicht in dem Glauben lassen, es sei ihr Enkelkind.“
„Warum nicht?“
„Und wer ist der richtige Vater?“
Amanda zuckte die Schultern. „Irgendwer. So ein junger Bursche.“
„Kenne ich ihn?“
„Nein. Er wird auch nie etwas erfahren. Ich will das Baby nicht …“ Amanda lächelte versonnen. „… aber im Moment ist es meine Trumpfkarte.“
Sienna ließ sich in den nächsten Sessel sinken. „Ich kann das nicht zulassen“, sagte sie nach kurzer Bedenkzeit. „Das ist absoluter Betrug. Der Irrtum muss sofort aufgeklärt werden.“
„Das würdest du tun?“ Amanda schien so etwas für unmöglich zu halten.
„Du bist nicht bei Verstand, Mandy … du weißt es nur nicht. Als Marks Witwe bekommst du genug Geld von der Familie … Geld, das dir zusteht. War das der Grund für den Streit in der Skihütte? Hatte Mark herausgefunden, dass du nicht sein Kind erwartest?“
„Nein, zum Teufel!“, schrie Amanda. „Mark ist an seiner eigenen Schlechtigkeit verreckt!“
Sienna hatte das Gefühl, in der Hölle gelandet zu sein. „Lass mich die Sache regeln“, bat sie, ohne zu merken, wie heftig sie zitterte. „Wir haben noch einmal über alles gesprochen und dabei festgestellt, dass es doch nicht Marks Kind sein kann. Ihr hattet euch auseinandergelebt. Aus Enttäuschung hast du dich einem anderen Mann zugewandt …“
„Beweise es.“ Amanda verschränkte triumphierend die Arme über der Brust.
„Sei nicht albern, Mandy. Ein einfacher DNA-Test genügt, um dich als Lügnerin zu entlarven.“
„Verrate mich nicht, Sienna“, warnte Amanda ihre Cousine. „Sonst bringe ich mich um.“
„Die alte Geschichte“, stöhnte Sienna. „Man nennt das Erpressung.“ Sie stand mühsam auf und ging zur Tür. „Du bekommst dein Baby, basta. Du bist jetzt eine reiche Frau und wirst sicher noch den richtigen Partner finden. Ich gehe zu Blaine und spreche mit ihm. Der Betrug muss ein Ende haben.“
Plötzlich stand Amanda mit zwei Schritten neben ihr. „Wenn ich dir nun etwas von dem Geld abgebe?“, fragte sie hoffnungsvoll.
„Mandy … ich bitte dich. Du hast dich in eine üble Lage gebracht, aus der wir dich herausholen müssen.“
Amanda schien sie nicht zu verstehen. „Ich werde dich hassen, wenn du das tust.“
„Meinetwegen. Dein gemeiner Plan war zum Scheitern verurteilt. Ich begreife nur nicht, wie du so tief sinken konntest.“ Sienna machte die Tür auf und trat auf den Flur hinaus. „Bleib hier oben. Ich regle das allein.“
„Nein, Sienna, mach das nicht!“, flehte Amanda, aber Sienna war schon auf dem Weg zur Treppe. Doch Amanda rannte hinter ihr her, außer sich vor Wut und Angst, wenn nun alles herauskam. Mit dem Geld würde es auch nichts werden. Dabei hatte sie schon geglaubt, endlich von allen Menschen unabhängig zu sein!
Sienna sah sich hastig um. Amanda folgte ihr auf dem Fuß, das Gesicht zu einer Fratze verzogen.
„Geh in dein Zimmer, Mandy! Überlass alles mir!“
„Dir?“, schrie Amanda hasserfüllt. „Ich bin niemals glücklich gewesen … keinen einzigen Tag meines Lebens, und das ist allein deine Schuld!“
Sie sprang auf Sienna zu, um diese die Treppe hinunterzustoßen. Doch ihre Schreie hatten nicht nur Blaine, sondern auch Magda herbeigerufen.
„Sienna … pass auf!“, rief Blaine ihr von unten zu.
Sienna reagierte blitzschnell. Sie umklammerte das Treppengeländer und ließ sich fallen, während Amanda den Halt verlor und selbst die Stufen hinunterstürzte.
13. KAPITEL
Vancouver Island, drei Monate später
Sienna ging am Strand spazieren. Die Sonne schien warm, die Wellen schlugen rhythmisch ans Ufer. Angeschwemmtes Treibholz hatte sich im Sand ineinandergeschoben und bildete eine fantastische Skulptur.
Hinter ihr, etwas erhöht, stand das Haus ihrer Eltern. Die Außenwände waren mit weiß gestrichenen Schindeln verschalt, und das Dach war mit roten Ziegeln
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