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Land des Todes

Land des Todes

Titel: Land des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Croggon
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schon ist der Jahrestag unserer ersten Begegnung, und ich erwäge meinen Band – der meine erste Veröffentlichung werden sollte – Land des Todes zu nennen. Ich gestehe, mich überkam ein Moment der Schwäche, als ich mich an bestimmte Gesten, eine bestimmteHaltung ihres Kopfes erinnerte, durch die ihr anmutiger Hals besonders gut zur Geltung kam. Ja, einen Augenblick lang spielte ich sogar mit dem Gedanken, ihr das Buch zu widmen – wenngleich ich nur die Initialen angeben konnte –, doch ich verwarf die Idee schon im nächsten Moment, da man dies als Beweis einer Leidenschaft auffassen würde, die meinerseits mittlerweile erkaltet war und zu der ich nicht zurückkehren wollte.
    Nach Mittag fühlte ich mich rastlos und verbrachte einige Zeit in der Küche. Dort unterhielt ich mich mit Anna, da ich zunehmend neugieriger auf die Geschichte dieses Hauses wurde, das so untypisch für die Wohnstätten war, die ich auf dem Plateau gesehen hatte. Sie erzählte mir, dass der Eigentümer, den man nur als Damek kannte, nicht weit entfernt wohnte, weniger als zwei Meilen.
    »Nun denn!«, sagte ich. »Als pflichtbewusster Pächter sollte ich ihm meine Aufwartung machen.«
    »Ich fürchte, Herr, dass er nicht zu Hause sein könnte«, rief Anna und schien mir dabei ein wenig verwirrt zu sein.
    »Es wäre nur höflich«, beharrte ich. »Und wenn er nicht zu Hause ist, habe ich nicht mehr als meine Zeit vergeudet. Ich habe das Gefühl, ein Spaziergang würde mir guttun.«
    »Ich glaube, Herr, das Wetter wird bald umschlagen«, erwiderte Anna. »Aus den Bergen kann im Handumdrehen ein Sturm aufziehen, und das mit einer Heftigkeit, an die Sie als Mann aus der Tiefebene nicht gewöhnt sind. Und auch wenn der Weg nur kurz sein mag, es ist kein Vergnügen, in einem Unwetter zu wandern.«
    Sie sah aus, als wollte sie noch etwas hinzufügen, doch stattdessen wandte sie sich wieder ihren Töpfen zu. Dieser Wortwechsel schürte meine Neugier; ich hatte das Gefühl, dass Anna etwas vor mir verbarg. Ich trat hinaus, um die Luft zu riechen, und stellte fest, dass sich der Himmel klar und blau präsentierte, ohne jegliche Anzeichen einer Trübung. So begab es sich, dass ich kurze Zeit später ungeachtet weitererVersuche seitens Anna, mich davon abzubringen, das Haus verließ. Ich war im Besitz einer genauen Wegbeschreibung – und ich achtete darauf, für den Fall einer unverhofften Begegnung mit einheimischen Zauberern oder dergleichen den Silberring zu tragen. Ich folgte einem Weg, der wenig mehr als ein Ziegenpfad war und sich durch struppige Kohlfelder in Richtung der Schwarzen Berge wand.
    Ich passierte ein Dutzend trauriger Denkmäler – die bröckeligen Steinhaufen, die anzeigen, wo einen unglückseligen Menschen der Tod ereilt hatte –, was ich als ungewöhnlich viel für einen solch ärmlichen Ziegenpfad empfand. Dann fiel mir ein, dass mir mein Freund erzählt hatte, vor zwei Jahrzehnten habe in Elbasa eine Vendetta gewütet. »Eine Vendetta kann sich über Generationen erstrecken«, sagte er. »Doch in diesem Fall fand man eine Möglichkeit, sie zu beenden, bevor jeder Mann im Dorf getötet wurde.«
    Anfangs entwickelte sich mein Unterfangen ohne Frage zu dem erbaulichen Spaziergang, den ich geplant hatte, doch als ich mich meinem Ziel näherte, erkannte ich, dass die Warnung meiner Haushälterin durchaus begründet gewesen war. Die Temperatur sank abrupt, der Wind wurde unangenehm böig, und zu meinem Erschrecken sah ich, dass eine unheilverkündende, dunkelviolette Wolkenbank den Himmel mit erstaunlicher Geschwindigkeit verschlang. Ich wickelte mich enger in meinen Mantel und eilte weiter, hielt besorgt Ausschau nach dem Haus, das laut meiner Wegbeschreibung demnächst zu meiner Linken auftauchen sollte. Erleichtert erspähte ich einen Lichtschimmer in der zunehmenden Dunkelheit des nahenden Unwetters – es war erst Mitte des Nachmittags, doch die Sonne war völlig verzehrt worden, sodass es beinah Nacht zu sein schien. Ich beschleunigte die Schritte und erreichte den Eingang eines großen Bauernhauses in dem Augenblick, als die ersten Regentropfen zu fallen begannen.
    Auf mein anfängliches Klopfen antwortete niemand. Verwirrt versuchte ich es erneut und wurde besorgt, weil es nun richtig zu schütten begann, großzügig durchsetzt mit Hagel. Ich dachte, der ohrenbetäubende Donner habe mein Klopfen vielleicht übertönt, und machte beharrlich weiter. Nach einigen Minuten begann ich zudem zu brüllen, doch obwohl in

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