Land meiner Träume collin1
den Pfad ein, der über die Klippe führte. Am höchsten Punkt blieb sie stehen, um zurückzuschauen, über das Dorf dahin, wo Tremayne Manor als dunkle Silhouette im Mondlicht lag. Sie wusste nicht, wie lange sie so dort stand, und bemerkte auch nicht die Tr?nen auf ihren Wangen. Ihr einziger Gedanke war, dass der Mann, den sie mehr liebte als ihr Leben, ihr Bruder, in diesen dunklen Mauern schlief. Ihre Liebe zu dem Mann, dessen Kind sie unter dem Herzen trug, hatte in den langen, verzweifelten Nachtstunden nicht gewankt. Doch in ihrem Herzen war ein großer Zorn gegen ihre Mutter gewachsen und mit ihm eine Bitterkeit gegen den gefühllosen Mann, der ihr Vater war. Sie war zu dem Schluss gekommen, dass die beiden für die Verzweiflung, die sie erlitt, büßen sollten. »Verzeih mir, Rodney. Es ist am besten so«, flüsterte sie, bevor sie ihren Weg zur Grube fortsetzte.
Als Meggan wach wurde, sah sie, dass das Bett ihrer Schwester leer war. Caroline, dachte sie, muss heute Morgen sehr früh aufgestanden sein. Sie zog sich an und ging nach unten, wo sie in der Küche nur ihre Mutter antraf. Pa und Will hatten das Haus für ihre Schicht in der Grube schon verlassen, während die kleineren Jungen erst aufstanden, wenn es sich gar nicht länger aufschieben ließ. »Morgen, Ma. Ist Caro draußen?« Hoffentlich blieb ihre Schwester nicht zu lange auf dem Abort, denn dort musste Meggan dringend hin. »Caro? Ist sie nicht mehr im Bett?« »Nein. Sie ist wohl wach geworden und hat sich angezogen, als ich noch geschlafen hab.« Joanna seufzte verärgert. Sie hatte sich die ganze Nacht gefragt, ob es wirklich klug gewesen war, Caroline die Wahrheit über ihren Vater zu gestehen. Ein winziger Anflug von Beklemmung ließ ihr Herz ruckartig klopfen. »Wo ist das Mädchen dann?« »Ich weiß nicht, aber wenn sie nicht draußen ist, geh ich jetzt mal raus.« Als Meggan wenige Minuten später ins Haus zurückkehrte, zog ihre Mutter gerade den Mantel an. Ihre Stiefel f?r drau?en hatte sie bereits geschn?rt. Meggan schnappte ?berrascht nach Luft. Sie sah, dass die H?nde ihrer Mutter an den Kn?pfen des Mantels herumfummelten. »Stimmt was nicht, Ma?« In ihrem Bauch machte sich ein unbehagliches Gefühl breit. »Kümmer dich um das Frühstück für deine Brüder, Meggan. Ich hab was zu erledigen.« »Wo gehst du hin, Ma? Wo ist Caro?« Irgendetwas stimmte nicht, dessen war Meggan sich jetzt ganz sicher. »Darum musst du dich nicht kümmern. Tu nur, was ich dir aufgetragen hab, und sorg dafür, dass ihr alle zur Schule geht, falls ich bis dahin noch nicht zurück bin.« Dann war ihre Mutter weg, und Meggan wurde übel. Der weiße Hase war ihr wieder eingefallen.
Joanna war viel schneller in Tremayne Manor, als man für diese Entfernung normalerweise brauchte, und als sie dort ankam, hatte sie solche Stiche in der Seite, dass sie keuchend nach Luft schnappte und nur noch stolpernd vorwärtskam. Um diese frühe Stunde schien niemand da zu sein. Joanna läutete wiederholt und klopfte laut an die Tür und schluchzte fast, so voller Sorge war sie. Nach einer, wie es ihr schien, endlosen Zeit öffnete die Haushälterin ihr die Tür. »Wozu der Aufruhr, Mrs. Collins? Und was machen Sie an der Haustür?« Joanna achtete nicht auf den missbilligenden Tonfall der Frau. Sie und Haddy Brown waren gleichaltrig und hatten einander schon als Mädchen nicht gemocht. »Ich muss mit Mr. Tremayne sprechen. Dringend.« »Hmmm. Der gnädige Herr ist noch im Bett. Ich störe ihn nicht ohne guten Grund.« »Er wird es verstehen, wenn ich mit ihm spreche.« »Sie kommen ums Haus zur Küchentür, Mrs. Collins, und warten da. Der gnädige Herr wird Sie sicher empfangen, sobald er aufgestanden ist und gefrühstückt hat.« »Oh, du dummes Weibsstück. Es ist dringend.« Joanna wollte ins Haus treten, doch die Haushälterin stellte sich ihr mit ihrer ganzen massigen Gestalt und weit ausgestreckten Armen in den Weg. Joanna war so wütend, dass nicht viel gefehlt hätte, und sie hätte Haddy Brown geschlagen. »Was gibt es, Joanna?« Die Stimme von der Treppe zog die Aufmerksamkeit der Frauen auf sich. Das Nachthemd über den Breeches zeugte von Phillip Tremaynes Eile beim Ankleiden. Er kam die Treppe herunter. »Ich habe den Tumult gehört. Was ist passiert?« Obwohl sie ihre Sorge unbedingt loswerden musste, warf Joanna einen bedeutungsvollen Blick in Haddy Browns Richtung. Einen Blick, den die Frau offenkundig zu ignorieren gedachte, bis Phillip sie mit
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