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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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impo-
    tent.» Das war ein Fehler – ihm fiel w
    e
    ied r ein, dass Phyllis
    das gesagt hatte.
    «Habe ich das gesagt? Vielleicht habe ich gesagt, er sei
    mutlos. Aber er ist erst dreiundvierzig, er ist nicht steinalt.»
    «Erzähl mir nicht weiter davon», bat Owen sie. Es war
    widerwärtig. Ihr Blut, Ians Samen, sein eigener. Er hatte
    das Gefühl, dass sein Inneres zu Wasser wurde; er stand

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    am Rande der Verdammnis, die, bodenlos, dort wartet, wo
    die Haut des öden Einerleis zerreißt. «Und was gedenkst
    du zu tun?»
    «Was, sagst du, soll ich tun?»
    Er musste die Frage wiederholen, w il
    e ein Sattelschlep-
    per vorbeidonnerte.
    «Kannst du eine Abtreibung machen lassen?», schrie er,
    dicht neben dem schmutzigen Highway.
    «Ich wüsste nicht, wie», kam ihre schwache Antwort.
    «Wie sollte ich es Ian erklären? Er weiß schon, dass mei-
    ne Periode ausgeblieben ist. Wo soll ich hingehen, ohne es
    ihm zu sagen?» Ihre schwache Stimme wurde schwächer,
    Alissa wurde kleiner, sie versank in den durchsichtigen
    Tiefen, fern von ihm, für immer fort.
    w
    «O en, ich will das
    Baby haben», rief sie. «Wir dürfen uns nie wieder sehen.»
    Vielleicht kamen diese Enthüllungen und Entschlüsse
    nicht alle auf einmal, in einem lauten, staubigen Gespräch
    über ein öffentliches Telefon an der Straße, sondern in wie-
    derholten, erbarmungslosen kleinen Schnipseln; ihr abrup-
    ter Rückzug aus seinem Leben gereichte ihm so wenig zur
    Ehre, dass er die Einzelheiten verdrängte. Am Ende des
    Sommers war Alissa sichtbar schwanger. Warum es verber-
    gen? – das war der neue Gedanke der Mode-Designer zu
    diesem immer wiederkehrenden Thema. Ihre engen und
    nichts verhüllenden Pullover, ihre Miniröcke mit verstell-
    barer Taille und sogar, am Heron Pond, ihr adjustierbarer
    Bikini rundeten sich um ein neues Zentrum. Ihre Plump-
    heit bekam etwas Frisches. Mit einem Grübchen zeigen-
    den Lächeln empfing sie die erfreute Aufmerksamkeit
    ihrer Freundinnen. Schwangerschaften in ihren Kreisen
    wurden immer seltener. Owen war zutiefst besorgt, weil
    die Vaterschaft des wachsenden Fötus unklar war, doch das

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    winzige, alles komplizierter machende Wesen, das er mit
    Freuden umgebracht hätte, wenn er gekonnt hätte, wur-
    de immer sicherer von Alissas Körper und durch die Aner-
    kennung seiner Existenz seitens der Gesellschaft umhüllt.
    Eine Kleinstadt ist eine Brutstätte und umhätschelt seine
    kleinsten Bewohner. Eine neue Geburt billigt den Status
    quo, sie bestätigt die Gegenwart und stellt die Zukunft si-
    cher.
    Der letzte Sommer der sechziger Jahre brachte mehr
    Neuigkeiten als Trost: Nixon und Kissinger versuchten,
    mit Bomben zu einem akzeptablen Ende in Vietnam zu
    kommen, Ted Kennedy ertränkte eine blauäugige junge
    Wahlhelferin in Chappaquiddick, der erste Mann auf dem
    Mond sah aus wie eine mechanische Puppe. Judy Garland
    tot, Bischof Pike vermisst, eine schwangere Sharon Tate in
    Los Angeles erstochen, überall in den Vereinigten Staaten
    Aufruhr und Hass auf die Regierung. Aber in Owens Nach-
    barschaft handelten die Nachrichten von Alissa Morrisseys
    Schwangerschaft, und seine verborgene Verknüpfung mit
    dem Ereignis zerrte ihn in den schrecklichen, ruinösen
    Bereich hinter den Schlagzeilen, wo Menschen ihr Glück
    riskierten und die Konsequenzen zogen. Es kränkte sei-
    ne innerste Unschuld, dass sein Körper beim Ausprobie-
    ren der Freiheit abermals Konsequenzen geschaffen hatte,
    die so unwiderruflich waren wie dieses lebende Wesen,
    dessen Zellen sich täglich nach dem majestätischen, sich
    verzweigenden, von der DNS vorgegebenen Muster mul-
    tiplizierten. Der arme Ian war stolz, sein pompöser klei-
    ner Ziegenbart wackelte, wenn er die Party-Witze parierte,
    denn wenn er auch nicht steinalt war, so war er doch älter
    als die anderen, und Alissas Schwangerschaft kam, wie die
    der biblischen Sarah, unverhofft. Owen empfand sengende

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    Schuldgefühle gegenüber Ian, den er nie gemocht hatte,
    der jedoch bei diesem biologischen Ereignis das Opfer war,
    geblendet, selbstgefällig, ahnungslos. Warum empfand er
    solch zartes Bedauern gegenüber Ian und so wenig gegen-
    über dem Kind, von dem er befürchtete, dass es sein Kind
    war, und noch weniger gegenüber Alissa? Sie hatte schnell
    die Situation erfasst und beschlossen, ihren Liebhaber über
    Bord zu werfen, um ihrem Baby Sicherheit zu geben. Er
    dachte zurück an das erste Dreieck: sein Vater, seine Mut-
    ter und er. Seine

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