Landleben
sst ve r
r ückt sein, wenn
du denkst, ich will mit dir noch ein Kind haben.»
Das war entschiedener, als er es gewollt hatte – am ent-
gegengesetzten Ende der Kurve, nach ihrem tranceartigen
Verhalten bei der Party. Es wurde immer schwerer für ihn,
die wahre Phyllis zu orten. Er sagte, weil er das Schweigen
im Auto noch weniger ertrug als sie: «Ich dachte, jetzt, wo
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auch Eve den größten Teil des Tages über aus dem Haus
ist, könntest du wieder beispielsweise ans Trinity gehen
oder sogar nach Yale und dort ein, zwei Kurse absolvieren.
Irgendwas zum Auffrischen, damit du deine Doktorarbeit
wieder in Angriff nehmen kannst.»
«Oder ich könnte die Ballettstunden wieder aufnehmen,
die ich schon mit elf aufgegeben habe», sagte sie in einem
so heiter-gelassenen Ton, dass er im ersten Moment nicht
merkte, wie ironisch sie es meinte.
In Haskells Crossing, im einundzwanzigsten Jahrhundert,
schneiden die Reichen an Ostern gut ab. Sie besuchen die
Kirche, ebenso an Weihnachten, auch wenn niemals sonst,
als wollten sie den übernatürlichen Vertrag aufrechterhal-
ten, durch den sie zu Wohlstand gekommen sind. Die epis-
kopalische Kirche ist die Kirche ihrer Wahl, dreieinhalb
Jahrhunderte nachdem die Puritaner ihre eiserne theo-
kratische Herrschaft etablierten. Sie waren Fanatiker; die
Vereinigten Staaten sind ein konservatives, auf Radikalis-
mus errichtetes Land. In vielen Städten Neuenglands sind
die weißen hölzernen Kirchen der Kongregationalisten im
Verfall begriffen – die Farbe blättert ab, die Türme sind
morsch und drohen einzustürzen, die Anzeigen tafeln drau-
ßen kündigen Predigten mit spaßigen Titeln an wie «Mir
geht’s gut, Gott geht es auch gut» oder «Aus verbotenen
Früchten kann man viele Marmeladen machen» –, anders
als die spitzgiebligen, halb gezimmerten Gebäude, die
Cranmers anmutigen Worten und den königlichen Launen
Heinrichs VIII. gewidmet sind.
Obwohl Owen, dank der Teilung und des Verkaufs von
E-O Data in den siebziger Jahren, selber ziemlich reich
war, betrachtete er die Reichen, die ihren Reichtum geerbt
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hatten, als einen exotischen Stamm. Er war der Meinung,
dass die reichen Besitzer der Fabriken von Alton seinen
Vater unterdrückt und seinen Großvater betrogen hatten.
Manche der großen, in der Textilindustrie entstandenen
Vermögen hatten, in Willow, etwas von dem mythischen
Klang der Mellons, Fricks und Carnegies in Pittsburgh
gehabt. Doch auch wenn er sich auf die Zehenspitzen
stellte, um über die mit Zacken gespickte Sandstein-
mauer des Besitzes der Pomeroys am Cedar Top blicken
zu können, und das ferne Plätschern des Swimmingpools
hörte, waren diese fabelhaften Wesen ihm niemals zu Ge-
sicht gekommen. Im Scheherazade – einem fensterlosen
Saal mit schräg nach unten führendem Fußboden, einer
Außenverkleidung aus Blechplatten, so gestanzt, dass sie
halb wie Ziegelsteine aussahen, einem Tnnenraum, der
mit ein paar chinesischen Lampions und ein paar Art-
deco-Streifen dekoriert war, einem Kassenhäuschen au-
ßen, in dem die grauhaarige Frau des Besitzers saß, und
einem Vordach, dessen Lichter im Sommer Massen von
Nachtfaltern anzogen – wurden die Reichen, gespielt von
Gary Grant und Fred Astaire, Joan Blondel und Katharine
Hepburn, Charles Coburn und Eugene Palette, in einem
freundlichen, silbrigen Licht gezeigt, als Stars in einer Ko-
mödie der Missverständnisse, die sich am Schluss mittels
sexueller Anziehung und grenzenloser Reserven milde
besteuerten Geldes auflösten. Welch ein Triumph kapita-
listischer Kunst, die den Hass der Armen auf die Reichen
in schmunzelndes Mitleid für sie umzulenken vermochte!
Im Handumdrehen konnte das Glück wechseln, und die
Armen waren vielleicht selbst reich, und ebenso töricht
und glücklich. Für die Moguln, die diese Filme herstell-
ten, war das natürlich keine Träumerei. Sie hatten es in
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Amerika zu Reichtum gebracht. In geringerem Ausmaß
traf das auch auf Owen zu.
Jetzt kann er dreidimensional und in natürlichen Far-
ben bei dem Zehn-Uhr-Ostergottesdienst in St. Barnabas
in Haskells Crossing den Wainthrop-Clan betrachten, der
die beiden vordersten Bänke einnimmt. Die achtzigjähri-
ge Matriarchin, seit langem Witwe, thront in einem Roll-
stuhl, der den Mittelgang halb blockiert; Kirchgänger, die
zum Abendmahl an das Gitter treten, gehen um sie her-
um. Vor Beginn des Gottesdienstes schlängeln oder drü-
cken
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