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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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zum Atmen, keine Sorge», sagte Ed
    in drohendem Ton, aber er wich zurück, sodass Owen auf-
    stehen konnte. Mit einigem Abstand zwischen ihnen bei-
    den und einem zuhörenden Polizisten sagte Ed zu seinem
    Partner: «Du und ich, wir sind fertig miteinander. Bei dei-
    nem Anblick könnte ich kotzen. Ich wollte sie heiraten,
    damit du es nur weißt.» Er machte mit der Oberlippe seine
    Schimpansengrimasse, als wollte er sich die Zähne säubern,
    in schierer Aggression.
    «Nein, das wusste ich nicht. Wusste Phyllis es?»

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    Das ließ Ed zögern. «Ich wollte sie nicht bedrängen,
    solange es für sie noch eine Chance gab, mit dir ins Reine
    zu kommen. Sie hat dich angebetet, du elender Drecks-
    kerl.»
    Owen hätte es Ed übel nehmen können, wie er ihm die
    Trauer stehlen wollte, hier, vor den Augen der Polizisten,
    aber er dachte im Zusammenhang mit einer umfassende-
    ren Wirklichkeit: Der Abgrund, der sich vor den Fenstern
    seiner Kindheit aufgetan hatte, der schwarze See furchtba-
    rer Möglichkeiten, hatte sich ausgeweitet und war ange-
    schwollen, um sein Leben zu verschlingen. Aber er, Owen,
    funktionierte noch, sein Gehirn arbeitete noch, stellte
    mehr Verbindungen im Bruchteil einer Sekunde her, als er
    benennen konnte, ermöglichte ihm, sich in den frischen
    Umständen neu zu orientieren, und seine Wahrnehmun-
    gen waren schnell und trocken in dem See, auch als er
    schon am Ertrinken war.

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    XIV Kleinstadt‐Weisheit

    Laut einer Kleinstadtweisheit sollte ein Gebäude niemals
    dreizehn Stockwerke haben, noch sollte eine histoire aus
    dreizehn Kapiteln bestehen. Die Gebote tendieren zu Vor-
    sicht und Konservatismus: Wirf eine Prise verschütteten
    Salzes über die Schulter und klopfe auf Holz, wenn du von
    deinem Wohlergehen sprichst; behalte deine Meinung für
    dich, und steck den Kopf nicht aus der Menge heraus. Has-
    kells Crossing ist ein guter Ort, wenn man nicht auffallen
    will. Julia ist diejenige, die sich rauswagt, zum Einkaufen
    und zu Treffen von Frauengruppen, zur Massage oder Ma-
    niküre, während Owen im Haus kauert, mit dem Internet
    herumspielt – eine enttäuschende Masse herrisch gekapp-
    ter Verbindungen und Fehlinformationen von unbeküm-
    merter Ungebildetheit, auf einem Niveau, das man, will
    man nett sein, Oberstufenstandard nennen kann – und mit
    Ölmalerei. Er hat damit angefangen. Beharrlich versucht er,
    auf der Leinwand den Blick vom Haus auf die Massachu-
    setts Bay festzuhalten, mit der zum Grundstück gehören-
    den Eibe und den Spindelbüschcn im Vordergrund, mit
    einigen kleinen verstreuten Inseln und schräg liegenden
    Segelbooten im Mittelgrund und einem fernen Horizont,
    wo ein paar Öltanker ihre dickflüssige, geopolitisch kriti-
    sche Ware transportieren; doch je intensiver er die Ölfar-
    ben auf seiner Palette mischt, um die genauen Farben zu
    bekommen, desto trüber und gedämpfter geraten sie. Die

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    atomistische Leuchtkraft der Wirklichkeit, ihre zurückge-
    nommene und doch unversöhnliche aufscheinende Quint-
    essenz – diesen Effekt behält die Natur für sich. Seit das
    letzte seiner kleinen Beratungsbüros in Boston geschlossen
    wurde, leben er und Julia bequem von den Erlösen des von
    Ed 1978 arrangierten Verkaufs von E-O Data an die noch
    in den Kinderschuhen steckende Apple Corporation in
    Cupertino, Kalifornien. Owens Pionierarbeit an grafischen
    Schnittstellen ging in die von Atari abgeleiteten visuellen
    Programme der ersten Mikrocomputer von Apple ein sowie
    in die Alto-Schnittstelle, die bei dem triumphal erfolgrei-
    chen Macintosh von 1984 angewandt wurde. Die Aktien,
    die Ede Mervine als Teil der Verkaufssumme angenommen
    hatte, hatten Teil an dem Triumph, und in weiser Voraus-
    sicht stieß Ed sie rechtzeitig ab und empfahl seinem ehe-
    maligen Partner in einer kurz angebundenen Mitteilung,
    das Gleiche zu tun. Owen in seiner passiven Haltung nahm
    den weisen Rat an; Apples anfängliche Eleganz verglomm,
    als der kalte Schatten von Microsoft sich über die gesamte
    Computer-Welt legte. Als Programm war Windows nichts
    als Flickschusterei und verbrauchte große Chip-Mengen,
    aber das Festhalten an IBM und dessen Klonen konnte
    nicht durchbrochen werden, so wie die unpraktische, die
    linke Hand bevorzugende Tastatur nicht geändert werden
    konnte, nachdem sie in Tausende von Maschinen instal-
    liert worden war.
    Owen traf in seiner neuen Kleinstadt als auf geheimnis-
    volle Weise komfortabel situierter Fremder ein, der in

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