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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Büstenhalter
    auf und schob ihren kurzärmeligen Pulli hoch. Sie kreuzte
    die Arme, zog den Pulli vollends nach oben und zog ihn
    sich, zusammen mit dem Büstenhalter, über den Kopf. Ihr
    Haar, in diesem Sommer kürzer geschnitten, damit sie bei
    dem lutherischen Sommercamp unbekümmert in den See
    springen konnte, schnellte zurück und gab den Duft von
    Shampoo frei. Die knochige, glatte Rundung ihrer Schul-
    ter brachte ihm mit einem Schock ihre Nacktheit zum Be-
    wusstsein; er verbarg sein esich
    G
    t an ihrem Hals und sagte:
    «O Gott. Ich halte das nicht aus.»
    Ihre Wange stra e
    fft sich, sie lächelte. «Jetzt du, Owen»,
    hauchte sie in sein Ohr. «Dein Hemd.»
    Schnell, weil er sie nicht eine Sekunde loslassen wollte,
    zog er es aus und wünschte sich, dass er zu Hause sorgfäl-
    tiger gebadet hätte, denn der Geruch seiner Achselhöhlen
    vermischte sich mit dem ihres Shampoos und ihrer Haut in
    der stickigen Luft des Autos. Er konnte immer mehr sehen,
    als tropfte Licht von den Himmelsflecken in den Lücken
    zwischen den Bäumen und ließe schimmernde Streifen in
    den Wald fallen, wo schwache Geräusche auflebten, immer
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    weniger schwach. Er küsste ihre Brüste, versuchte zärtlich
    zu sein, versuchte ihre hart werdenden Brustwarzen nicht
    zu beißen, während sie eine Stimme in sein Ohr presste,
    die künstlich schien, vergrößert und geprobt, wie etwas aus
    einem Film: «Owen, ich hab mir in meinem Zimmer oft die
    Kleider ausgezogen und bin rumgegangen und hab mich
    im Spiegel angeguckt und hab mir gewünscht, du könntest
    mich sehen.»
    «Du bist schön – wunderbar», sagte er zu ihr, und er
    meinte es auch, aber als hätte ihre Stimme seine Ohren
    ausgetupft, hörte er jetzt noch andere Geräusche, ein Wis-
    pern und Rascheln um sie herum, jenseits des Glases und
    Metalls, das sie umgab. Irgendwo, nicht besonders weit
    weg, ertönte ein Schrei, eine Eule oder womöglich ein Si-
    gnal von einer mörderischen, wahnsinnigen Bande, die hier
    in Höhlen lebte und nachts zum Vorschein kam. Angenommen, das Auto springt nicht an?, dachte er wieder. Oft sprang es nicht an, bei Regen oder wenn es kalt war am Morgen,
    und sein Vater geriet außer sich, ließ den Motor absaufen
    in seiner Panik, sodass der nachlassende Anlasser immer
    weiternudelte, ohne zu greifen – roooa rooa. «Hast du was
    gehört?», fragte Owen Elsie.
    Sie hatte ihre Halbschuhe auf den sandigen Boden des
    Autos gestellt und sich erhoben, nackt nun bis zu ihren Fü-
    ßen, um sich auf den Sitz neben ihn zu knien, und strei-
    chelte sein Gesicht, während er mit der Zunge ihre Brüste
    liebkoste; selbst in dem Zustand wachsenden Schreckens
    staunte er, als er sie fest umfasst hielt, über die Nachgiebigkeit der Taille eines Mädchens, über die fast flüssige Stelle unterhalb der Rippen und dann, hinten, die flaumi-ge harte Stelle am Ende der Wirbelsäule und die spiegel-
    glatten Rundungen ihrer Hinterbacken, weich bis in den

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    Spalt, alles miteinander verbunden, wie der silbrige Leib
    eines Fisches, alles so schlicht und wahr, ihre schlichte
    Wahrheit, lebendig in seinen Armen. Wieder hörte er den
    fernen Schrei. Etwas raschelte neben den Autoreifen. Sie
    spürte, wie sein Mund das Interesse an ihren Brustwarzen
    verlor, und lauschte jetzt zusammen mit ihm. Hinter der
    Haut zwischen ihren Brüsten klopfte ihr Herz. «Ich glaube
    nicht», antwortete ihm Elsie, und ihre Stimme verlor ihre
    Leinwandgröße und wurde klein, mit einem kindlichen
    Zittern.
    Zur Beruhigung fügte sie hinzu: «Er sagt, hier kommt
    nie jemand hin, außer in der Jagdsaison.» Doch auch sie
    musste die Dosen und das Einwickelpapier gesehen haben,
    Indizien von anderen. Er. Ihr Vater, der Besitzer, war über-
    all um sie beide herum, er hasste Owen, hasste, was Owen
    mit seiner Tochter anstellte, und strebte in jedem Zweig
    und jedem Stamm danach, sie beide zu vertreiben. Sie
    lauschten und hörten ein Geräusch, so schwach, dass es der
    Speichel in ihrem angehaltenen Atem hätte sein können.
    Owen bewegte wieder die Hände über ihren Körper und
    zog ihre zarte Nacktheit dichter an sich, und seine Finger-
    spitzen erspürten ein paar Härchen hinten in dem Spalt. Er
    überlegte, wie er seinen Kopf weit genug senken konnte,
    um den weichen Schatten, den er erspäht hatte, zu küssen;
    er war ihm scheuer, feiner und zarter vorgekommen als das,
    was er auf unanständigen Fotos und Zeichnungen gesehen
    hatte – den wenigen, die er gesehen hatte. Sein

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