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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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nur einen Dime geben.
    Aber sein Gespür war weit genug entwickelt, dass er nach
    einem solchen Höhepunkt an ihrem fügsamen Körper frag-
    te: «Und was können wir für dich tun?»
    Das machte sie verlegen. Elsie tat gern so, als wäre das,
    was gerade geschehen war, nicht geschehen. «Wie meinst
    du das?»
    Das wiede um
    r
    verunsicherte ihn. «Ich meine – wenn du
    nur für mich stillhältst, ist das doch nicht genug, oder?»
    Sie sagte: «Wir können nicht mehr machen, Owen. Es
    könnte Folgen haben, die du nicht willst.» Sie berührte nie
    seinen Schwanz, und sagte nie: «Ich liebe dich» – sie wuss-
    te, das würde ihn in die Verlegenheit bringen, das Gleiche
    ihr zu sagen, obwohl er dazu nicht bereit war. Sonst hätte
    sie erklären können: Ich liebe dich, ich finde es schön, dich zu
    erregen, es erregt mich, ist das nicht genug für den Augenblick?
    Aber da war noch mehr, beide wussten es, und als sein
    letztes Schuljahr zu Ende ging, versuchten sie es heraus-

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    zufinden, ohne Sünden zu begehen, die so dunkel und
    endgültig waren, dass ihr Leben für immer entstellt wäre.
    Elsie fürchtete sich davor weniger als er; er weigerte sich
    zu probieren, wie weit sie ihn gehen lassen würde. Es hatte
    sich zwischen ihnen im Auto so ergeben, dass er sich hin-
    unterbeugte und die seidige warme Innenseite ihrer Ober-
    schenkel küsste und dann seinen Mund so weit oben wie
    möglich in die Wärme presste, ihre Wärme, deren Aroma
    manchmal dem scharfen Geruch glich, den seine Mutter an
    einem Sommertag ausströmte, und an anderen Tagen dem
    Moschusgeruch der Futterbreikübel hinten im Geschäft
    ihres Vaters. Anfangs widersetzte sie sich und stieß seine
    Schultern zurück, und dann erwartete sie es. Damals tru-
    gen sogar junge Mädchen Hüftgürtel; die Stelle zwischen
    ihren Beinen wurde von den scharfen Gummikanten be-
    wacht, und obwohl sie auf dem Autositz schüchtern ihre
    Hüften nach vorn schob, konnten seine Lippen doch nicht
    ganz die feuchte Baumwolle erreichen. Nicht dass er genug
    gewusst hätte, um sie mit dem Mund dahin zu bringen,
    dass sie kam, oder wie Mädchen überhaupt kamen. Die
    Lust war seine, weil er einem Geheimnis so nahe war, weil
    sie es ihm entgegenhob, auch ihren Geruch, der zuweilen
    so stark war, dass er eine Gegenkraft ausübte, den Wunsch,
    das Gesicht abzuwenden. Aber er mochte es da, zwischen
    ihren Beinen, und wie seine Wangen an ihren Schenkeln
    ganz heiß und feucht wurden, und er mochte die ungraziö-
    sen Verrenkungen, die dieses Manöver von ihr erforderte,
    während sie immer noch ihre Kniestrümpfe und Halbschu-
    he anhatte.
    In dem Sommer, bevor er wegging, zum MIT, bekamen
    ihre Experimente etwas Verzweifeltes. Sie wusste, dass
    er entglitt; der Staffelstab war doch nicht weitergereicht
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    worden. Owen hatte einen Sommerjob bei einem Vermes-
    sungstrupp bekommen, er überprüfte die Planungsmarkie-
    rungen und schnitt das Gestrüpp in den Sichtlinien. Elsie
    war zu einem lutherischen Sommercamp in Ohio geschickt
    worden, wo sie sechs Wochen als Betreuerin arbeitete. Er
    fuhr mit dem Trupp in entlegene Gegenden des Bezirks
    und musste aus Alton abgeholt werden, wenn er keine Mit-
    fahrgelegenheit nach Süden bekam; erschöpft und schmut-
    zig kam er nach Hause und versuchte nicht daran zu den-
    ken, dass das College in einer fremden Region sich bald auf
    ihn stürzen und ihn davontragen würde – für immer, wie er
    hoffte und zugleich fürchtete. Seine Großeltern kränkel-
    ten, und seine Eltern waren nicht mehr das junge Paar in
    der Mifflin Avenue, zu denen er ins Bett kroch, wenn ein
    Traum ihm Angst gemacht hatte.
    Nachdem Elsie aus Ohio zurückgekehrt war, kam es ihm
    manchmal fast zu anstrengend vor, in der einzigen Wan-
    ne des Farmhauses ein Bad zu nehmen und noch einmal
    rauszugehen in die Dunkelheit. Er und sie brauchten jetzt
    die Dunkelheit. Bei den Freiheiten, die sie sich gegensei-
    tig gewährt hatten, brauchten sie diese Abgeschiedenheit:
    nicht die fernste Straßenlaterne und nicht das geringste
    Risiko durften geduldet werden, dass ein Polizist aus Wil-
    low mit Stablampe und bellender Stimme sie entdeckte.
    Wohin sollten sie gehen, mit ihren reifenden Bedürfnissen
    und ihren Ängsten, am Ende verlassen zu werden? Durch
    seinen Sommer war er nicht so abgelenkt gewesen, dass er
    in ihren Briefen aus dem Camp die Andeutung übersehen
    hätte, sie habe unter den männlichen Betreuern Beglei-
    tung gefunden, noch hatte er, als sie im

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