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Landleben

Landleben

Titel: Landleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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seinen eingezogenen Bauch
zwängen konnte. Die honigsüßen Gefühle in seinem in der Nacht zuvor hart in Anspruch genommenen Schwanz ver-
mischten sich mit seiner Vorstellung von dem, was ihre Ge-
fühle in dem beengten Raum sein mochten, während die
westwärts fahrenden Autos in dem morgendlichen Gleißen
sichtbar wurden und, mit kombinierter Geschwindigkeit,
vorbeischossen, sodass der Camaro erbebte und von dem
Sog zur Mitte der Fahrbahn gezogen wurde. Der Highway
war ein schmales Band, auf dem flimmernde Trugbilder
von feuchten Pfützen erschienen, als die Sonne stieg und
auf die Meilen lila-grauer Vegetation hinunterzubrennen
begann; in der Ferne senkten Rinder grasend die Köpfe.
Er wusste, ein Zucken des Steuerrads würde sie beide
auslöschen, auch Mirabella wusste das, fuhr aber fort, ihm
äußerst angenehme sinnliche Sensationen zu verschaffen,
auch als sie ihren Kopf mit dem gebleichten, toupierten
Haar drehte und ihn auf seinen nackten Unterleib küsste,
wobei sein Button-down-Hemd verknautscht nach oben
rutschte. Ihr Lockenhelm fühlte sich unter seinen liebko-
senden Fingern steif und klebrig an, von zu viel Haarspray.
Er warf einen Blick nach unten und sah, dass ein Sonnen-
strahl ihr Haar zerteilte, sodass die schuppige rosa Kopf-
haut zu sehen war, die wehrlose Epidermis, Haut auf Kno-
chen, und er musste sich zusammennehmen, dass er bei
dem unterdrückten Schock dieses Anblicks seine Erektion
nicht verlor.
    Diese Konferenz fand in Las Vegas statt, in einem der
riesigen Luxushotels – war es das Sands? oder das Star-
dust? –, die seither abgerissen worden waren, um noch grö-
ßeren Kästen Platz zu machen. Ihr Haar war gefärbt, platin-
blond, mit Ausnahme des ersten Zentimeters naturbrauner
Haarwurzeln. Die Ohrläppchen hatten je zwei Löcher für
zwei kleine Ohrstecker- in jenen Tagen eine fortgeschrit-         tene Art der Selbstverstümmelung. Er hatte sie in ihren
chamoisfarbenen Hotpants und ihren grünen Netzstrümp-
fen für eine der Prostituierten gehalten, aber sie überrasch-
te ihn, weil sie seinen Namen wusste und sagte: «Sie ha-
ben DigitEyes erfunden. Mein Vater war Bauingenieur in
Fresno, und immer wenn ich in seinem Büro war, durfte ich
mit den Sachen auf dem Bildschirm spielen. Sie drehten
sich im Raum und blieben trotzdem zusammen, und die
Raummaße wurden von diesen, wie soll ich sagen, Drähten
beschrieben, alles mit ein paar wenigen Befehlen auf dem
Keybord – es war magisch.»
    «Ein ausgeklügeltes Artefakt der Vergangenheit, fürchte
ich», sagte Owen zu ihr. «Wie der Apfel entkerner und die
Tretnähmaschine.» Er musste schon einiges getrunken ha-
ben; er war an einer Podiumsdiskussion beteiligt gewesen,
und bei dem anschließenden Empfang gingen Mädchen,
Hotelangestellte, mit Champagner in Plastikgläsern zwi-
schen den Besuchern umher.
    «Die Zukunft baut auf der Vergangenheit auf, und das
können Sie auch», versicherte sie ihm, Mirabella mit ihrem
zweifarbigen Haar und den grünen Netzstrümpfen an den
Beinen – wie ein geschrumpftes Kostümteil aus dem Sher-
wood Forest.
    Er gestand ihr: «Ich würde gern mal spielen, aber ich
weiß nicht, wie’s geht.» Sie führte ihn zum Roulettetisch,
aber das Spiel gefiel ihm nicht, weil es auf reinem Zufall
beruhte und die Chancen ungleich verteilt waren, schamlos
zugunsten des Hauses. An den Blackjack-Tischen gewann
er, weil das Spiel ein mathematisches Problem war und die
meisten Spieler in ihrem törichten Optimismus versuch-
ten, ihr Blatt mit einer weiteren Karte zu verbessern, und
genau darauf setzte das Kasino. Am meisten Spaß machten       ihm die Maschinen, die unpersönlichen Schlitze, grell und
feierlich zugleich, ihre ineinander übergehenden Farben
und das seidige Rucken der Griffe, das sanfte mechanische
Geräusch in der Maschine und der Schwall, wenn sie bei
gelegentlichen Jackpots die Fünfzig-Cent-Stücke mit Ken-
nedys Konterfei in die zerbeulte Schüssel spuckten.
    In seinem Zimmer hoch über dem Strip zeigte sie ihm
noch etwas anderes – eine Linie von weißem Pulver auf
dem gläsernen Couchtisch. Er kniete auf dem Teppichbo-
den, wie er mit Jacqueline in einer anderen Stadt, in einem
anderen Hotelzimmer gekniet hatte. Mit einem leuchten-
den Lächeln auf ihrem breiten Gesicht zeigte ihm Mirabel-
la, wie er einen Zwanzig-Dollar-Schein aufrollen sollte, um
damit das Pulver zu inhalieren, so gut es eben ging. Er war
auch nie besonders geschickt darin gewesen, Kerzen auf ei-
nem

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