Landnahme
auf dem Markt zu ihm sahen. Als er zwei junge Männer entdeckte, die neben ihrem Motorrad standen und gleichfalls zu ihnen starrten, verabschiedete er sich von Babsy, indem er rasch die Hand zu seiner Mütze führte, ging dann zu den beiden Männern und forderte sie barsch auf, mit ihrem Motorrad zu verschwinden, sie wären ein Verkehrshindernis, das er nicht dulden werde. Die beiden protestierten und verlangten eine Erklärung, da sie sich keiner Schuld bewusst seien. Der Polizist ging um ihr Motorrad herum, zeigte dann auf das verschmutzte Rücklicht und sagte, ein solches Rücklicht stelle eine erhebliche Verkehrsgefährdung dar, die mit einer Geldstrafe geahndet werden müsse, wenn sie nicht augenblicklich verschwänden. Er öffnete seine umgehängte Tasche und machte Anstalten, ein Strafmandat auszustellen, woraufhin die Männer sich verärgert auf das Motorrad setzten und abfuhren.
Babsy lief zu dem Polizisten und fragte ihn etwas, was keiner verstand, der Polizist wurde wieder knallrot und wies dann in die Richtung des Paradeplatzes. Vielleicht hatte sie ihn nach einem Café gefragt.
Schon nach drei Tagen in unserer Stadt war Babsy mit Krethi und Plethi befreundet, jedenfalls kannte sie eine Menge Leute bei uns, und wenn sie über die Straße lief, wurde sie immerzu in Gespräche verwickelt. Das musste ihr Spaß machen, sie war jedenfalls stets vergnügt und gut aufgelegt. Ich lernte sie in der Gärtnerei kennen. Sie hatte am Tag nach ihrer Ankunft beim alten Kossatz Rosen bestellt und sie tatsächlich von ihm bekommen, obwohl Rosen knapp waren und er nur seine Freunde und die Stammkunden damit versorgte. Babsy war bei ihm erschienen und hatte ihm gesagt, dass sie unbedingt einen großen Strauß Rosen benötige, weil ihr Großvater Geburtstag habe, undeinen weiteren Strauß für ihre Großmutter, die im Krankenhaus liege, und Kossatz hatte genickt und die Bestellung entgegengenommen. Als Babsy die Sträuße am nächsten Tag abholte, ging Kossatz mit ihr zu den Rosenbeeten, und sie durfte sich die Blüten sogar aussuchen, was noch nie vorgekommen war. Eine halbe Stunde lang stand sie mit dem Chef bei den Rosen und zeigte ihm, welche er für sie abschneiden sollte. Nie im Leben hat sie eine so schöne Gärtnerei gesehen, sagte sie zu dem Alten, und der wollte sie gar nicht mehr gehen lassen. Ich füllte und bepflanzte eine Torfwandpyramide, als sie mit dem Chef sprach, und konnte, während ich die Pflanzen durch das Drahtgitter steckte und Schicht für Schicht den Torf darüberstreute, alles hören und sehen. Manchmal warf mir Babsy einen verschwörerischen Blick zu. Als Kossatz ans Telefon gerufen wurde, kam sie zu mir und fragte, ob man sich in der Stadt amüsieren kann. Ich sagte, wir haben ein Kino, eine Kegelbahn, bei der man sich anmelden muss, und einmal im Monat ist im Adler Tanz und alle vierzehn Tage im Kurhaus, das sei alles, was die Stadt zu bieten habe.
»Und dann gibts das Museum auf der Burg, aber das ist vielleicht nicht das Vergnügen, das Sie meinen.«
»Da hast du Recht«, sagte sie. Sie duzte mich gleich. »Wollen wir heute zusammen ins Kino gehen? Wann hast du Feierabend?«
Ich war verblüfft und schaute sie so verschreckt an, dass sie laut auflachte. Ich hatte nicht das Gefühl, dass sie mich auslachte, es war ein herzliches und ansteckendes Lachen. Wir verabredeten uns für den Abend.
Ich war ganz aufgeregt, als ich am Kino auf sie wartete, und war viel zu früh erschienen. Als sie kam, küsste sie mich auf die Wangen und fragte nach meinem Namen, dann nannte sie ihren Namen und sagte, ich soll sie Babsy nennen, so nennt sie jeder, und unter diesem Namen tritt sie auch auf. Als ich mich erkundigte, wo sie auftritt und alswas, sagte sie, sie ist Sängerin und ziehe mit einer Band durch das Land. Sie tritt vor allem in Nachtbars auf, wo sie Schlager singen müsse, eigentlich ist sie eine Jazzsängerin, doch das wollen die Leute nicht hören, die möchten immer die alten Schlager, die sie schon als Kinder kannten.
»Caprifischer und so, du verstehst.«
Ich nickte.
»Meine Leidenschaft ist Gospel. Weißt du, was das ist?«
Ich nickte nochmals, dann schüttelte ich rasch den Kopf.
»Das ist die Musik der amerikanischen Neger. Traumhaft. Und ich habe die Stimme dafür. In Amerika könnte ich groß rauskommen, glaube ich. Wenn ich loslege, dann zittert die Luft, Kathi. Ich habe eine schwarze Stimme, das hat mir einmal ein Amerikaner gesagt, eine richtige schwarze Harlemstimme.«
Ich
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