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Landpartie mit drei Damen

Landpartie mit drei Damen

Titel: Landpartie mit drei Damen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Mitford
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Anne-Maries wunderbar originelle Erscheinung. Ihre Schönheit ist von einer Art, die wir überhaupt nicht mehr gewohnt sind. Das liegt wohl daran, dass sie ganz und gar eins ist mit ihrer Umgebung. Die eleganten Frauen in London sind ihr völlig egal.«
    »Ja, verstehe. Dralles Milchmädchen mit roten Backen. Ich muss schon sagen, nicht mein Typ.«
    »Von wegen«, entgegnete Noel mit arrogantem Lächeln. »Man würde sie, wenn überhaupt, als exotisch bezeichnen. Blass und empfindsam, mit einer besonderen Note, die in unserer Generation wirklich selten ist. Eine Kameliendame, wenn du so willst.«
    »Schwindsüchtig, hm?«, sagte Jasper. »Sieh dich vor, mein Lieber.«

5

    Am nächsten Tag klärte sich das Rätsel um Miss Jones’ Erdbeerblätter auf.
    Jasper kam kurz vor dem Lunch mit den Morgenzeitungen in Noels Zimmer und zeigte ihm freudestrahlend die vielen großen Fotos von Miss Jones, die unter Schlagzeilen wie »Es sollte ihr Hochzeitstag sein«, »Apfelsaft statt Champagner« oder »Das Pech der vaterlosen Grafentochter« abgedruckt waren. Die Bildunterschriften verkündeten marktschreierisch oder distinguiert, je nach dem Kaliber des Blattes, dass Lady Marjorie Merrith, deren Vermählung mit dem Herzog von Dartford am heutigen Tag stattfinden sollte, den Termin auf unbestimmte Zeit habe verschieben müssen, da sie plötzlich Scharlach bekommen habe und daher für die nächsten sechs Wochen in Quarantäne sei. Ihr gehe es den Umständen entsprechend. Lady Marjorie, hieß es weiter, sei die Tochter der Gräfin Fitzpuglington und des Grafen, der bei der Titanic-Katastrophe tragisch ums Leben gekommen sei, sodass seine Gemahlin als Witwe Mutter geworden und sein einziges Kind von Geburt an vaterlos gewesen sei.
    »Sie sieht eigentlich ganz gut aus, wenn man bedenkt«, sagte Noel. Er kam sich noch dümmer vor als sonst, nachdem er mit Jasper bis fünf Uhr morgens über die Liebe diskutiert hatte.
    »Wenn man was bedenkt?«
    »Dass sie Scharlach hat.«
    »Scharlach, dass ich nicht lache. Reiß dich zusammen. Wie soll ich dir helfen, wenn du dir nicht selbst hilfst. Jetzt hör mir bitte ein paar Minuten aufmerksam zu, aus unserer Sicht ist das alles nämlich hochinteressant. Offenbar ist also Folgendes passiert – entweder kann sie den Herzog oder der Herzog kann sie nicht riechen, wie auch immer, daher haben sie gemeinsam oder sie hat ganz allein beschlossen, dass es nur eine Möglichkeit gibt, die Sache in letzter Minute abzublasen: indem sie eine Krankheit mit langer Quarantäne bekommt. Gut. Das Interessante aus unserer Sicht ist Folgendes – neben Eugenia Malmains dürfte Lady Marjorie Merrith (Miss Jones) die bedeutendste Erbin in England sein. Ich glaube, sie ist märchenhaft reich. Und hier sind wir, zwei lausige Penner, mit zwei unglaublichen Vermögen direkt vor der Nase. Wir müssen nur zugreifen, und weiß Gott, wir haben es nötig.«
    »Was bringt dich zu der Annahme, dass wir nur zugreifen müssen?«
    »Eugenias Fall ist doch offensichtlich. Sie würde jeden heiraten, um von D.A.A.F. wegzukommen. Im Fall von Lady M. haben wir einen mächtigen Verbündeten in Gestalt ihrer Enttäuschung. Fantastisch, wozu ein Mädchen bereit ist, um über eine Enttäuschung hinwegzukommen. Wir müssen aber einen Plan aushecken – es bringt nichts, wenn wir uns beide gleichzeitig vornehmen, sonst steht am Ende jeder von uns mit leeren Händen da. Wir müssen uns absprechen, wer welche nimmt. Also, ich habe mir gedacht, ich lasse dir den Vortritt, unter der Bedingung, dass du diese Aktion auch weiterhin finanzierst.«
    »Ich weigere mich, dir noch einen einzigen Penny zu leihen, wenn du das meinst.«
    Jasper seufzte. »In dem Fall«, sagte er zögernd, »werde ich gezwungen sein, als zahlungsunfähiger Gast hier weiter zu wohnen, was unter diesen Umständen peinlich für dich wäre, und Mrs Lace anzumachen.«
    Noel fand dieses Argument überzeugend. Jasper hatte schon vielen glücklichen Liebschaften ein Ende gesetzt. »Ach was, mein Lieber«, sagte er versöhnlich, »ich hab nur Spaß gemacht. Du kannst gern bleiben, allein wäre es furchtbar langweilig.«
    »Danke«, sagte Jasper. »Also, triff deine Wahl. Mir wäre daran gelegen, dass wir möglichst bald zur Tat schreiten.«
    »Ich habe Kopfschmerzen«, sagte Noel. »Ich möchte noch ein wenig schlafen.«
    »Gut, aber vorher entscheide dich. Überleg es dir gut, jeder spätere Sinneswandel ist ausgeschlossen. Eugenia ist reicher, schöner und verrückter. Miss

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