Landung auf Darkover - 1
weiter. Besser, die Frau hat eine Frühgeburt und kann erneut schwanger werden, anstatt sechs Monate damit zu verschwenden, ein Kind zu tragen, das sterben muß oder mit furchtbaren Mißbildungen aufwachsen wird. Ebenfalls auf der Erde könnten wir es uns leisten, gebrechliche Kinder zu retten - todbringende Gene, mentale Schäden, angeborene Mißbildungen, Fötalschädel und so weiter. Dort gibt es komplizierte Apparaturen dafür und eine entsprechende medizinische Infrastruktur: Bluttransfusionen, Wachstumshormontransplantationen, Rehabilitation und Ausbildungsmöglichkeiten. Aber wenn wir hier nicht eines Tages den grausamen Schritt unternehmen wollen, behinderte Kinder auszusetzen oder sogar zu töten, dann sollten wir sie besser auf einem absoluten Minimum halten. Etwa die Hälfte der auf der Erde geborenen behinderten Kinder - vielleicht sogar neunzig Prozent, wer weiß, schließlich ist es dort längst zur Routine geworden, eine Fehlgeburt um jeden Preis zu verhindern - sind das Resultat die ser Bemühungen - Kinder die hätten sterben sollen, Fehler der Natur, die vor der Ausselektion bewahrt wurden. Auf einer Welt wie dieser geht es um das unbedingte Überleben unserer Rasse; wir dürfen nicht zulassen, daß todbringende Gene und Schäden in unseren Gen-Pool gelangen. Verstehst du, was ich meine? Wahnsinn auf der Erde - rauhe Überlebenstatsache hier. Die natürliche Selektion muß ihren Lauf nehmen - und das bedeutet: keine heldenhaften Methoden, um Fehlgeburten zu verhindern, keine extremen Methoden, um todgeweihte oder geburtengeschädigte Babys zu retten.«
»Und was hat das alles mit Judys wilder Geschichte zu tun? Mit ihrer Behauptung, ein fremdes Wesen habe ihr ein Kind gezeugt?« fragte Ewen.
»Nur dies«, sagte Heather, »daß wir lernen müssen, in neuen Bahnen zu denken - und nicht kurzerhand Dinge verwerfen, nur weil sie sich zu phantastisch anhören.«
»Du glaubst, ein nichtmenschlicher Fremder hätte - oh, komm, Heather! Um Gottes willen!«
»Welchen Gott meinst du?« fragte Heather. »Alle Gottheiten, die ich kenne, gehören zur Erde. Ich weiß nicht, wer Judys Baby gezeugt hat. Ich war nicht dabei. Aber sie war daran beteiligt, und mangels eines Beweises würde ich ihr Wort nehmen. Sie ist keine wirklichkeitsfremde Spinnerin, und wenn sie sagt, sie sei von einem Fremden gerufen und geliebt worden und habe schließlich bemerkt, daß sie schwanger sei, dann werde ich ihr das verdammt noch mal glauben, bis ich das Gegenteil beweisen kann. Zumin dest bis ich das Baby gesehen habe. Wenn es dein oder Zabals oder MacLeods lebendes Ebenbild ist - gut, dann glaube wahrscheinlich auch ich daran, daß Judy einer verrückten Idee aufgesessen ist. Aber während der Zeit des zweiten Windes hast du dich vernünftig verhalten - jedenfalls bis zu einem gewissen Grad. Auch MacLeod hat sich bis zu einem gewissen Grad vernünftig verhalten. Offenbar bleibt nach dem ersten Ausgesetztsein bei nachfolgenden Heimsuchungen durch die Droge oder die Pollen zumindest ein bißchen Selbstkontrolle gewahrt. Judy hat uns einen vernünftigen Bericht darüber abgegeben, was sie dieses Mal getan hat, und es hat mit dem übereingestimmt, was beim ersten Mal geschehen ist. Warum sollten wir also im Zweifelsfall nicht zu ihren Gunsten entscheiden?«
Langsam strich Ewen ROSS die Namen und ließ nur: »Vater unbekannt« stehen.
»Das ist alles, was wir mit Sicherheit sagen können«, meinte er schließlich. »Ich werde es dabei belassen.«
In dem großen Gebäude, das noch immer als Speisesaal, Küche und Freizeiträumlichkeit diente - obwohl mittlerweile, aus dem schweren durchscheinenden einheimischen Gestein gebaut, eine separate Gemeinschaftsküche entstand -, bereitete eine Gruppe von Frauen aus der Neu-Hebriden-Gemeinschaft in ihren TartanRöcken und den warmen Uniform-Mänteln, die man jetzt bei ihnen trug, das Abendessen vor. Eine von ihnen, ein Mädchen mit langen roten Haaren, sang mit heller Sopranstimme:
Geht der Tag so still verloren, meinen Schritt zum Bach ich leite, wo ein Mann, aus Sonn’ geboren, Elfentochter dereinst freite. Warum sitz’ ich da und seufze, zupfe Farnkraut, zupfe
Farnkraut, ganz allein und müde?
Sie unterbrach sich, als Judy hereinkam:
»Judy, hier ist alles fertig, ich habe ihnen gesagt, daß du drüben,
im Lazarett, bist. Deshalb haben wir ohne dich angefangen.« »Danke, Fiona. Sag mir - was war das für ein Lied, das du gesungen hast?«
»Oh, eines unserer Insellieder«, antwortete
Weitere Kostenlose Bücher