Landung auf Darkover - 1
Fiona. »Du sprichst
kein Gälisch? Ich habe nicht geglaubt, daß … Nun, es heißt Das
Liebeslied der Elfe, und es handelt von einer Elfe, die sich in einen
sterblichen Mann verliebt hat und nun für alle Ewigkeit die Hügel
von Skye durchstreift und noch immer nach ihm sucht, sich noch
immer fragt, warum er nie zu ihr zurückgekehrt ist. Auf Gälisch ist es
hübscher.«
»Dann sing es auf Gälisch«, lächelte Judy. »Es wäre fürchterlich
langweilig, würde hier nur eine einzige Sprache überleben! Fiona,
sag mir - der Pater nimmt seine Mahlzeiten nicht im Gemeinschaftsraum ein, oder?«
»Nein, man bringt ihm das Essen hinaus.«
»Kann ich es heute hinausbringen? Ich würde gerne mit ihm reden«, sagte Judy, und Fiona sah auf einen einfachen, an die Wand
gehefteten Arbeitsplan. »Ich bin gespannt, ob wir wenigstens
dann eine feste Arbeitszuweisung bekommen, wenn wir wissen,
wer schwanger ist und wer nicht. In Ordnung, ich werde Elsie Bescheid sagen, daß du es ihm bringst. Es ist einer der Beutel da drü
ben.«
Sie fand Pater Valentine auf dem Friedhof bei seiner mühsamen Plagerei, umgeben von den großen Steinen, aus denen er das
Denkmal errichtete. Dankbar nahm er das Essen, das sie ihm
reichte, wickelte es aus und stellte es auf einen flachen Stein. Sie
setzte sich neben ihn und sagte ruhig: »Pater, ich brauche Ihre
Hilfe. Ich nehme an, Sie werden meine Beichte nicht hören wollen?«
Langsam schüttelte er den Kopf. »Ich bin kein Priester mehr,
Dr. Lovat. Wie, um alles in der Welt, könnte ich die Unverschämtheit besitzen, im Namen Gottes ein Urteil über die Sünden
eines anderen zu sprechen?« Er lächelte schwach. Er war ein
kleiner schmächtiger Mann, nicht älter als dreißig, aber jetzt sah er
abgehärmt und alt aus. »Auf jeden Fall hatte ich viel Zeit zum
Nachdenken, während ich hier draußen Steine geschleppt habe.
Wie kann ich auf einer Welt, auf die er niemals seinen Fuß gesetzt
hat, aufrichtig das Evangelium Christi predigen oder lehren? Wenn
Gott will, daß diese Welt gerettet wird, so wird er jemanden
schicken müssen, dies zu tun… was immer das bedeuten mag.«
Er steckte den Löffel in den Fleisch- und Ge-treide-Eintopf. »Sie
haben sich Ihr eigenes Mittagessen mitgebracht? Gut.
Theoretisch akzeptiere ich die Isolation. In der Praxis jedoch
merke ich, daß ich mir die Gesellschaft eines Mitmenschen viel
mehr ersehne, als ich je geglaubt hätte.«
Damit war für ihn das Thema Religion offenbar beendet, doch
Judy konnte es in ihrem inneren Aufruhr nicht so leicht beiseite
schieben. »Dann lassen Sie uns einfach ohne jeden geistlichen
Beistand, Pater?«
»Ich glaube nicht, daß ich in dieser Hinsicht jemals viel geleistet
habe«, sagte Pater Valentine. »Ich frage mich, ob das je ein
Priester getan hat. Es braucht nicht gesagt zu werden, daß ich
alles, was ich für jemanden als Freund tun kann, tun werde - das
ist das mindeste, was ich tun kann; und wenn ich mein Leben
damit zubrächte, würde es doch nicht annähernd aufwiegen, was
ich getan habe, doch es ist besser, als in Sack und Asche herumzusitzen und Bußgebete herunterzuleiern.«
Die Frau sagte: »Das kann ich verstehen, glaube ich. Aber
meinen Sie wirklich, hier gäbe es keinen Platz für einen Glauben
oder eine Religion, Pater?«
Er machte ein zurückweisende Geste. »Hören Sie auf, mich
Pater zu nennen. Bruder, wenn Sie wollen. Auf dieser Welt müssen
wir alle Brüder und Schwestern im Unglück sein. Und was Ihre
Frage betrifft: Nein, ich habe nicht gesagt, es gäbe keinen Platz
für einen Glauben oder eine Religion auf dieser Welt, Dr. Lovat
- ich kenne nicht einmal Ihren Vornamen -, Judith? Das habe ich
nicht gesagt, Judith. Ein jedes menschliche Wesen braucht den
Glauben an die Güte einer Macht, die es geschaffen hat, ganz
gleich, wie sie es nennt, und es braucht ein religiöses oder
ethisches System. Allerdings glaube ich nicht, daß wir Sakramente und Priesterschaften von der Welt brauchen, die nur
eine Erinnerung ist und für unsere Kinder und Kindeskinder nicht einmal mehr das sein wird. Ethik: ja. Kunst: ja. Musik, Fertigkeiten, Wissen, Menschlichkeit - ja. Aber keine Rituale, die rasch zu Aberglauben verkommen werden. Und bestimmt keinen sozialen Kodex oder eine Reihe rein willkürlicher Verhaltensmuster,
die nichts zu tun haben mit der Gesellschaft, in der wir jetzt leben.« »Aber in der Coronis-Kolonie hätten Sie … hättest du in der
Kirchenorganisation gearbeitet?«
»Ich nehme es an. Ich habe nie wirklich
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