Lange Finger - flinke Beine
ergänzte:
»Daraus sollten Sie ersehen, daß wir uns nicht mit irgendwelchen Kleinigkeiten abgeben. Außerdem sind wir hier zum Ferienmachen. Einzig und allein zum Ferienmachen. Ist es nicht so, Louis?«
»Du sagst es! Was wir hier tun, ist: sauer verdienten Urlaub genießen.«
Man hörte Powers’ Lächeln mehr, als daß man es sah. »Ich wüßte nicht, was dagegen spräche, in den Ferien ohne großen Aufwand einen 50000-Dollar-Zuschuß mitzunehmen.«
Die leicht dahingesagten Worte ließen die beiden Männer für einen Augenblick regelrecht erstarren.
Sekundenlang war nur das Rauschen des auflaufenden Wassers zu hören.
Gatouche räusperte sich, bevor er fragte: »Für jeden von uns?«
»Für jeden! Und ich schwöre Ihnen, daß es kein höheres Risiko in sich birgt als ein Überfall auf die taube Blumenhändlerin vor dem Invalidendom in Paris.«
»Wenn es so eine kinderleichte Geschichte ist, warum drehen Sie das Ding dann nicht selbst?«
»Mir fehlt leider die wichtigste Voraussetzung: Ich kann nicht schwimmen!«
»Also gut«, sagte Lambier, »wenn die Sache wirklich so einfach ist, wie Sie sagen, sind wir dabei. Bist du meiner Meinung, Louis?«
»Es wäre eine Sünde, für ein solches Zubrot den Urlaub nicht unterbrechen zu wollen, Charles. Was wird verlangt, und wohin soll geschwommen werden?«
Der Plan
Boris Powers drehte sich zur Seite und deutete in die Nacht hinaus, dorthin, wo die teuren und teuersten Jachten vor Anker lagen. »Dort draußen in der Bucht ankert die >Anto-inette<, das Schiff, das William Jamessy gehört.«
»Meinen Sie etwa den Ölmenschen aus Texas?« warf Lambier ungläubig fragend ein. Wäre es Tag gewesen, hätte man den Schreck in seinen Augen sehen können.
»Ja, er ist der Ölzar aus Dallas.«
Lambier machte eine abwehrende Handbewegung.
»Da suchen Sie sich mal lieber andere Partner. Jedermann weiß, daß Jamessy die am schnellsten schießende Leibgarde hat.«
»Stimmt!« Powers nickte, ohne den Versuch einer Beschönigung zu unternehmen. »Aber morgen ist morgen, und morgen ist ein besonderer Tag. Morgen, Messieurs, kommt Elaine Jamessy aus Tokio.«
»Und was ist daran so außergewöhnlich?« wollte Gatouche wissen.
»Das Ehepaar Jamessy pflegt solche Wiedersehen mit einem Champagnerfest zu feiern. Das heißt, gegen 2 Uhr sinken die Jamessys berauscht von vielen Flaschen Champagner in tiefen Schlaf. Da sie bei solchen Anlässen gern auf Zuschauer und Zuhörer verzichten, schicken sie Personal u nd Mannschaft an Land. Nur der alte McLean bleibt an Bord, das ist der Kapitän. Doch der liegt um diese Zeit längst in seiner Koje.«
»Das ist sicher?« Gatouche schien Bedenken zu haben. »Das ist absolut sicher. McLean ist ein Frühaufsteher. Nach Mitternacht hält den nichts mehr an Deck.«
»Wie geht’s weiter?« wollte Lambier ungeduldig wissen. »Ich bringe Sie mit dem Elektroboot gegen 1 Uhr bis auf etwa zweihundertfünfzig Meer an die >Antoinette< heran. Den Rest müssen Sie schwimmen. Ich warte, bis Sie zurückkommen. Elaine Jamessy trägt zu solchen Ereignissen Millionenschmuck. Den zu holen, ist Ihr Auftrag. Und jetzt werde ich Ihnen alle notwendigen Einzelheiten erklären. Es kann gar nichts schiefgehen...«
Eine halbe Stunde lang hörten Lambier und Gatouche zu. Und sie staunten ein ums andere Mal über die unglaublichen Detailkenntnisse ihres Auftraggebers. Sie machten sich darüber natürlich ihre eigenen Gedanken. Auch schien er an alles gedacht zu haben.
Rollte das Unternehmen in der Tat so ab, wie es Powers schilderte, ja, dann durfte wirklich nichts schiefgehen.
Laute Töne voller Schönheit
Scott McLean klopfte seine Pfeife aus, legte sich wieder in den Liegestuhl zurück, räkelte sich zurecht und blickte weiter zu dem heute wolkenreichen Himmel empor. Riß die Wolkendecke auseinander, schickte der Mond gleißendes Licht herunter, und die sichtbar gewordenen Sterne schienen um die Wette zu funkeln.
Scott McLean genoß es, so zu liegen, »nichts« zu sehen und den Geräuschen des Wassers zu lauschen, das leise gegen die Bordwand schlug.
Jetzt allerdings wurde das Plätschern von Musik begleitet. William Jamessy pflegte, wenn Elaine sang, zu sagen: Meine Frau singt laute Töne voller Schönheit.
McLean war 61 Jahre alt und stand seit 19 Jahren im Dienste der Jamessys, nachdem er vorher über zehn Jahre lang für eine in Panama registrierte Firma Tanker über die Weltmeere dirigiert hatte.
Obwohl er den Wechsel nie bereute, war er doch
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