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Lange Finger - flinke Beine

Lange Finger - flinke Beine

Titel: Lange Finger - flinke Beine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Ecke
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Plakatwand, auf der Reklame behauptete, daß Raucher jener Zigarettensorte echte Männer seien.
    »Parkverbot!« bemerkte der Kommissar.
    Roller schaltete das Licht aus und zog den Schlüssel ab. »Vielleicht haben wir Glück, und die Kollegen von der Streife sind müde und sehen schlecht.«
    Trotz der fortgeschrittenen Stunde, es hatte gerade 21 Uhr 30 geschlagen, war die Haustür des überaus gepflegten Altbaues nicht abgeschlossen.
    Sie mußten Sechsundsechzig Stufen erklimmen, dann standen sie vor der gesuchten Tür. Das Namensschild bestand aus einer Visitenkarte aus Bütten.
    Der Kommissar klingelte. Zweimal kurz.
    Sieben, acht Sekunden vergingen, dann hörten sie Geräusche, ein Schlüssel wurde herumgedreht und die Tür geöffnet.
    »Guten Abend«, sagte Inspektor Roller und hielt ein Formular in die Höhe. Der Kommissar kommentierte diese Geste: »Das ist ein Haftbefehl... Leider sind auch Kriminalisten nicht davor gefeit, daß bei ihnen der Groschen hin und wieder mit Verzögerung fällt. Ich muß Sie auch darauf aufmerksam machen, daß alles, was Sie ab jetzt sagen, gegen Sie verwendet werden kann. Ich...«
    »Bitte, Sie brauchen nicht weiterreden, ich weiß Bescheid. Ich möchte mir nur etwas anziehen und ein paar Kleinigkeiten zusammenpacken.«
    »Es ist so üblich, daß wir Sie dabei begleiten, Herr Ohl!« sagte Inspektor Roller.
    Martin Ohl nickte und trat zurück. »Ich bin froh, daß Sie es wissen.« Er wirkte wie abgestorben.
    »Sie waren ein blendender Schauspieler!« gab Kommissar Hellwig zu. Ohl trug einige Kleinigkeiten in den mit Büchern überfüllten Wohnraum und begann sie in eine blaue Lufthansatasche zu packen. Dabei erzählte er mit monotoner Stimme: »Wir waren heimlich verlobt und wollten nächstes Jahr heiraten.«
    »Aber Fräulein Cerbak war doch mindestens doppelt so alt wie Sie?« warf Hellwig ein.
    »Hat das was zu bedeuten? Sie war neununddreißig... ich bin sechsundzwanzig...« Er sah auf und starrte auf eine Fotografie: Nadja Cerbak. In einem Silberrahmen stand sie im Regal neben vier Bänden eines Philosophen. »Was bedeuten schon Jahre... Ich brachte ihr die Bücher«, fuhr Ohl stockend fort. »Sie bestand darauf, mir die Karten zu legen... Ich haßte diese Art, kostbare Zeit sinnlos zu opfern... Sie verdunkelte die Wohnung, kredenzte Wein und las in den Karten. Sie tat sehr merkwürdig dabei. Mitten im Legen hörte sie auf, verständlich zu sprechen, murmelte nur noch. Als sie die letzte Karte beiseite legte, lachte sie zuerst, und dann verhöhnte sie mich. Die Karten hätten es ihr wieder bewiesen, daß ich ein Versager sei... Sie nannte mich einen schäbigen Bücherwurm... Sie behauptete, die Verlobung sei für sie lediglich ein Experiment gewesen. Ich solle gehen und niemals wiederkommen... Es war wie in einem Theaterstück. Ich begriff zuerst gar nicht, daß ich darin die Hauptrolle spielte... Als ich mich nicht gleich erhob, kränkte und beschimpfte sie mich auf die ordinärste Weise... Sie ging ins Schlafzimmer, um den Verlobungsring zu holen, den ich ihr geschenkt hatte... Ja, und da ist es passiert... Ich kam erst wieder zu mir, als sie dalag... Es war... es war furchtbar... Sie war so schrecklich tot...«
    »Befand sich der Ring in dem Lederbeutel, den sie in der Hand hielt?«
    Ohl nickte. »Ich nahm ihn mit. Ebenso die Karten. Ich hätte sonst jede einzelne Karte abwischen müssen... Wissen Sie, es war, als würde mir eine innere Stimme befehlen, was ich alles zu tun hatte. Fingerabdrücke abwischen, Ring einstecken...«
    Noch immer starrte er auf die Fotografie.
    »Rauchen Sie Zigarren?« fragte der Kommissar.
    »Nein... Warum fragen Sie mich das?«
    »Das Zimmer roch nach kaltem Zigarrenrauch.«
    »Nadja paffte vor jedem Kartenbefragen ein paar Züge. Die angerauchten Zigarren spülte sie durch die Toilette. Sie behauptete, daß der Zigarrenrauch ihre Konzentration steigere...«
    Ohl zog den Reißverschluß der Tasche zu und sah Hellwig ausdruckslos an. Seine blutleeren Lippen bewegten sich kaum, als er fragte: »Wie sind Sie dahintergekommen?«
    »Das will ich Ihnen gern verraten. Als wir Ihnen sagten, daß man Fräulein Cerbak erdrosselt habe, erwähnten wir weder den Tag noch die Uhrzeit. Ihr Alibi bestand aus einer Kinokarte. Eine Kinokarte für eine Vorstellung, die genau zu Tag und Zeitpunkt des Mordes paßte. Anders gesagt: wußten etwas, was nur einer wissen konnte: der Mörder!«
    »Ich bin fertig«, sagte Ohl und nahm die Tasche. Er sah sich nicht ein

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