Lange Zähne
ihnen, ich hätte abgelehnt.«
«Hast du etwa was gegen Asiaten?
Bist du zu gut für uns?“
»Nein, das ist es nicht. Ich ...«
»Ich werde ihnen sagen, daß du
darüber nachdenkst. Hör zu, ich muß nach Hause und mich 'ne Runde aufs Ohr
hauen. Ich seh dich dann heute abend auf der Arbeit.« Troy ging davon.
»Du machst heute abend die
Mülltonnen sauber, Troy. Ich habe schließlich das Sagen, oder hast du das
vergessen? Und du solltest besser Simon und den Jungs nichts von alledem
erzählen.«
»Ganz wie du befiehlst,
furchtloser Führer«, rief Troy über seine Schulter.
Tommy stand auf dem Bürgersteig
und suchte nach einer besseren Drohung.
Auf halber Höhe des Blocks drehte
Troy sich um und brüllte: »He, Tommy!«
»Was?
»Du wirst eine hübsche Braut
abgeben.«
Blanke Mordlust blitzte in Tommys
Augen, als er Troy Lee nachsetzte.
Sonnenuntergang. Das Bewußtsein
traf Jody wie ein Eimer Eiswasser.
Es fehlt mir, groggy aufzuwachen
und darauf zu warten, daß der Kaffee durchläuft, dachte sie. Aufzuwachen,
während die Gedanken und Sorgen schon auf Hochtouren laufen, ist scheußlich.
Was habe ich mir denn bloß dabei
gedacht? Ich habe gerade mal eine halbe Stunde Zeit, um mich für ein Date
zurechtzumachen! Ich habe nichts anzuziehen. Ich kann schließlich nicht in
Sweatshirt und Jeans aufkreuzen, um diesen Typen zu bitten, mit mir
zusammenzuziehen. Außerdem weiß ich überhaupt nichts über ihn. Was, wenn er ein
Säufer ist oder ein Frauenschläger oder ein irrer Killer? Arbeiten diese Typen
nicht immer nachts in Lebensmittelgeschäften? Und die Nachbarn sagen immer: »Er
hat in der Nachtschicht gearbeitet und lebte sehr zurückgezogen. Wer hätte
ahnen können, daß er den Zeitungsjungen zu Gulasch verarbeiten würde?‹ , Aber er hat gesagt, ich wäre wunderschön, und jeder Mensch hat seine Fehler.
Wie komme ich dazu, mich als Richter aufzuspielen. Ich bin ein ...
Sie wollte nicht darüber
nachdenken, was sie war.
Jody war in ihre Jeans gesprungen und
versuchte nun eilig, das wenige Make-up, das sie mitgebracht hatte, auf ihr
Gesicht zu verteilen.
Ich kann im Dunkeln das
Kleingedruckte lesen, ich kann auf hundert Meter die Wärme-Aura einer Ratte in
ihrem Versteck sehen, aber ich kann mir immer noch nicht die Wimpern tuschen,
ohne mir dabei das Auge auszustechen, ging es ihr durch den Sinn.
Sie trat vom Spiegel zurück und
versuchte, gegen die Selbstkritik anzukämpfen - versuchte, sich selbst objektiv
zu betrachten.
Ich sehe aus wie das spezielle
TV-Angebot für die Mode-Unbewußten, dachte sie. So geht das nicht.
Sie riß sich vom Spiegel los, wart
noch einen letzten Blick hinein und zupfte ihr Haar zurecht, dann ging sie zur
Tür, dann warf sie noch einen letzten Blick in den Spiegel, dann ging sie zur
Tür, dann blieb sie stehen, um noch einen letzten Blick in den Spiegel zu
werfen ...
»Nein!« sagte sie laut. Sie lief
aus der Tür, die Treppe hinunter und zur Bushaltestelle an der Ecke, wo sie
nervös von einem Fuß auf den anderen trat, so als würde sie bei einem
Biertrink-Wettstreit auf ein freies Klo warten.
Tommy hatte den Tag damit
zugebracht, den fünf Wongs aus dem Weg zu gehen. Er beobachtete das Zimmer von
außen, bis er sicher war, daß sie alle gegangen waren, dann schlich er sich
hinein und griff sich ein paar saubere Klamotten, duschte, zog sich um und
schlich sich wieder hinaus. Er fuhr mit dem Bus zur Levis Plaza, wo er auf
einer Parkbank ein Nickerchen machte, während die Tauben und Möwen um ihn herum
um Krümel stritten. Der späte Nachmittag brachte eine kühle Brise von der Bucht
mit, die ihn fröstelnd aufwachen ließ.
Er ging die Samson hinauf nach
North Beach, während er versuchte, sich die Falte aus dem Hinterkopf zu
massieren, die die Parkbankbretter hinterlassen hatten. Als er an einer Gruppe
Teenager vorbeikam, die am Bordstein standen und bettelten, rief ein pummeliger
Junge. »Sir, haben Sie einen Quarter für Eyeliner übrig?«
Tommy grub in seiner Jeans und gab
dem Jungen sein ganzes Kleingeld. Niemand hatte ihn je zuvor »Sir« genannt.
»Oh, vielen Dank, Sir!» ereiferte
sich der Junge mit hoher, weibischer Stimme. Er streckte den anderen die Faust
voll Münzen hin, als hätte man ihm gerade das Heilmittel für Krebs geschenkt.
Tommy ging lächelnd weiter. Er
schätzte, daß Bettler ihn um die zehn Dollar pro Tag gekostet hatten, seit er
in die Stadt gekommen war zehn Dollar, die er eigentlich nicht übrig hatte. Er
schien außerstande, den
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