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Lange Zähne

Lange Zähne

Titel: Lange Zähne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Moore
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Vielleicht hatte Kurt ihn genommen ; aber
warum? Sie hatte ihm aus Höflichkeit die Schlüssel dagelassen. Eigentlich war
nicht vorgesehen, daß erden Wagen benutzte. So gut kannte Jody Kurt
noch nicht.
    Sie sah an dem Gebäude hoch. Die
Lichter in ihrem Apartment brannten. Jody konzentrierte sich auf das
Wohnzimmerfenster und konnte die Stimme von Louis Rukeyser hören, der feixend
einen Überblick über die Woche an der Wall Street gab. Kurt schaute sich vor
dem Zubettgehen gern aufgezeichnete Sendungen von Wall Street Week an.
Er sagte, es würde ihn entspannen, aber Jody argwöhnte, daß es ihn antörnte, kahl
werdenden Geldmanagern zuzuhören, die darüber redeten, wie sie mit Millionen
jonglierten. Naja, wenn er beim Anstieg des Dow Jones einen hochbekam, sollte
ihr das recht sein. Der letzte Typ, mit dem sie zusammengelebt hatte, wollte,
daß sie auf ihn pinkelte.
    Als sie gerade die Treppe
hinaufsteigen wollte, nahm sie aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahr. Jemand
hatte sich blitzschnell hinter einem Baum versteckt. Trotz der Dunkelheit
konnte Jody einen Ellenbogen und eine Schuhspitze hinter dem Baum erkennen,
aber etwas anderes machte ihr angst. Da war keine Wärme-Aura. Sie nicht zu
sehen war jetzt ebenso beunruhigend wie es noch vor einigen Minuten gewesen
war, sie zu sehen: Jody hatte sich so an sie gewöhnt, daß sie sie erwartete.
Wer immer dort hinter dem Baum stand, war ebenso kalt wie der Baum.
    Jody eilte die Stufen hinauf,
drückte den Summer und wartete, daß Kurt sich meldete.
    »Ja«, knisterte die Sprechanlage.
    »Kurt, ich bin's. Ich habe keinen
Schlüssel. Laß mich rein.«
    Das Schloß summte, und Jody war im
Haus. Durch die Scheibe blickte sie zurück auf die Straße. Sie war verlassen.
Die Gestalt hinter dem Baum war verschwunden.
    Sie lief die vier Treppen zu ihrer
Wohnung hinauf, wo Kurt sie schon an der Tür erwartete. Er trug Jeans und ein
Oxford-Hemd - ein durchtrainierter, blonder, dreißigjähriger Model-Typ, dessen
größter Traum es war, zu den Großen an der Wall Street zu gehören. Er nahm auf
Gehaltsbasis Aktienbestellungen bei einem Discount-Börsenmakler entgegen. Seine
Tage verbrachte er an einer Computertastatur mit einem Kopfhörer und Anzügen,
die er sich nicht leisten konnte, während er zuschaute, wie das Geld anderer
Leute an ihm vorbeifloß. Er hielt seine Hände hinter dem Rücken, um die
Klettband-Gelenkschoner zu verbergen, die er abends trug, um die Schmerzen der
Sehnenscheidenentzündung zu lindern. Er hätte die Gelenkschoner nicht im Traum
bei der Arbeit getragen ; Sehnenscheidenentzündungen waren etwas für
Arbeiter. Abends verbarg er seine Hände wie ein Kind mit Zahnspange, das Angst hatte
zu lächeln.
    »Wo bist du gewesen?“ fragte er,
eher wütend als besorgt.
    Jody hätte ein Lächeln und
Mitgefühl gebraucht, keine Rüge. Tränen sprangen ihr in die Augen. »Ich bin
heute abend überfallen worden. Jemand hat mich zusammengeschlagen und unter einen
Müllcontainer gestopft.“ Sie breitete umarmungsheischend die Arme aus. »Sie
haben mir die Hand verbrannt«, jammerte sie.
    Kurt drehte ihr den Rücken zu und
ging zurück in das Apartment. »Und wo warst du gestern nacht? Wo warst du heute
den ganzen Tag? Dein Büro hat heute ein dutzendmal angerufen.“
    Jody folgte ihm in die Wohnung.
»Gestern nacht? Wovon redest du?«
    »Sie haben deinen Wagen
abgeschleppt. Ich konnte den Schlüssel nicht finden, als die Straßenreinigung
kam. Du wirst ein Bußgeld bezahlen müssen.«
    »Kurt, ich weiß nicht, wovon du
redest. Ich habe Hunger, und ich habe Angst, und ich muß ins Krankenhaus.
Jemand hat mich überfallen, verdammt noch mal!«
    Kurt tat so, als würde er seine Videocassetten ordnen. »Wenn
du keine Beziehung willst, dann hättest du nicht mit mir zusammenziehen sollen.
Es ist ja nicht so, als würde ich keine anderen Gelegenheiten bei Frauen
haben.«
    Ihre Mutter hatte es ihr gesagt:
Fang nie was mit einem Mann an, der hübscher ist als du. »Kurt, sieh dir das
an.« Jody hielt ihre verbrannte Hand hoch. »Sieh her!«
    Kurt drehte sich langsam um und
sah sie an. Die Boshaftigkeit in seinem Gesichtsausdruck verwandelte sich in
Entsetzen. »Wie hast du denn das gemacht?«
    »Ich weiß es nicht, ich war bewußtlos.
Ich glaube, ich habe eine Gehirnerschütterung. Meine Sicht ist ... Alles sieht
seltsam aus. Würdest du mir jetzt bitte helfen?«
    Kurt fing an, in einem engen Kreis
um den Wohnzimmertisch zu tigern, und schüttelte dabei den Kopf. »Ich

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