Langoliers
letzteres. »Mort, bist du das? Bist du das, um Gottes willen? Mort? Mo …«
»Ja, ich bin es«, sagte er. Plötzlich fühlte er sich sehr müde.
»Verdammt, wo hast du gesteckt? Ich versuche seit drei Stunden, dich zu erreichen!«
»Ich habe geschlafen«, sagte er.
»Du hast den Stecker rausgezogen.« Sie sprach im müden, aber vorwurfsvollen Tonfall von jemand, der das schon einmal mitgemacht hat. »Nun, diesmal hast du dir dafür einen prima Zeitpunkt ausgesucht, Kumpel.«
»Ich habe versucht, dich gegen fünf anzurufen …«
»Da war ich bei Ted.«
»Nun, jemand war da«, sagte er. »Vielleicht …«
»Was soll das heißen, jemand war da?« fragte sie wie aus der Pistole geschossen. » Wer war da?«
»Verdammt, woher soll ich das wissen, Amy? Du bist diejenige in Derry, weißt du nicht mehr? Du Derry, ich Tashmore. Ich weiß nur, dass besetzt war, als ich versucht habe, dich anzurufen. Wenn du bei Ted warst, hat vermutlich Isabelle …«
»Ich bin immer noch bei Ted«, sagte sie, und nun klang ihre Stimme seltsam tonlos. »Ich glaube, ich werde künftig eine ganze Weile bei Ted bleiben, ob es mir passt oder nicht. Weißt du, jemand hat unser Haus niedergebrannt. Jemand hat es bis auf die Grundmauern niedergebrannt.« Und plötzlich fing Amy an zu weinen.
15
Er war so fixiert auf John Shooter, dass seine erste Vermutung, während er benommen in der Diele des verbleibenden Hauses der Raineys stand und den Hörer ans Ohr presste, die war, Shooter hätte das Haus niedergebrannt. Motiv? Aber gewiss doch, Officer. Er hat das Haus niedergebrannt, eine restaurierte viktorianische Villa, die um die achthunderttausend Dollar wert ist, um ein Magazin zu beseitigen. Ellery Queens Kriminalmagazin, um genau zu sein; die Ausgabe vom Juni 1980.
Aber konnten Shooter gewesen sein? Sicher nicht. Die Entfernung zwischen Tashmore und Derry betrug über hundert Meilen, und Bumps Leichnam war immer noch warm und weich gewesen, das Blut um den Schraubenzieher zäh, aber noch nicht trocken.
Wenn er sich beeilt hat …
Ach, hör schon auf, ja? Bald wirst du Shooter die Schuld an deiner Scheidung geben und denken, dass du sechzehn von vierundzwanzig Stunden schläfst, weil Shooter Phenobarb in dein Essen getan hat. Und dann? Du kannst anfangen, Briefe an die Zeitung zu schreiben und behaupten, Amerikas Kokaindealerkönig ist ein Herr aus Kuharsch, Mississippi, namens John Shooter. Dass er Jimmy Hofft getötet hat und außerdem der legendäre zweite Schütze war, der im November 1963 vom Grashügel auf Kennedy geschossen hat. Der Mann ist verrückt, okay … aber glaubst du im Ernst, er ist hundert Meilen nach Norden gefahren und hat dein gottverdammtes Haus angezündet, nur um ein Magazin zu verbrennen? Zumal Exemplare dieses Magazins noch überall in Amerika existieren müssen? Mach dich nicht lächerlich.
Trotzdem … wenn er sich beeilt hat …
Nein. Es war lächerlich. Aber, wurde Mort plötzlich klar, jetzt konnte er dem Mann seinen verdammten Beweis nicht zeigen, oder? Es sei denn …
Das Arbeitszimmer lag im hinteren Teil des Hauses; sie hatten den ehemaligen Dachboden des Fahrzeugschuppens umgebaut.
»Amy«, sagte er.
»Es ist so schrecklich!« weinte sie. »Ich war bei Ted, als Isabelle angerufen hat … sie sagte, es wären mindestens fünfzehn Löschwagen hier … Wasserschläuche … Leute … Schaulustige … Gaffer … du weißt, wie ich es hasse, wenn Leute kommen und das Haus angaffen, selbst wenn es nicht niedergebrannt ist …«
Er musste sich fest auf die Innenseiten der Wangen beißen, um nicht wiehernd loszulachen. Jetzt zu lachen, das wäre das Allerschlimmste, das Grausamste, was er tun konnte, denn er wusste es wirklich. Sein Erfolg in seinem selbstgewählten Gewerbe war, nach Jahren der Plage, eine große Erfüllung für ihn gewesen; manchmal kam er sich vor wie ein Mann, der einen Weg durch einen gefährlichen Dschungel gefunden hat, in dem die meisten anderen Abenteurer verschwinden, und damit hatte er einen kostbaren Preis errungen, Amy hatte sich mit ihm gefreut, jedenfalls anfänglich, aber für sie hatte alles eine bittere Kehrseite gehabt: den Verlust ihrer Identität nicht nur als Privatperson, sondern als eigenständige Person.
»Ja«, sagte er so sanft er konnte, biss sich aber immer noch auf die Wangen, um das drohende Gelächter zurückzuhalten. Wenn er lachte, lag es an ihrer unglücklichen Wortwahl, aber sie würde es nicht so sehen. Sie hatte sein Lachen in den Jahren
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