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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Hand auf die Brust. Der Kadaver, der noch nicht steif und nicht einmal ganz abgekühlt war, verlagerte sich unter seiner Hand. Morts Magen drehte sich wieder um, aber er zwang sich, die andere Hand um den gelben Plastikgriff des Schraubenziehers zu legen und ihn herauszuziehen.
    Er warf den Schraubenzieher auf die Veranda und hielt den armen alten Bump wie ein Bündel Lumpen in der rechten Hand. Jetzt war sein Magen im freien Fall und drehte und drehte und drehte sich einfach. Er hob eine der beiden Klappen auf dem Müllkasten und sicherte ihn mit der schweren Kette in der Öse, die verhindern sollte, dass der Deckel demjenigen auf Arme oder Kopf knallte, der Müll hineinschüttete. Drinnen standen drei Tonnen nebeneinander. Mort hob den Deckel der mittleren hoch und legte Morts Kadaver behutsam hinein. Dort lag er über einer olivgrünen Hefty-Plastiktüte wie eine Pelzstola.
    Plötzlich war er wütend auf Shooter. Wäre der Mann in diesem Augenblick in der Einfahrt erschienen, hätte Mort ihn ohne nachzudenken angegriffen – hätte ihn zu Boden geworfen und erwürgt, wenn er gekonnt hätte.
    Vorsicht – es ist ECHT ansteckend.
    Vielleicht war es das. Und vielleicht war ihm das auch einerlei. Es war nicht nur, dass Shooter seinen einzigen Gefährten in diesem einsamen Oktoberhaus am See getötet hatte; er hatte es obendrein getan, während Mort schlief, und zwar in einer Weise, die den armen alten Bump zu einem Objekt des Ekels gemacht hatte, bei dessen Anblick es einem schwer fiel, nicht zu kotzen.
    Am schlimmsten war die Tatsache, dass er gezwungen gewesen war, seine gute Katze in den Mülleimer zu legen wie ein wertloses Stück Abfall.
    Ich begrabe ihn morgen. Da drüben in der weichen Erde links vom Haus. Mit Blick auf den See.
    Ja, aber heute Nacht würde Bump würdelos auf einer Hefty-Plastiktüte in einem Müllkasten liegen, weil ein Mann – ein verrückter Dreckskerl – frei herumlaufen konnte, und der Mann hegte einen Groll wegen einer Geschichte, an die Mort Rainey in den vergangenen fünf Jahren oder so nicht einmal gedacht hatte . Der Mann war verrückt, und infolgedessen hatte Mort Angst, Bump heute Nacht noch zu begraben, weil Shooter, ob Nacht oder nicht, noch irgendwo da draußen sein konnte.
    Ich könnte ihn umbringen. Und wenn mich der verrückte Dreckskerl noch eine Weile zur Weißglut bringt, versuche ich es vielleicht sogar.
    Er ging hinein, schlug die Tür zu und schloss sie ab. Dann ging er aufmerksam durchs Haus und machte sämtliche Türen und Fenster zu. Als er das getan hatte, ging er wieder ans Fenster neben der Verandatür und sah ängstlich in die Dunkelheit. Er konnte den Schraubenzieher auf den Dielen liegen sehen, ebenso das dunkle runde Loch, wo Shooter ihn in die rechte Klappe des Müllkastens gebohrt hatte.
    Plötzlich fiel ihm wieder ein, dass er Amy anrufen wollte.
    Er steckte den Stecker in die Wand. Erwählte rasch – seine Finger drückten die altbekannten Ziffern – und fragte sich, ob er Amy von Bump erzählen würde.
    Nach dem einleitenden Klicken folgte eine unnatürlich lange Pause. Er wollte gerade auflegen, als ein letztes Klicken erfolgte – so laut, dass es fast ein Pochen war –, danach eine Roboterstimme, die ihm sagte, dass die Nummer, die er gewählt hatte, nicht erreichbar war.
    »Großartig«, murmelte er. »Verdammt, was hast du gemacht, Amy? Telefoniert, bis es kaputtgegangen ist?«
    Er drückte die Gabel hinunter, überlegte sich, dass er nun doch Isabelle Fortin anrufen musste, und während er in seinem Gedächtnis nach ihrer Nummer kramte, läutete das Telefon in seiner Hand.
    Ihm war nicht klar gewesen, wie aufgedreht er war, bis das geschah. Er stieß einen quietschenden Schrei aus und fuhr zurück, ließ den Telefonhörer fallen und wäre dann fast über die verdammte Bank gefallen, die Amy gekauft und neben das Telefontischchen gestellt hatte, die Bank, die überhaupt niemand, nicht einmal Amy selbst, je benützte.
    Er tastete mit einer Hand um sich, erwischte das Bücherregal und konnte so verhindern, dass er stürzte. Dann riss er den Hörer hoch und sagte: »Hallo? Sind Sie das, Shooter?« Denn in diesem Augenblick, in dem es schien, als würde die ganze Welt langsam, aber sicher auf den Kopf gestellt werden, konnte er sich nicht vorstellen, wer es sonst sein sollte.
    »Mort?« Es war Amy, und sie schrie fast. Er kannte den Tonfall nur zu gut aus den letzten beiden Jahren ihrer Ehe. Es war entweder Frustration oder Wut, wahrscheinlich

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