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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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klar, dass er ihr das in ihrem momentanen Kummer nicht auch noch aufladen konnte. Es war sein Problem.
    »Wenn es später passiert wäre, hättest du wenigstens deine Sachen retten können«, sagte sie. »Ich will gar nicht an die vielen Manuskripte denken, die du verloren haben musst, Mort. Wenn du nur vor zwei Jahren die feuerfesten Aktenschränke gekauft hättest, als Herb daraufhingewiesen hat, vielleicht …«
    »Ich glaube, das ist nicht so wichtig«, sagte Mort. »Ich habe das Manuskript des neuen Romans hier.« Das stimmte. Alle vierzehn beschissenen, hölzernen Seiten. »Zum Teufel mit dem Rest. Wir sehen uns morgen, Amy. Ich …«
    (liebe dich)
    Er machte den Mund zu. Sie waren geschieden. Konnte er sie noch lieben? Es schien fast pervers zu sein. Und selbst wenn, hatte er das Recht, es zu sagen?
    »Das alles tut mir schrecklich leid«, sagte er statt dessen.
    »Mir auch, Mort. So schrecklich leid.« Sie fing wieder an zu weinen. Jetzt konnte er jemand anderen – eine Frau, wahrscheinlich Isabelle Fortin – hören, die sie tröstete.
    »Geh schlafen, Amy.«
    »Du auch.«
    Er legte auf. Mit einemmal schien das Haus viel stiller zu sein als in den anderen Nächten, die er allein hier verbracht hatte; er konnte lediglich den Nachtwind um die Erker flüstern hören und weit entfernt einen Eistaucher, der im See rief. Er holte die Nachricht aus der Tasche, strich sie glatt und las sie noch einmal. So etwas sollte man für die Polizei aufheben. Man sollte es nicht einmal anfassen, bevor die Polizei die Möglichkeit gehabt hatte, es zu fotografieren und ihren Hokuspokus damit zu machen. Es war – bitte Trommelwirbel und Fanfarenstoß – ein BEWEISSTÜCK.
    Nun, drauf geschissen, dachte Mort und knüllte sie wieder zusammen. Keine Polizei. Dave Newsome, der hiesige Polizist, hatte wahrscheinlich Mühe, sich daran zu erinnern, was er zum Frühstück gegessen hatte, wenn das Mittagessen kam, und er konnte sich nicht vorstellen, mit der Sache zum County Sheriff oder der State Police zu gehen. Schließlich war ja kein Anschlag auf sein Leben verübt worden; seine Katze war ermordet worden, aber eine Katze war keine Person. Und im Kielwasser von Amys erschütternden Nachrichten schien John Shooter einfach nicht mehr so wichtig zu sein. Er gehörte zum Stamm der Irren, er hatte einen Sprung in der Schüssel, und er könnte gefährlich sein … aber Mort war mehr und mehr geneigt, sich selbst um die Sache zu kümmern, selbst wenn Shooter gefährlich war. Besonders wenn er gefährlich war.
    Das Haus in Derry hatte Vorrang vor John Shooter und John Shooters Hirngespinsten. Es hatte sogar Vorrang vor der Tatsache, wer es getan hatte – Shooter oder ein anderer Knallkopf mit einem Groll, einem geistigen Problem oder beidem. Das Haus und Amy. Sie war eindeutig in schlechter Verfassung, und es konnte nicht schaden, wenn er versuchte, ihr soviel Trost zu spenden, wie er konnte. Vielleicht würde sie sogar …
    Aber er verschloss seine Gedanken vor dem, was Amy vielleicht sogar machen könnte. Er sah in dieser Richtung nichts als Leid. Es war besser zu denken, dass die Straße in dieser Richtung völlig gesperrt war.
    Er ging ins Schlafzimmer, zog sich aus und legte sich mit den Händen hinter dem Kopf hin. Der Eistaucher rief erneut, verzweifelt und fern. Wieder musste er daran denken, dass Shooter da draußen sein konnte, herumschlich, sein Gesicht ein blasser Kreis unter dem schwarzen Hut. Shooter war verrückt, und obwohl er mit Händen und einem Schraubenzieher auf Bump losgegangen war, schloss das die Möglichkeit nicht aus, dass ertrotz allem eine Schusswaffe besaß.
    Aber er glaubte nicht, dass Shooter da draußen war, bewaffnet oder unbewaffnet.
    Anrufe, dachte er. Ich muss mindestens zwei auf dem Weg nach Derry erledigen. Greg Carstairs und Herb Creekmore. Es ist zu früh, sie von hier zu machen, wenn ich um sieben gehe, aber ich könnte einen Münzfernsprecher bei den Gebührenhäuschen in Augusta benützen …
    Er drehte sich auf die Seite und dachte, dass es lange dauern würde, bis er heute Nacht einschlief … doch dann rollte der Schlaf über ihn hinweg wie eine glatte dunkle Woge, und falls jemand in der Nacht geschlichen kam, um ihn im Schlaf zu betrachten, wusste er es nicht.

 
16
     
    Der Wecker weckte ihn um Viertel nach sechs, und um sieben war er unterwegs, genau wie geplant. Er hatte zehn Meilen zurückgelegt und fuhr nach Mechanic Falls hinein, einer emsigen Metropole, die aus einer Textilfabrik

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