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Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatte, die Schreie des kleinen Mädchens hatten nichts mit der verlassenen ersten Klasse zu tun gehabt, aber er klammerte sich an diesen Gedanken wie zuvor an den anderen. Es half, also warum nicht? Alles andere war verrückt – so verrückt, dass er sich elend und fiebrig fühlte, wenn er nur versuchte, darüber nachzudenken. Außerdem hatte er auch gar keine Zeit zum Nachdenken, einfach keine Zeit, und er stellte fest, dass auch das eine Erleichterung war.
    »Brian Engle«, sagte er. »Freut mich, Sie kennen zu lernen, auch wenn die Umstände …« Er zuckte hilflos die Achseln. Was waren die Umstände denn genau? Ihm fiel kein Adjektiv ein, mit dem sie sich angemessen beschreiben ließen.
    »Etwas bizarr sind, richtig?« stimmte Hopewell zu. »Am besten ist es wahrscheinlich, man denkt momentan gar nicht weiter darüber nach. Antwortet die Besatzung?«
    »Nein«, sagte Brian und schlug unvermittelt und frustriert mit der Hand gegen die Tür.
    »Sachte, sachte«, beruhigte Hopewell. »Erklären Sie mir das mit der Mütze, Mr. Engle. Sie haben keine Ahnung, mit wie viel Befriedigung und Beruhigung es mich erfüllen würde, Sie als Kapitän Engle anzusprechen.«
    Brian grinste, er konnte nicht anders. »Ich bin Kapitän Engle«, sagte er, »aber unter den Umständen können Sie mich, glaube ich, Brian nennen.«
    Nick Hopewell ergriff Brians linke Hand und küsste sie herzhaft. »Ich glaube, ich werde Sie statt dessen Erretter nennen«, sagte er. »Würde Ihnen das schrecklich viel ausmachen?«
    Brian warf den Kopf zurück und fing an zu lachen. Nick stimmte ein. Sie standen vor der verschlossenen Tür in einem fast verlassenen Flugzeug und lachten hysterisch, als der Mann im roten Hemd und der Mann im Rollkragenpullover eintraten und sie beide ansahen, als hätten sie vollkommen den Verstand verloren.
     
3
     
    Albert Kaussner hielt das Haar mehrere Augenblicke in der Hand und betrachtete es nachdenklich. Im Licht der Deckenlampen sah es schwarz und glänzend aus, ein regelrechter Pelz, und es überraschte ihn nicht, dass es dem kleinen Mädchen eine Heidenangst eingejagt hatte. Es hätte auch Albert angst gemacht, hätte er es nicht sehen können.
    Er warf die Perücke wieder auf den Sitz zurück, betrachtete die Handtasche neben dem Sitz und dann eingehender, was neben der Handtasche lag. Es war ein einfacher goldener Trauring. Er hob ihn auf, untersuchte ihn und legte ihn wieder zurück, wo er gelegen hatte. Er ging langsam in den rückwärtigen Teil des Flugzeugs. Kaum eine Minute später war Albert so erstaunt, dass er ganz vergessen hatte, wer das Flugzeug flog oder wie zum Teufel sie wieder runterkommen sollten, falls es der Autopilot war.
    Die Passagiere von Flug Nr. 29 waren fort, aber sie hatten eine sagenhafte – und manchmal verwirrende – Schatztruhe zurückgelassen. Albert fand auf fast jedem Sitz Schmuck: hauptsächlich Trauringe, aber auch Diamanten, Smaragde und Rubine. Ohrringe, die meistens billig aussahen, aber Albert war der Meinung, es waren auch ein paar ziemlich teure darunter. Seine Mom hatte ein paar erlesene Stücke, aber manches hier ließ ihren Schmuck im Vergleich wie billigen Tinnef aussehen. Er fand Broschen, Halsketten, Manschettenknöpfe, Namenskettchen. Und Uhren, Uhren, Uhren. Von der Timex bis zur Rolex, es schienen mindestens zweihundert zu sein, die auf den Sitzen lagen, auf dem Boden zwischen den Sitzen, in den Gängen. Sie funkelten im Licht.
    Mindestens sechzig Brillen. Nickelbrillen, Hornbrillen, Stahlbrillen. Normale Formen, ausgefallene Formen, Brillen mit in die Bügel eingelassenen Bergkristallen. Ray-Bans, Polaroids und Foster Grants.
    Gürtelschnallen, Sicherheitsnadeln und haufenweise Kleingeld. Keine Scheine, aber gut und gerne vierhundert Dollar in Vierteldollarmünzen, Zehn- und Fünfcentstücken und Pennies. Brieftaschen – nicht so viele wie Handtaschen, aber dennoch ein gutes Dutzend, aus kostbarem Leder und aus Plastik. Taschenmesser. Mindestens ein Dutzend kleine Taschenrechner.
    Und noch andere Seltsamkeiten. Er hob einen fleischfarbenen Plastikzylinder auf und untersuchte ihn fast dreißig Sekunden, bis er zum Ergebnis kam, dass es sich tatsächlich um einen Vibrator handelte und er ihn hastig wieder weglegte. Ein kleiner goldener Löffel an einer goldenen Kette. Hier und da glitzerte Metall hell auf den Sitzen oder dem Boden, weitgehend Silber, aber auch mitunter Gold. Er hob ein paar Stücke auf, um die fassungslose Einschätzung seines Verstands zu

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