Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
Buick ein und fuhr los.

 
33
     
    Als er vor dem Gemeindezentrum ankam, parkte ein einziges Fahrzeug in der Zufahrt – ein steinalter Ford Bronco mit einer Plane hinten und einem Schild mit der Aufschrift SONNY TROTTS – MALERARBEITEN WARTUNG TISCHLEREI auf jeder Tür. Mort sah Sonny selbst, einen kleinen Mann um die vierzig mit Glatze und fröhlichen Augen, auf einem Gerüst stehen. Er strich mit ausholenden Bewegungen, während aus dem Kassettenrecorder neben ihm etwas Las-Vegas-Mäßiges von Ed Ames oder Tom Jones dröhnte – jedenfalls von einem dieser Typen, die beim Singen immer die obersten drei Hemdknöpfe offen hatten.
    »Hi, Sonny!« rief Mort.
    Sonny strich weiter und bewegte den Arm fast im perfekten Rhythmus, während Ed Ames – oder wer auch immer – die musikalische Frage stellte, was ein Mann ist was er hat. Das waren Fragen, die sich Mort selbst schon das eine oder andere Mal gestellt hatte, freilich ohne Bläserbegleitung.
    »Sonny!«
    Sonny zuckte zusammen. Weiße Farbe spritzte vom Ende seines Pinsels, und Mort dachte einen erschrockenen Augenblick, er würde tatsächlich vom Gerüst fallen. Dann bekam er eines der Seile zu fassen, drehte sich um und sah herunter. »Oh, Mr. Rainey!« sagte er. »Sie haben mir aber einen ordentlichen Schüttler verpasst!«
    Aus irgendeinem Grund musste Mort an den Türknauf in Alice im Wunderland denken und einen wiehernden Lachanfall unterdrücken.
    »Mr. Rainey? Alles in Ordnung?«
    »Ja.« Mort schluckte verkrampft. Das war ein Trick, den er vor schätzungsweise tausend Jahren in der Gemeindeschule gelernt hatte, und es war die einzig narrensichere Methode, nicht zu lachen, die Mort kannte. Aber er tat weh, wie die meisten wirksamen Tricks. »Ich dachte, Sie würden runterfallen.«
    »Ich doch nicht«, sagte Sonny und lachte selbst. Er würgte die Stimme aus dem Recorder ab, als sie gerade zu einem neuen Sturm von Gefühlsausbrüchen anhub. »Tom fällt vielleicht runter, aber ich doch nicht.«
    »Wo ist Tom?« fragte Mort. »Ich wollte mit ihm reden.«
    »Er hat vorhin angerufen und gesagt, er kann heute nicht kommen. Ich habe ihm gesagt, dass mache nichts, es gebe sowieso nicht genügend Arbeit für zwei.«
    Sonny sah verschwörerisch zu Mort hinunter.
    »Das stimmt natürlich nicht, aber diesmal hat sich Tom einfach zuviel zugemutet. Dies ist keine Arbeit für einen alter Tottler. Er sagte, er wäre am Rücken völlig im Eimer. Muss stimmen. Er hat sich gar nicht wie er selbst angehört.«
    »Um wie viel Uhr war das?« fragte Mort und gab sich größte Mühe, beiläufig zu klingen.
    »Früh«, sagte Sonny. »Sechs oder so. Ich wollte gerade meinen morgendlichen Gang ins alte Scheißorium antreten. Bin schrecklich regelmäßig.« Es hörte sich an, als wäre Sonny darauf ungeheuer stolz. »Tom weiß natürlich, um wie viel Uhr ich aufstehe und mein Geschäft erledige.«
    »Aber er hat sich nicht gut angehört?«
    »Nee. Ganz und gar nicht wie er selbst.« Sonny machte eine Pause und runzelte die Stirn. Er sah aus wie ein Mann, der sich größte Mühe gibt, sich an etwas zu erinnern. Dann zuckte er kurz die Achseln und fuhr fort. »Der Wind vom See gestern war tückisch. Wahrscheinlich hat er sich erkältet. Aber Tommy hat eine eiserne Konstitution. Einen oder zwei Tage – und er ist wie der auf dem Damm. Ich mache mir mehr Sorgen, dass er gedankenverloren vom Gerüst fallen könnte.« Sonny deutete mit dem Pinsel auf die Gerüstdielen, wobei eine Reihe weißer Tropfen an seinen Schuhen vorbei über das Brett wanderten. »Kann ich etwas für Sie tun, Mr. Rainey?«
    »Nein«, sagte Mort. Unter seinem Herzen lag eine dumpfe Kugel des Grauens wie ein Stück zusammengeknülltes Segeltuch. »Haben Sie übrigens Greg gesehen?«
    »Greg Carstairs?«
    »Ja.«
    »Heute morgen nicht. Aber der hat natürlich mit dem Fuhrpark zu tun. Steht später auf als wir alle, der.«
    »Nun, ich habe gedacht, er wollte auch vorbeikommen und mit Tom reden«, sagte Mort. »Stört es Sie, wenn ich eine Weile warte? Vielleicht kommt er ja noch.«
    »Seien Sie mein Gast«, sagte Sonny. »Stört Sie die Musik?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Heutzutage kann man echt klasse Bänder per Fernseher bestellen. Man muss ihnen nur seine Mastercard-Nummer durchsagen. Und muss nicht mal für den Anruf bezahlen. Es ist eine Achthunderternummer.« Er bückte sich zu dem Recorder, dann sah er ernst zu Mort herunter. »Das ist Roger Whittaker«, sagte er mit leiser, ehrfürchtiger

Weitere Kostenlose Bücher