Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Langoliers

Titel: Langoliers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
der ganzen Welt gibt, die herumwuseln. So hat er sich immer ausgedrückt. Mein Vater hat in seinem ganzen Leben kein Kind laufen gesehen. Sie wuselten immer nur. Ich glaube, dieses Wort gefiel ihm, weil es sinnlose, ziellose, nichtproduktive Arbeit beinhaltet. Man könnte gewissermaßen sagen, dass die Langoliers die personifizierte Zielstrebigkeit sind.«
    »Was haben die Kinder gemacht, das so schlimm war?« fragte Dinah. »Was haben sie so Schlimmes gemacht, dass die Langoliers hinter ihnen herlaufen mussten?«
    »Weißt du, ich bin froh, dass du diese Frage gestellt hast«, sagte Craig. »Denn wenn mein Vater sagte, jemand wäre böse, dann meinte er damit faul. Ein fauler Mensch konnte nicht in DAS GROSSE BILD gehören. Unmöglich. In meinem Haus gehörte man entweder in DAS GROSSE BILD, oder man DRÜCKTE sich, und schlimmer konnte man nicht sein. Mord und Totschlag waren hässliche Sünden, verglichen mit sich DRÜCKEN. Er sagte, wenn man nicht ganz und gar in DAS GROSSE BILD gehörte, kamen die Langoliers und nahmen einen völlig heraus. Er sagte, eines Nachts würde man im Bett liegen, und dann würde man sie kommen hören … sie knirschten und mampften sich auf einen zu … und selbst wenn man versuchte davonzuwuseln, erwischten sie einen. Weil sie so schnelle kleine …«
    »Das reicht«, sagte Laurel. Ihre Stimme war tonlos und trocken.
    »Aber das Geräusch ist zu hören«, sagte Craig. Seine Augen sahen sie strahlend, beinahe freundlich an. »Das können Sie nicht bestreiten. Das Geräusch ist da dr …«
    »Hören Sie auf, oder ich schlage Sie höchstpersönlich mit etwas«, sagte Laurel.
    »Okay«, sagte Craig. Er rollte sich auf den Rücken, verzog das Gesicht und drehte sich weiter, auf die andere Seite und weg von ihnen. »Man hat es mit der Zeit leid, immer geprügelt zu werden, wenn man gefesselt und wehrlos ist.«
    Dieses Mal wurde Laurels Gesicht nicht warm, sondern regelrecht heiß. Sie biss sich auf die Lippe und sagte nichts. Ihr war zum Weinen zumute. Wie sollte sie mit so etwas zurechtkommen? Wie? Zuerst schien der Mann so verrückt wie eine Bettwanze zu sein und dann wieder so normal, wie man nur sein konnte. Und zu alledem war die ganze Welt – DAS GROSSE BILD von Mr. Toomy – zum Teufel gegangen.
    »Ich wette, Sie haben Angst vor Ihrem Dad gehabt, richtig, Mr. Toomy?«
    Craig sah Dinah über die Schulter hinweg verblüfft an. Er lächelte, aber dieses Lächeln war anders. Es war ein leutseliges, gekränktes Lächeln ohne Werbewirksamkeit. »Diesmal hast du die Zigarre gewonnen, Miss«, sagte er. »Ich hatte entsetzliche Angst vor ihm.«
    »Ist er tot?«
    »Ja.«
    »Hat er sich GEDRÜCKT? Haben die Langoliers ihn erwischt?«
    Craig dachte lange nach. Er erinnerte sich, man hatte ihm gesagt, dass sein Vater im Büro einen Herzanfall gehabt hatte. Als seine Sekretärin ihn zur Sitzung um zehn Uhr rufen wollte und keine Antwort bekam, war sie eingetreten und hatte ihn mit offenen Augen und Schaum vor dem Mund tot aufgefunden.
    »Mr. Toomy? Haben sie ihn erwischt?«
    »Ja«, sagte Mr. Toomy nachdenklich. »Ich glaube, er hat sich gedrückt, und ich glaube, sie haben ihn erwischt.«
    »Mr. Toomy?«
    »Was?«
    »Ich bin sicher nicht so, wie sie mich sehen. Ich bin nicht hässlich. Keiner von uns ist hässlich.«
    Er sah sie erstaunt an. »Woher kannst du wissen, wie ihr für mich ausseht, kleine blinde Miss?«
    »Sie wären überrascht«, sagte Dinah.
    Laurel wandte sich zu ihr und fühlte sich plötzlich unbehaglicher denn je … aber es gab selbstverständlich nichts zu sehen. Dinahs dunkle Brille widersetzte sich jeglicher Neugier.
     
3
     
    Die anderen Passagiere standen auf der anderen Seite der Wartehalle, lauschten dem leisen, knirschenden Laut und sagten nichts. Es war, als gäbe es nichts mehr zu sagen.
    »Was machen wir jetzt?« fragte Don. Er schien in seinem roten Holzfällerhemd verwelkt zu sein. Albert fand, dass auch das Hemd selbst einen Großteil seiner fröhlichen Macho-Ausstrahlung verloren hatte.
    »Ich weiß nicht«, sagte Brian. Er spürte eine schreckliche Ohnmacht in seinen Eingeweiden nagen. Er betrachtete das Flugzeug, welches eine Zeitlang sein Flugzeug gewesen war, und war gerührt von den klaren Linien und seiner anmutigen Schönheit. Die Delta 727, die links davon am Jetway stand, sah im Vergleich dazu wie eine schwerfällige Matrone aus. Du findest, dass es gut aussieht, weil es nie wieder fliegen wird, das ist alles. Es ist, als würde man nur einen

Weitere Kostenlose Bücher