Langoliers
hemmungslose sexuelle Faszination, aber eigentlich glaube ich das nicht.« Sie machte eine Pause, lächelte und fügte hinzu: »Jedenfalls noch nicht. Er hat etwas gesagt das Flugzeug wäre mehr da. Und mein Parfüm wäre weniger da , was Coco Chanel oder wie sie heißt wahrscheinlich nicht gefallen würde. Und Gegenverkehr, ich hab’s nicht kapiert. Eigentlich hat er nur gestammelt.«
»Ich wette, ich weiß es«, sagte Dinah.
»Was vermutest du, Liebes?«
Dinah schüttelte den Kopf. »Ich hoffe nur, sie beeilen sich. Denn der arme Mr. Toomy hat ganz recht. Die Langoliers kommen.«
»Dinah, sie sind nur etwas, das sein Vater erfunden hat.«
»Vielleicht waren sie einmal etwas Erfundenes«, sagte Dinah und wandte die blinden Augen wieder dem Fenster zu, »aber jetzt nicht mehr.«
6
»Also gut, Ace«, sagte Nick. »Fang an mit der Vorstellung.«
Alberts Herz klopfte, seine Hände zitterten, als er die vier Elemente seines Experiments auf dem Regal in der ersten Klasse ausbreitete, wo vor tausend Jahren und auf der anderen Seite des Kontinents eine Frau namens Melanie Trevor einen Karton Orangensaft und zwei Flaschen Champagner beaufsichtigt hatte. Brian sah genau zu, wie Albert ein Streichholzbriefchen, eine Flasche Budweiser, eine Dose Pepsi und ein Sandwich mit Erdnußbutter und Marmelade aus der Kühltheke des Restaurants hinlegte. Das Sandwich war in Plastikfolie verpackt.
»Okay«, sagte Albert und holte tief Luft. »Mal sehen, was wir hier haben.«
7
Don verließ das Restaurant und ging zu den Fenstern. »Was ist los?«
»Wir wissen es nicht«, sagte Bethany. Es gelang ihr, einem ihrer Streichhölzer eine Flamme zu entlocken und wieder zu rauchen. Als sie die Zigarette aus dem Mund nahm, sah Laurel, dass sie den Filter abgerissen hatte. »Sie sind ins Flugzeug gegangen; sie sind immer noch im Flugzeug; Ende der Geschichte.«
Don sah ein paar Sekunden hinaus. »Es sieht draußen anders aus. Ich kann nicht sagen, warum, aber es ist so.«
»Das Licht schwindet«, sagte Dinah. »Das ist anders.« Ihre Stimme war ruhig, aber ihr kleines Gesicht war eine Maske aus Einsamkeit und Angst. »Ich kann spüren, wie es schwindet.«
»Sie hat recht«, stimmte Laurel zu. »Wir haben erst seit zwei oder drei Stunden Tageslicht, aber es wird schon wieder dunkel.«
»Ich denke immer noch, es ist ein Traum, wissen Sie«, sagte Don. »Ich denke, es ist der schlimmste Alptraum, den ich je hatte, aber ich werde bald aufwachen.«
Laurel nickte. »Wie geht es Mr. Toomy?«
Don lachte humorlos. »Sie werden es nicht glauben.«
»Was nicht glauben?« fragte Bethany.
»Er ist eingeschlafen.«
8
Craig Toomy war selbstverständlich nicht eingeschlafen. Menschen, die in entscheidenden Augenblicken einschliefen wie der Bursche, der Wache halten sollte, während Jesus im Garten Gethsemane betete, gehörten ganz eindeutig nicht in DAS GROSSE BILD.
Er hatte die beiden Männer genauestens aus nicht ganz geschlossenen Augen beobachtet und sehnlichst gewünscht, einer oder beide würden weggehen. Schließlich ging der im roten Hemd weg. Warwick, der kahle Mann mit der großen Zahnprothese, kam herüber zu Craig und bückte sich. Craig machte die Augen ganz zu.
»He«, sagte Warwick und blies Craig schalen Zahnprothesenatem ins Gesicht. »He, sind Sie wach?«
Craig lag still, hatte die Augen zu, atmete regelmäßig. Er überlegte, ob er leise schnarchen sollte, entschied sich aber dagegen.
Warwick stieß ihn in die Seite.
Craig hielt die Augen geschlossen und atmete weiter gleichmäßig.
Platte richtete sich auf, stieg über ihn hinweg, ging zur Restauranttür und beobachtete die anderen. Craig machte die Augen einen Spalt auf und vergewisserte sich, dass Warwick ihm den Rücken zukehrte. Dann bewegte er ganz leise und ganz vorsichtig die Handgelenke in der engen Acht aus Stoff, mit der er gefesselt war, auf und ab. Das Tischtuchseil war bereits lockerer.
Er bewegte die Handgelenke in kurzen Stößen, beobachtete Warwicks Rücken und war allzeit bereit, wieder stilzuliegen und die Augen zuzumachen, sollte Warwick Anstalten treffen, sich umzudrehen. Er zwang Warwick im Geiste, sich nicht umzudrehen. Er wollte frei sein, ehe die Arschlöcher aus dem Flugzeug zurückkamen. Besonders das englische Arschloch, das ihm an der Nase weh getan und ihn getreten hatte, als er am Boden lag. Das englische Arschloch hatte ihn ziemlich fest gefesselt; Gott sei Dank war es nur ein Tischtuch und nicht ein Stück
Weitere Kostenlose Bücher