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Lanzarote

Lanzarote

Titel: Lanzarote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michel Houellebecq
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hätte es getan. So weit war ich schon in Bezug auf den Belgier. Sexuell hingegen fühlte ich mich eher von den beiden Deutschen angesprochen, zwei stark gebauten Geschöpfen mit schweren Brüsten. Wahr scheinlich Lesben; aber ich für meinen Teil schaue sehr gern dabei zu, wenn zwei Frauen sich gegenseitig wichsen und die Muschis lecken; mangels lesbischer Freundinnen ist mir dieses Vergnügen gemeinhin nicht vergönnt.
    Der Höhepunkt des Ausfugs – in topographischer wie emotionaler Hinsicht – bestand in einem Halt beim Mirador de Timanfaya. Damit wir die Möglichkeiten des Ortes hinrei chend nutzen konnten, war ein Aufenthalt von zwei Stunden Dauer vorgesehen. Am Anfang stand eine kurze Vorführung durch einen Angestellten der Einrichtung, dadurch sollte der vulkanische Charakter der Umgebung erlebbar werden. In eine Spalte im Erdreich wurden Koteletts eingeführt; als man sie rauszog, waren sie gegrillt. Begeisterte Rufe, Applaus. Ich erfuhr, dass die Deutschen mit Vornamen Pam und Barbara hießen, der Belgier Rudi. Sodann eröffneten sich verschiedene Möglichkeiten. Man konnte Souvenirs erstehen oder das Re staurant aufsuchen, um die Internationale Küche zu genießen. Die Sportlichsten konnten einen Kamelritt wählen.
    Ich drehte mich um und sah Rudi bei der Herde stehen, die aus rund zwanzig Tieren bestand. Der Gefahr nicht bewusst, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, ging er wie ein neugieriges Kind auf die Ungeheuer zu, die ihm ihre langen, beweglichen, schlangenhaften Hälse entgegenreckten, an de ren Ende keine, grausame Häupter saßen. Ich eilte ihm zu Hil fe. Von allen Tieren der Schöpfung ist das Kamel unbestreitbar eines der aggressivsten und heimtückischsten. Nur wenige höhere Wirbeltiere – allenfalls einige Affen – machen einen derart bösartigen Eindruck. In Marokko werden Touristen, die diesen Tieren die Schnauze streicheln möchten, häufg mehrere Finger abgebissen. »Ich habe der Dame gesagt, sie soll aufpassen!« klagt dann der heuchlerische Kameltreiber. »Ka mel nicht gut ...« Die Finger sind trotzdem ab und tatsächlich verschluckt.
    »Bei Kamelen muss man aufpassen!«, rief ich fröhlich. »Au ßerdem sind das Dromedare.« »Im Lexikon werden sie als einhöckerige Kamele bezeichnet, und auf Latein heißen sie Camelus dromedarius«, meinte er gedankenverloren, ohne sich zu bewegen.
    In diesem Moment kam der Kameltreiber zurück und ver setzte dem nächsten Tier einen heftigen Hieb auf die Schnau ze; zornig schnaubend zog es sich zurück.
    »Cameltrip, Mister?« »Nein, nein, ich wollte sie nur anse hen«, antwortete Rudi geheimnisvoll.
    Jetzt kamen auch die beiden Deutschen herbei, lächelnd vor Aufregung. Ich hätte gern zugesehen, wie sie die Kamele besteigen, aber der nächste Ritt sollte erst in einer Viertel stunde stattfnden. Um die Zeit totzuschlagen, kaufte ich in der Souvenirbude einen Schlüsselanhänger in Vulkanform. Später, gegen Abend, auf der Rückfahrt ins Hotel, verfasste ich als Hommage an die französischen hermetischen Dichter folgende Zeilen:
            Kamel,
            Gegenwart der Kamele.
            Mein Minibus bat sich verfahren.

    »Das war ein schöner Tag«, dachte ich, als ich wieder auf meinem Zimmer war und den Inhalt der Minibar erkundete. »Wirklich ein sehr schöner Tag ...« Es war immerhin schon Montag. Eine Woche auf dieser Insel dürfte ganz erträglich sein. Nicht wirklich toll, aber erträglich.

- 4

    Ich rede langsam; ich lebe langsam: ich verkaufe Telefone im März, im April und im September.
    (Gruneberg und Jacobs: Spanisch durch Vorstellungsassozi ation)

    Be i Badeurlauben wie vielleicht auch sonst ganz allgemein im Leben ist der einzige wirklich erfreuliche Augenblick das Frühstück. Ich bediente mich dreimal vom Buffet: Chorizo, Rührei... warum mir etwas versagen? Früher oder später würde ich jedenfalls an den Pool gehen müssen. Deutsche Touristen hatten dort bereits mit Badetüchern Plastikliegen reserviert. Am Nebentisch fraß ein riesiger Hooligan mit Schnurrbart und rasiertem Schädel kaltes Fleisch. Er trug eine schwarze Lederhose und ein T-Shirt mit Mo törhead -Aufdruck. Die Frau zu seiner Seite war wirklich obszön mit ihren dicken Silikon brüsten, die aus einem winzigen Bikini-Oberteil quollen; die rosa Latex-Dreiecke bedeckten kaum mehr als die Brustwar zen. Wolken zogen rasch über den Himmel. Über den Himmel von Lanzarote, so stellte ich bald fest, ziehen unablässig Wol ken nach

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