Lanze und Rose
Gründen.«
»Und welche waren das?«
»Nun ja, zuerst einmal hatte ich mir nach Annas Tod gelobt, nie wieder eine Frau zu lieben.«
»Warum?«
Liam zuckte die Achseln und verzog unschlüssig den Mund.
»Wahrscheinlich hatte ich Angst, wieder zu leiden«, erklärte er mit ernster Stimme.
»Und die anderen Gründe?«
»Sie wurde wegen Mordes gesucht. John hätte niemals erlaubt, dass sie im Tal bleibt. Er hatte dem König versichert, dass der Clan ein mustergültiges Verhalten an den Tag legen würde. Auch nur zeitweilig eine Frau zu beherbergen, die wegen Mordes gesucht wurde, entsprach nicht gerade diesen Grundsätzen. Außerdem war da Colin, der ihr ganz offen den Hof machte.«
»Ach ja, Colin …«
»Also bin ich für ein paar Tage fortgegangen, um mir über alles klarzuwerden. Caitlin hatte ich in Sàras Obhut gelassen. Ich habe geglaubt, dass die Entfernung mein Problem regeln würde, dass ich sie vergessen könnte. Sie war sehr schön, und es machte mich verrückt vor Begehren, auch nur in ihrer Nähe zu sein. Ich musste sie vergessen, durfte sie nie wiedersehen.«
»Aber es ist anders gekommen, nicht wahr? Du konntest sie einfach nicht aus dem Kopf bekommen, und bei Nacht hat dich die Erinnerung an sie gequält, oder?«
Liam lächelte. Sein Sohn schien die Qualen, von denen er sprach, gut zu kennen. Er nahm seine Brosche ab, steckte sie in seinen Sporran und wickelte sich dann in sein Plaid. Die Nacht versprach eisig zu werden.
»Noch schlimmer: Mein Herz schlug nur noch für sie. Um sie bei mir zu behalten, hätte ich mich auch von meinem Clan verbannen lassen. Doch unterdessen hatte ich herausgefunden, dass sie nicht mehr wegen des Mordes an Lord Dunning gesucht wurde.«
»Sondern du …«
»Ja. Wenn also jemand das Tal verlassen musste, dann ich und nicht Caitlin. Angesichts dieser neuen Wendung fand ich, dass mich nichts mehr daran hinderte, sie zu heiraten. Doch als ich nach Carnoch zurückkehrte, war sie schon fort. Ich habe wirklich geglaubt, sie für immer verloren zu haben. Und in diesem Moment wusste ich es.«
»Was?«, fragte Duncan leicht ungeduldig.
»Nun ja, dass ich sie wirklich liebte. Erst durch die Angst, jemanden oder etwas zu verlieren, erkennen wir, wie sehr wir daran hängen.«
»Aber was geschieht, wenn uns jemand verboten ist, unerreichbar?«
Duncans Stimme war kaum noch zu hören. Liam betrachtete ihn mit einem zärtlichen Blick. Mein Sohn hat sich in eine Campbell verliebt. Möge Gott ihm helfen!
»Nichts ist unerreichbar, wenn man es wirklich will. Man muss allerdings etwas aufs Spiel setzen.«
»Sogar, wenn die Folgen katastrophal sein können?«
»Liebst du sie wirklich, mein Sohn?«
Der junge Mann fuhr zusammen und wandte ihm dann einen verunsicherten Blick zu.
»Ob ich sie wirklich liebe? Das ist ja gerade die Frage, die ich mir ohne Unterlass stelle, Vater«, gestand er schließlich. »Sie ist nämlich ein richtiger Feuerkopf.«
Liam lachte laut auf und klopfte seinem Sohn voller Zuneigung auf die Schulter.
»Sie ist eine Campbell, vergiss das nicht.«
»Wie könnte ich? Ne obliviscaris!«
Duncan schloss einen Moment die Augen, dann schlug er sie wieder auf und lächelte ihm abgespannt zu.
»Was ist geschehen?«
»Nichts, das ist es ja gerade. Ich dachte, dass … Ich habe mich ihr gegenüber sehr korrekt verhalten. Ich meine … Ich habe sie wie eine Dame behandelt. Und dann, irgendwann, hatte ich den Eindruck, dass sie Vertrauen zu mir fasste … Da habe ich …«
»Du hast doch nicht versucht, sie zu … verführen?«
Duncan antwortete nicht sofort. Liam seufzte verdrossen.
»Du hast ja recht, aber ich habe nichts erzwungen, Vater, das schwöre ich dir. Sie selbst hat in letzter Minute …«
»Hatte ich doch so eine Ahnung, dass zwischen euch beiden etwas vorgefallen ist. Seit du ins Lager zurückgekehrt bist, bläst du Trübsal. Du musst dich ein wenig aufrappeln, mein Junge, denn die Schlacht, die uns erwartet, wird ein weniger schönes Erlebnis werden.«
Duncans verlegene Miene wich einem besorgten Ausdruck.
»Vater… Wegen der Schlacht …«
Er schluckte, und auf seinen Zügen malte sich das Entsetzen.
»Es ist keine Schande, Angst zu haben, Duncan. Kein Mann, der richtig im Kopfe ist, tritt dem Feind gegenüber, ohne dass es ihm in den Eingeweiden rumort. Und ich versichere dir, dass ich keine Ausnahme von dieser Regel mache.«
Duncan sah ihn lange an und schlug dann die Augen zu dem sternenbesetzten Himmelsgewölbe auf, das sich
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