Lanze und Rose
einverstanden seid, wird Euer Vater eine gewisse Summe erhalten …«
Marion spürte, wie ihr die Sinne schwanden. Er wollte sie kaufen!
»Ihr werdet John Lyon heiraten, Earl of Strathmore and Kinghorne.«
»Wie bitte? Ich kenne den Mann nicht einmal!«
»Ihr werdet genug Zeit haben, das nachzuholen, meine Liebe. Er ist ein jakobitischer Edelmann von neunzehn Jahren und …«
»Ich werde ihn nicht heiraten!«, fiel sie ein. Die Hände in die Hüften gestemmt, ging sie vor dem Earl auf und ab.
Sie kochte vor Wut. Wie konnte er es wagen? Das war Erpressung!
»Mein Vater wird diesem Mann niemals meine Hand geben, ob er nun von Adel ist oder nicht …«
»Das ist bereits geschehen.«
Marion erbleichte. Nein, das konnte nicht sein… Ihr Vater hätte ihr davon berichtet. Niemals hätte er eine so wichtige Entscheidung über ihre Person getroffen, ohne zuvor mit ihr darüber zu sprechen.
»Also werdet Ihr morgen nach Chesthill zurückkehren, Marion«, sagte der Earl kühl. »Dort werdet Ihr bleiben, bis die Vorbereitungen für die Hochzeit getroffen sind. Unterdessen rate ich Euch, diesen… Spitzbuben nicht wiederzusehen. Wie hieß er noch? Ach ja … Duncan … Wie könnte ich diesen Namen vergessen? Duncan Macdonald.«
»Ich brauche von Euch keine Befehle entgegenzunehmen. Ihr seid nichts als ein…«
Marion legte die Hand auf ihre zitternden Lippen und erkannte mit einem Mal die Tragweite der kaum verhüllten Drohung
des Grafen, der ihr jetzt sein gelbliches Gebiss enthüllte. Wie war es möglich, dass er über sie und Duncan Bescheid wusste?
»Wenn ich dreißig Jahre jünger wäre, würde ich Euch auch selbst heiraten, aber …«
Er zuckte die Achseln und verzog bedauernd den Mund.
»Mit meinen achtzig Jahren habe ich einer jungen Frau nicht mehr viel zu bieten, es sei denn mein Vermögen. Doch ich bezweifle, dass Ihr Euch dafür interessiert. Ich weiß, dass Ihr nicht zu dieser Art von Frauen gehört, Marion. Offensichtlich hätte mir das vieles sehr erleichtert. Aber was soll’s … Ich kenne Euch seit frühester Kindheit, ich habe Euch aufwachsen gesehen. Und ich muss zugeben, dass mir das, was ich heute sehe, sehr gefällt. So hat dieser Robert diesem Lande doch zumindest etwas Gutes geschenkt. Mit Eurem starken Charakter seid Ihr für jedermann eine Herausforderung.«
Er räusperte sich und rieb sich die Hände. Seine Miene wurde ernst.
»Trotz allem, was Ihr möglicherweise von mir haltet, mag ich Euch gern. Aus diesem Grunde habe ich Euch dieses Angebot gemacht.«
»Das ist wohl ein Scherz, Sir! Ihr meint, mich zu retten?«
»Eure Seele natürlich. Versteht Ihr, ich bin alt, aber nicht blind.«
»Was soll das heißen?«
»Seit Ihr zusammen mit dem jungen Macdonald hier eingetroffen seid, wirkt Ihr träumerisch und besorgt. Ich weiß, was Ihr auf dem Herzen habt, Marion Campbell.«
»Ihr befindet Euch im Irrtum …«
»Tatsächlich? Warum ist Euch dann so daran gelegen hierzubleiben ? Ich habe mir diesen Spitzbuben beschreiben lassen, nur um mir eine Vorstellung zu machen… Wie man mir berichtet hat, fehlt es ihm nicht an Charme. Ihr weigert Euch vielleicht, es einzugestehen, aber Ihr seid verliebt in diesen Mann.«
Marion ging nicht auf seine letzte Bemerkung ein. Sie war wie vor den Kopf geschlagen. Er hatte Duncan beobachten lassen! Hatte er auch ihr nachspioniert? Breadalbane starrte sie
an und wartete offensichtlich auf eine Reaktion oder eine Äußerung von ihr, mit der sie sich verraten würde. Mit unglaublicher Anstrengung gelang es ihr, nach außen hin gleichmütig zu bleiben.
»Das allerdings, meine Teure, kann ich Euch nicht gestatten. Es kommt überhaupt nicht in Frage, dass Ihr Umgang mit diesem Abschaum aus Glencoe pflegt. Sarah, die Cousine Eures Vaters, ist mit MacIains jüngstem Sohn davongelaufen. Wir haben geglaubt, daraufhin würde der Clan uns eine gewisse Rücksichtnahme entgegenbringen, doch da waren wir wohl naiv. Diese Männer besitzen kein Ehrgefühl. Sie nehmen sich, was sie begehren, ohne Fragen zu stellen. Das ist alles.«
»Und Ihr glaubt, dass Ihr Euch anders verhaltet? Ich fürchte, das Einzige, das Euch von ihnen unterscheidet, sind Eure Methoden.«
Breadalbane stieß ein kurzes, raues Lachen aus, das in einem Husten endete.
»Ich will nur Euer Bestes, Marion. Später werdet Ihr das verstehen.«
»Betätigt Ihr Euch deswegen als Kuppler? Ihr müsstet doch wissen, dass Ihr bei diesem Spiel noch nie großen Erfolg gehabt habt.«
Die Miene des alten
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