Lanze und Rose
Truhen des Familienzweigs der Campbells von Glenorchy vollständig geleert waren.
Als Kind hatte Breadalbane miterlebt, wie die Männer von Glencoe und Keppoch Ländereien verwüsteten, Scheunen leerten und den Besitz seiner Familie stahlen. 1645, nach der Niederlage
der Campbells in Inverlochy 22 , wo sie den Macdonalds aus Irland, aus Keppoch und aus Glencoe unterlagen, waren ihre Ländereien immer wieder von den Clans aus Lochaber verwüstet worden, die sie daher als Räuber und Diebe betrachteten. Die Macgregors und Macnabs, die stets eine Rechnung mit den Campbells offen hatten, hatten sich an den Plünderungen beteiligt. Breadalbane war erst zehn gewesen, als die Macdonalds Häuser und Scheunen niedergebrannt, alle bewaffneten Männer, die sie antrafen, getötet und das Vieh davongetrieben hatten. Hinter sich hatten sie nur Verheerung, Blut und Tränen zurückgelassen.
Ein Jahr später war es zu dem Massaker in den Hügeln von Sron a’Chlachain gekommen. Es geschah bei der Hochzeit eines Mädchens aus Glenorchy mit einem Laird aus dem Hause der Menzies, die auf Finlarig Castle stattfand und bei der der gesamte niedere Adel von Breadalbane anwesend war. Die Campbell-Männer, die von der Anwesenheit der verfluchten Macdonalds auf ihrem Land erfahren hatten, waren, das Schwert in der Hand und den Kopf voller Whisky, dorthin gestürmt. Sechsunddreißig von ihnen waren umgekommen. Das Blut der Macdonalds hatte sich mit dem ihren vermischt und die Bäche, die auf den Loch Tay zuflossen, rot gefärbt.
Neun Jahre waren danach vergangen, bis die Clans von Glencoe und Keppoch erneut die Ländereien von Breadalbane verwüsteten. Ein junges Mädchen namens Mac Nee war umgekommen, als sie versuchte, die Marodeure daran zu hindern, Rinder wegzutreiben. Seitdem besangen die Frauen von Breadalbane den Mut des Mädchens. Und der Hass Sir Grey John Campbells of Breadalbane auf den Clan von Glencoe war ins Unermessliche angewachsen. Zu jener Zeit war der große MacIain Chief des Macdonald-Clans, und Breadalbanes Neffe, der junge Robert Campbell, Laird von Glenlyon. Die Schwächen des Letzteren
hatte MacIain ausgenutzt und es nach siebenunddreißig Jahren geschafft, im Morgengrauen des 13. Februar 1692 endlich seinen tiefen Groll zu stillen und seinen Rachedurst zu befriedigen.
»Erobern und das Eroberte behalten«, lautete seitdem Breadalbanes Devise. So war dem Erben des Hauses Breadalbane, dessen einzige Waffe sein enormer Machthunger war, mit Hilfe einträglicher Ehen, Intrigen und lukrativer politischer Bündnisse der gesellschaftliche Aufstieg gelungen. Er hatte Titel und Privilegien angehäuft und dem Stuart-König gedient. Dann hatte Wilhelm von Oranien den Thron bestiegen, und er hatte sich auf seine Seite geschlagen, ganz natürlich, als verstünde sich das von selbst, ohne sich Fragen zu stellen. Er machte sich keine Gedanken darüber, ob er der einen königlichen Familie seinen Eid schwor oder einer anderen, sondern wandte sich ganz einfach dorthin, wo seine Interessen lagen, zu dem, der gerade die Macht in Händen hielt.
Grey John Campbell schlug die Augen auf und schenkte Marion ein spöttisches Lächeln.
»Ach, übrigens«, erklärte er mit sanfter Stimme, »habe ich Euch zum Dank für Eure treuen Dienste eine Mitgift von fünftausend Pfund ausgesetzt, mein Kind.«
Die junge Frau riss Mund und Augen auf.
»Eine Mitgift? Aber warum?«
Der alte Mann bewegte mühsam seine von der Gicht steifen Finger und warf Marion aus seinen grauen Augen einen forschenden Blick zu.
»Ihr werdet mir zustimmen, dass eine junge Frau eine angemessene Mitgift besitzen muss, um sich gut zu verheiraten.«
»Gewiss, aber …«
»Euer Vater ist nicht in der Lage, sie Euch zu stellen. Unser kleines Unternehmen, das Argyle zu Fall bringen sollte, ist ganz offenbar gescheitert. Ich kann nicht alle Schulden Eurer Familie streichen, doch ich werde Euch nicht ohne Euren wohlverdienten Lohn ziehen lassen.«
Breadalbanes Lächeln verzerrte sich zu einer verächtlichen Miene. Marion grub die Fingernägel in die Handfläche. Dieser Bastard!
»Um Euch also eine unvorteilhafte Heirat mit einen Mann zu ersparen, den ich als … recht zwielichtig bezeichnen könnte und der dem Hause Schande bereiten würde, gebe ich Euch diese Mitgift. Später werdet Ihr mir dankbar dafür sein, meine Teure.«
Er hob einen knotigen Finger, runzelte die Stirn und sah sie düster und berechnend an.
»Eine Bedingung gibt es jedoch. Wenn Ihr damit
Weitere Kostenlose Bücher