Lanze und Rose
für Verletzungen hat er denn erlitten?«
»Eine Schwerthieb in die Leiste.«
Er lächelte mir begütigend zu.
»Diese Verwundung hat ihn ein wenig beunruhigt. Er hat eine weitere im Gesicht«, fuhr er mit ernster Miene fort.
»Im Gesicht?«
»Ein Schwerthieb.«
Mit dem Finger zog er eine Linie über seine linke Wange, die vom Auge bis zum Kinn reichte. Ich schloss die Augen und biss mir auf die Lippen, um ein Schluchzen zu unterdrücken.
»Sein Auge?«
»Hat nichts abbekommen. Mach dir keine Sorgen, a ghràidh , der Flickschuster und die kleine Stickerin haben sich um ihn gekümmert.«
»Eine Stickerin?«
Er zuckte die Achseln, und seine Mundwinkel verzogen sich leicht.
»Um sein Gesicht. Sie hat ihre Arbeit gut gemacht. Natürlich wird er eine Narbe zurückbehalten. Aber dank der Kleinen wird davon nur eine schmale Linie übrig bleiben. Sie hat wirklich Feenfinger. Er ist in guten Händen.«
»Hat er denn keine Nachricht für Elspeth geschrieben? Sie kommt um vor Sorge, weil sie nichts von ihm hört.«
Sein Gesicht nahm einen seltsamen Ausdruck an.
»Da wir gerade von Elspeth sprechen… Ich muss dir etwas sagen, Caitlin. Ich glaube eher nicht, dass Duncan nach seiner Rückkehr wieder Umgang mit ihr pflegen wird.«
»Aber warum? Vorher mochte er sie doch sehr gern. Er hatte vor, um ihre Hand anzuhalten …«
Ich unterbrach mich, und dann verstand ich.
»Hat er sich da unten eine Frau genommen?«
»Nein, nicht ganz.«
Er lächelt unsicher.
»Ich würde eher sagen, dass eine Frau ihm sein Herz geraubt hat.«
»Wer? Ein kleines Luder, das sich zum Vergnügen der Soldaten in den Lagern herumtreibt?«
Ich wusste, dass zahlreiche Frauen den Truppen auf ihren Feldzügen folgten; Ehefrauen, Geliebte oder ganz einfach Huren, für welche die Feldlager eine unerschöpfliche Einkommensquelle darstellten. Niemals hätte ich Liam danach gefragt, ob er schon einmal mit einer dieser Frauen auf seinem Plaid gelegen hatte.
Ich wollte es nicht wissen. Aber bei meinem Sohn war das etwas ganz anderes.
»Nein, nicht, was du denkst. Sie ist keine dieser Frauen.«
»Was dann?«
»Es ist die kleine Stickerin.«
»Und weiter?«
Er stieß einen resignierten Seufzer aus.
»Eines Tages musst du es ja ohnehin erfahren. Sie heißt Marion Campbell«, erklärte er und maß mich mit einem ausdruckslosen Blick.
»Marion Campbell … Aber was hat eine Campbell in einem jakobitischen Feldlager zu suchen?«
»Du weißt doch, dass der Earl of Breadalbane die Seiten gewechselt hat … Nun, der Laird von Glenlyon hat an unserer Seite gekämpft, und ziemlich gut, wie ich zugeben muss.«
»Glenlyon? Du meinst, dass Duncan sich in eine Campbell aus Glenlyon verschaut hat?«
»Ja.«
Ich seufzte.
»Was soll ich Elspeth bloß sagen?«
»Im Moment noch gar nichts. Das ist das Problem der jungen Leute, nicht unseres.«
»Aber sie macht sich gewisse Hoffnungen. Ich könnte ihr nie wieder in die Augen sehen.«
»Schön, dann sag ihr, was du für richtig hältst.«
Ich überlegte einen Moment lang. Duncan und eine Frau aus Glenlyon … Ich konnte es kaum glauben. Was würde er anfangen, sobald der Aufstand vorüber war? In unserem Tal würde diese Frau gewiss nicht willkommen sein. Jedenfalls nicht bei Elspeth. Und wenn diese Geschichte nichts als ein Abenteuer war? Die Entfernung war schuld … Wahrscheinlich hatte er das Bedürfnis gehabt, sein Herz und sein Bett zu wärmen. Nach reiflicher Überlegung kam ich zu dem Schluss, dass es wohl besser war, nichts zu sagen. Vielleicht war sein Herz ja wieder frei, wenn er zurückkehrte.
»Der Laird von Glenlyon wird dieser Liebschaft sicherlich nicht wohlwollend gegenüberstehen.«
Er verzog den Mund zu einem schiefen Grinsen.
»Da hast du ganz sicher recht, a ghràidh , denn das Mädchen, um das es geht, ist seine eigene Tochter.«
»Oh Gott!«
Liam fuhr mit dem Finger an den Konturen meines Gesichts entlang. Langsam zog er die Schwingung meiner Lippen nach und ließ seine Hand sanft in mein Haar und in meinen Nacken gleiten, um mich an sich zu ziehen. Er küsste mich zärtlich und lange und löste sich dann ein wenig von mir. Der Blick aus seinen halb geschlossenen Augen war durchdringend und beunruhigend. Er verzog den Mund und öffnete die Lippen, doch kein Laut kam darüber.
»Möchtest du mir von Sheriffmuir erzählen?«
Ein Weilchen verharrte er reglos, dann schüttelte er den Kopf und schlug die Augen nieder. Seine Miene wirkte verschlossen. Etwas in ihm war
Weitere Kostenlose Bücher