Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
zu sein, abgelöst von mir selbst. Ich war Eurydike, die in die Hölle hinabgestiegen war, und wartete darauf, dass Orpheus mich befreite. Mir war kalt. Liam, mein Herz ruft nach dir. So höre es doch. Seine heißen Handflächen legten sich auf meine eisige Haut und hinterließen Feuerspuren. Er begrub mich unter seinem warmen, festen Körper. Ich stöhnte.
    »Tuch! Tha e ceart gu leòr .« Psst! Es ist gut.
    »Cuidich mi, tha feum agam ort .« Hilf mir, ich brauche dich.
    Ich suchte seinen Blick und klammerte mich daran wie an einen Rettungsanker.
    »Liam, ich habe das Gefühl, in einem Albtraum zu leben.«
    »Ich weiß …«
    Seine Lippen streiften meinen Mund. Völlig unerwartet reagierte
ich auf die feuchten Liebkosungen, mit denen er langsam meinen Körper bedeckte und jeden Teil, den er berührte, in Flammen aufgehen ließ. Ich war ein zerbrochenes Wesen in seinen Händen, das vor Schmerz und Begehren bebte. Ich spürte, wie er an meinem Körper, in mir, zitterte. Unsere Tränen vermischten sich, unsere Schreie verklangen ineinander. Wir waren nur noch ein Wesen, das versuchte, die unerträgliche und unbegreifliche Leere zu füllen, die der Verlust, der allein so schwer zu tragen war, aufgerissen hatte. Vielleicht würde es uns gemeinsam gelingen, einen Sinn in dem zu finden, was uns zugestoßen war.

    Das Licht des Mondes erhellte das kleine Zimmer. Ich hatte mich in seine Wärme, an seine Brust geschmiegt und lauschte seinem Atem. Ich fand keinen Schlaf. Frances war in Dalness, bei ihren Schwiegereltern, um sich um Trevors Haus zu kümmern. Ich würde ein wenig Zeit allein mit Liam haben, denn sie sollte erst in drei Tagen zurückkehren. Trevor hatte die Schlacht überlebt. Er hatte einige Blessuren erlitten, aber im Großen und Ganzen ging es ihm gut. Bisher hatte ich es vermieden, mich nach Einzelheiten über Duncans Verwundung zu erkundigen. Ich wusste, dass er lebte, und zu Beginn hatte mir das ausgereicht. Doch jetzt begann ich mir Sorgen um ihn zu machen. Ich hatte eine ziemlich genaue Vorstellung davon, welche Verletzungen sich ein Soldat auf einem Schlachtfeld zuziehen konnte. Da brauchte ich nur an meinen Bruder Matthew zu denken.
    Liam hatte mir ein wenig über Simons tragischen Tod erzählt. Die arme Margaret! Auch sie hatte schwer zu tragen. In weniger als einer Woche hatte sie zuerst ein Enkelkind und dann ihren Mann verloren. An wen konnte sie sich um Trost wenden? Ihre Tochter war ebenso niedergeschmettert wie sie. Oh, das Elend der menschlichen Existenz! Für welche entsetzliche Sünde mussten wir büßen? Allmächtiger Gott, hast Du denn gar kein Mitgefühl ? Mein ganzes Leben lang hatte ich mich bemüht, nach Seinem Wort zu leben – jedenfalls, soweit ich es kannte. Strafte Er mich für meine Unwissenheit? War das etwa Seine Gerechtigkeit ? Natürlich wusste ich, dass ich keine Antwort erhalten würde.

    Liam schlang den Arm um meine Taille und zog mich noch fester an sich. Er legte den Mund an meine Schulter.
    »Schläfst du nicht?«
    »Nein.«
    Stille. Das Ticken der Pendeluhr. Einige Minuten verstrichen.
    »In einigen Tagen muss ich wieder fort, Caitlin.«
    Mir wurde das Herz schwer. Ich hatte entsetzliche Angst vor dem Moment, in dem wir uns wieder trennen mussten. Doch es war unvermeidlich.
    »Ich habe nur eine Sondererlaubnis, das ist alles.«
    »Dann ist es noch nicht vorüber …«
    »Nein. Die Truppen haben sich am Tag meiner Abreise nach Perth zurückgezogen. Was sie anschließend vorhaben, weiß ich nicht. Argyle hat seine Regimenter sicherlich nach Stirling verlegt. Wir wissen, dass er Verstärkung erwartet.«
    »Das heißt, dass es zu einer weiteren Schlacht kommen wird …«
    Er gab keine Antwort, und eigentlich hatte ich ja auch keine Frage gestellt, sondern eine Feststellung getroffen.
    »Nach Sheriffmuir sind mehrere Clans aus dem Lager desertiert. Ich fürchte, dass ihnen bald andere folgen werden, wenn das nicht bereits geschehen ist. Mar hat viele Männer verloren.«
    »Und der Prätendent ist immer noch nicht da …«
    »Die Männer werden ungeduldig und verlieren die Hoffnung. Die Schlacht von Sheriffmuir hat nichts entschieden. Die Armeen haben sich praktisch im Kreis umeinander gedreht.«
    Ich rückte in seinen Armen herum, damit ich ihn ansehen konnte.
    »Wenn es zu einem neuen Kampf kommt, wird Duncan … Ich meine… seine Verletzungen?«
    »Ihm geht es gut, Caitlin, das versichere ich dir. Inzwischen müsste er eigentlich wieder gehen können.«
    »Gehen? Was

Weitere Kostenlose Bücher