Lanze und Rose
Schultern.
»Ich finde ja auch, dass die beiden bis nach dem Aufstand warten könnten. Bis heute Abend habe ich Frances immer noch als kleines Mädchen betrachtet. Für mich ist das ebenfalls ein ordentlicher Schrecken gewesen, mo rùin .«
Unter meinen Händen entspannten seine Schultern sich langsam. Mit geschlossenen Augen legte er den Kopf nach hinten.
»Und ich gebe zu, dass ich auch nicht glaube, dass dies der richtige Zeitpunkt ist, um eine Hochzeit anzukündigen … Aber ein handfast …«
Abrupt riss er die Augen auf und sah mich unsicher an.
»Worauf willst du hinaus, Caitlin?«
»Ich sage dir nur meine Meinung«, antwortete ich und setzte mich auf seinen Schoß. »Die Entscheidung liegt bei dir, sie ist deine Tochter.«
»Soweit ich weiß, ist sie auch die deine«, bemerkte er und verzog verschmitzt einen Mundwinkel. »Und sie ist häufig ebenso starrköpfig wie du.«
»Schon möglich… Also?«
»Ich weiß, was du vorhast, Caitlin …«
»Warum, ich tue doch gar nichts.«
»Sie kann doch noch ein paar Monate warten, mein Gott!«
»Einverstanden, sie wird warten.«
Verblüfft betrachtete Liam mich und zog dann eine Augenbraue hoch.
»Ich dachte, du wolltest meine Zustimmung …«
Ich küsste ihn auf die Nasenspitze.
»Aber ich will sie dir nicht mit Gewalt abringen, Liam. Ich habe ja selbst Vorbehalte …«
Ich zögerte einen Moment, bevor ich weitersprach.
»Obwohl… Auf der anderen Seite …«
Er neigte den Kopf leicht zur Seite und kniff seufzend die Augen zusammen.
»Auf der anderen Seite?«
Ich lehnte den Kopf an seine Brust. Sein Herzschlag hatte in meinen Ohren eine beruhigende Regelmäßigkeit, und sein nach Whisky duftender Atem strich über meine Wange. Im Lauf der Jahre hatte ich gelernt, ihn von meinen Argumenten zu überzeugen, wenn ich es für notwendig hielt.
»Wenn Trevor sie gebeten hat, ihn zu heiraten, obwohl er weiß, dass er fortmuss, dann bedeutet das doch, dass er sie liebt und sicher sein möchte, dass sie auf ihn wartet.«
»Wenn sie ihn liebt, wird sie auf ihn warten, ob sie verheiratet ist oder nicht.«
»Vielleicht, aber …«
Er holte tief Luft, sagte aber kein Wort, sondern zog nur eine fürchterlich resignierte Miene und stieß dann laut den Atem aus.
»Was würdest du denn tun, wenn du an seiner Stelle wärest, Liam?«
»Ich bin nicht Trevor!«
»Nein, ich meine etwas anderes … Wenn wir beide in derselben Lage wären?«
»Caitlin, ich …«
Er schüttelte den Kopf und lachte dann leise.
»Habe ich dir schon einmal gesagt, dass du mit mir einfach machst, was du willst?«
Ich schenkte ihm ein schalkhaftes Lächeln.
»Ja, schon mehrmals.«
Er drückte mich fest an sich und legte die Wange an meine Stirn.
»Caitlin, a ghràidh mo chridhe , was soll ich bloß mit dir anstellen?!«
»Auch das hast du mich schon einmal gefragt.«
Die Reflexe einer blitzenden Klinge blendeten mich, so dass ich blinzeln musste. Langsam erhob sich der bläuliche Stahl vor einem düsteren Himmel, um dann mit tödlicher Wucht ins Dunkel niederzufahren. Ich vermochte nicht zu erkennen, worauf das Schwert so blindwütig einhieb, oder wer es führte. Rot und klebrig kam die Klinge wieder hoch und schlug noch einmal brutal zu. Ein Schrei erscholl in der Düsternis, die mich umgab. »Fraoch Eilean !« Der Kriegsruf der Männer von Glencoe. Mit einem Mal hob sich die Finsternis hinweg, als würde ein Schleier weggezogen, und vor mir breitete sich eine entsetzliche Szenerie aus …
Ein Schlachtfeld. Verstümmelte und verrenkte Leiber, kaum noch als Menschen zu erkennen, lagen kreuz und quer übereinander. Hunderte von Raben ergötzten sich am Fleisch der Toten, pickten Augenhöhlen aus und flatterten, blutige Fleischfetzen im Schnabel, über das Meer aus Sassanach -Uniformröcken und schottischen Plaids davon, in dessen Mitte ich mich befand. In meiner Nähe regte sich ein Körper. Ein blutiger Arm erhob sich, eine Hand streckte sich mir flehend entgegen. Angewidert verzog ich das Gesicht und schlug die Hand vor den Mund, um einen Schrei zu unterdrücken. Der Mann bewegte sich, drehte sich herum. Ein zerrissenes und blutbeflecktes Plaid bedeckte sein Gesicht. Der Tartan der Macdonalds … Das Plaid rutschte herunter und enthüllte seine Züge. Ich wandte den Blick ab und begann zu schreien. Unsichtbare Hände griffen nach mir und schüttelten mich …
»Caitlin! Tha e ceart gu leòr! Tha e ullamh!« Schon gut, es ist vorbei …
Meine Augenlider flatterten. Die
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