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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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nicht mehr anschauen, ohne dich über ihr zu sehen.«
    »Das war ein Unfall, ein dummer Zufall.«
    »Ein Zufall?«, entgegnete ich sarkastisch. »Kann man deiner Ansicht nach zufällig bei einer Frau liegen?«
    »Ja! Ich habe nicht versucht, sie zu verführen, falls du das glaubst. Wir haben Erinnerungen an Simon ausgetauscht. Margaret hat geweint, und da habe ich sie in die Arme genommen… Wir hatten viel getrunken, Caitlin.«
    Meine Wangen glühten. Ich spürte noch Colins Hände auf meiner Haut und musste mir verbittert eingestehen, dass ich nichts unternommen hatte, um meinem Schwager abzuwehren. Jedenfalls nicht körperlich. Ironisch lachte ich auf. Liam musste das falsch gedeutet haben, denn er packte mich schroff an den Armen und schüttelte mich wie einen Pflaumenbaum.
    »Glaubst du vielleicht, ich leide nicht? Jeden Tag verfluche ich mich für das, was ich getan habe. Ich bereue es, Herrgott! Und wie ich es bereue! Aber dazu ist es jetzt zu spät.«

    Seine Hände versengten meine Schultern durch das Hemd hindurch. Ich versuchte, mich loszumachen.
    »Warum hast du dich mir nicht anvertraut? Dann wäre all das vielleicht nicht geschehen…«
    »Ich konnte nicht, Caitlin…«
    Grob stieß er mich von sich, schlug dann mit der Faust heftig auf die Matratze und stöhnte.
    »Du weißt ja nicht, wie es ist, wenn man sich für den Tod eines Menschen verantwortlich fühlt.«
    »Aber du hast dir überhaupt nichts vorzuwerfen.«
    »Zwei Söhne, Caitlin! Diese Sassanach -Bastarde haben mir zwei Söhne geraubt, und ich habe nichts dagegen getan! Anna ist erfroren. Ich hatte nicht einmal eine verdammte Decke, um sie zu wärmen. Meine Schwester ist vor meinen Augen vergewaltigt worden, und ich habe zugeschaut, ohne einen Finger zu rühren. Sie ist an den Folgen gestorben. Mein Vater hat eine Kugel in den Kopf bekommen, und ich habe zugesehen. Du kannst dir die Bilder nicht vorstellen, die sich meinem Gedächtnis eingegraben haben … All das Blut … Ihr Blut. Und diese Schreie … Caitlin! Sie haben nach mir gerufen, und ich habe nichts unternommen!«
    »Du konntest nichts tun, Liam!«, rief ich, erschüttert über sein Geständnis. »Für wen hältst du dich eigentlich? Für Gott? Glaubst du, dass du die Macht besitzt, alle und jeden zu retten, das Geschick so zu wenden, wie du es willst?«
    Einen Moment lang starrte er mich wütend an, dann schloss er die Augen.
    »Ich konnte deinen Blick nicht mehr ertragen, a ghràidh … Die Worte, die du mir an jenem Tag gesagt hattest, als ich aus Sheriffmuir zurückkehrte … Ich hatte sie so gefürchtet, und du hast sie ausgesprochen.«
    Bekümmert schlug ich die Augen nieder und nestelte am Saum meines Hemdes.
    »Der Schmerz hat mich blind gemacht. Meine Worte waren schneller als meine Gedanken. Aber ich schwöre dir beim Leben unseres Sohnes, dass ich dich nicht eine einzige Minute, nicht einen Augenblick lang für Ranalds Tod verantwortlich gemacht
habe. Aber im ersten Moment … hat der Schmerz mich überwältigt, Liam. Doch das ist der Krieg, dagegen kann man nichts tun…«
    Ich brach in Tränen aus und schniefte laut.
    »Und dann«, fuhr ich schluchzend fort, »hat Frances mir die Augen geöffnet. Ich konnte nicht verstehen, warum du so reagiert hast. Du hattest dich von mir entfernt, und dabei brauchte ich dich so sehr … Frances hat das viel schneller begriffen als ich. Deswegen hatte ich beschlossen, früher nach Hause zu kommen. Ich wollte nicht, dass du glaubst, dass ich dir die Schuld gebe … Aber du … du hattest schon jemand anderen gefunden…«
    Mein Schmerz raubte mir fast den Atem.
    »Was für eine Vergeudung!«, stieß ich mit rauer Stimme hervor. »Statt uns gegenseitig zu unterstützen, ist uns nichts anderes eingefallen, als uns voneinander abzuwenden.«
    »Es tut mir leid.«
    Er wischte sich die Augen und zog die Nase hoch.
    »Als ich vorhin ins Zimmer getreten bin und dich mit Colin gesehen habe, dachte ich, du hättest dich rächen wollen.«
    Er wandte sich mir zu. Nach kurzem Schweigen sprach er weiter.
    »Ich habe lange darüber nachgedacht. Als ich mich mit dir vermählt habe, da habe ich vor Gott geschworen, dir treu zu sein.«
    Er verstummte einen Moment lang und suchte sichtlich nach Worten. Dann fuhr er mit müder, trauriger Stimme fort.
    »Ich habe mein Versprechen gebrochen. Daher werde ich tun, was du wünschst. Wenn du willst, dass ich fortgehe, werde ich es irgendwie schaffen, dir Geld zu schicken. Ich werde John alles erklären. Du

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