Lanze und Rose
ihren Wangen klebten.
»Marion, ich flehe dich an…«
»Oh Duncan…«
Sie schloss die Augen und streckte die letzten Waffen. Heftig umklammerte Duncan das Glück, dass er beinahe verloren hatte. Er hielt die Sonne seines Lebens in den Armen und wärmte sich das Herz daran.
»Ich liebe dich so sehr … oh Mòrag … ich liebe dich so sehr.«
Eine kleine Ewigkeit lang verharrten sie so, bis das düstere Krächzen des Raben sie aus ihrer Lethargie riss. Duncan, der fast nackt auf dem kalten Boden saß, war vollständig durchgefroren. Vor lauter Angst, sein Engel könnte ihm davonfliegen, hatte er nicht gewagt, sich zu bewegen. Er küsste sie auf die Augenlider und hob ihr Kinn an, um ihren Mund zu liebkosen. Zu Anfang streifte er ihre Lippen nur leicht, dann, als er sie in seinen Armen erzittern spürte, wurde er heftiger, und sie reagierte mit der gleichen Leidenschaft.
Nach einer Weile löste er sich ein wenig von ihr, um wieder zu Atem zu kommen. Glücklichen Herzens sah er sie an. Ein rätselhaftes Lächeln spielte um ihre Lippen.
»Fünfzehn Schläge dürften als Strafe genug sein«, verkündete sie unvermittelt.
Er runzelte die Stirn.
»Fünfzehn Schläge?«
»Fünfzehn Peitschenhiebe«, erklärte sie.
»Oh verflucht!«, stieß er hervor und verzog das Gesicht.
24
Ein Schurkenstreich
Marion sah zu dem mit einer weißen Wolkenschicht überzogenen Himmel auf, der sich wie ein Band über dem zwischen den düsteren Bergen eingeschlossenen Tal erstreckte. Die ersten Schneeflocken tanzten bereits um sie herum. Sie nahm das letzte Bettlaken ab, das sie über einen Kiefernast gehängt hatte, und roch daran. Die frische Winterluft war hineingezogen und mischte sich mit dem Moschusduft ihrer Körper. Um sich zu beschäftigen, während sie auf Duncans Rückkehr wartete, hatte sie die Laken zum Auslüften in die Äste der Bäume gehängt, die rund um die kleine Kate standen; so wie Amelia das auf Chesthill tat.
Duncan hatte ihr lange von Elspeth erzählt, nachdem sie sich beruhigt hatte. Er hatte ihr alles erklärt, um ihr Vertrauen zurückzugewinnen und ihre Ängste zu zerstreuen. Ein wenig Unbehagen empfand sie aber immer noch. Sie war einfach zu schön, diese Elspeth. Als sie ins Haus gestürzt war, hatte sie gleich gespürt, wie sie eine ungute Vorahnung überfiel. Natürlich hatte sie vermutet, dass Duncan vor ihr andere Frauen gekannt hatte. Sonst hätte er sich nicht so gut darauf verstanden, sie zu berühren, sie zu küssen und zu liebkosen, um in ihr diese Flut von Empfindungen hervorzurufen, die sie verschlang und in einem Rausch ertrinken ließ, deren Existenz sie nie für möglich gehalten hätte. Im Vergleich dazu kam sie sich schrecklich unbeholfen vor. Ihr selbst war ihr Ungeschick peinlich, aber Duncan schien es nicht zu stören. Er schien sogar ein gewisses Vergnügen daran zu finden.
Sie rollte das Laken zusammen und legte es zu den anderen in den Korb, der zu ihren Füßen stand. Mit zusammengezogenen
Augen suchte sie den gleißenden Horizont ab. Wo blieb er nur so lange? Er war seit mehr als zwei Stunden fort, um sich mit Elspeth auszusprechen … Sie verzog das Gesicht und schob die Gedanken weg, die in ihr aufstiegen. Duncan hatte ja recht. Wenn er sie nicht wirklich liebte, dann wäre sie nicht hier, in seinem Haus, in seinem Tal. Trotzdem beunruhigte sie sein Ausbleiben. Bestimmt hatte er noch einen Umweg gemacht, um ihnen etwas zu essen zu besorgen.
Das Wiehern eines Pferdes ließ sie zusammenfahren. Sie drehte sich zu dem kleinen Unterstand um, den Duncan für die Tiere errichtet hatte. Er war einfach, aber solide. Er hatte ihr erzählt, wie sein Bruder und er im vergangenen Frühling seine bescheidene Wohnstätte gebaut hatten. Ob er dabei an die Schöne mit den smaragdgrünen Augen gedacht hatte? Pah! Was macht das schon aus? Sie hatten voreinander ihr Gelübde abgelegt. Damit war ihre Vereinigung ebenso besiegelt, als hätten sie es vor einem Priester gesprochen. Mit dem Unterschied, dass Gott ihr einziger Zeuge gewesen war.
Sie schloss die Augen und lächelte. Duncan hatte es sehr eilig gehabt, sich der Gültigkeit ihres Gelöbnisses zu versichern. Doch das hatte ihr nicht missfallen, ganz im Gegenteil. Was wohl der Allmächtige davon gehalten hatte? Ach was! War das nicht der Sinn und Zweck der Ehe?
Der Wind fuhr unter ihren Umhang, und sie fröstelte an den Beinen. Besser, sie ging wieder hinein, ehe sie sich noch den Tod holte. Duncan würde sicherlich bald kommen; das
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