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Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
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Beatrix besaß magische Hände. Daher hatte ich kein Wort gesagt und nur gehofft, es möge wahr sein. In dem Zustand, in dem Liam sich befand, konnten ihn nur noch die Magie oder göttliches Eingreifen retten.
    »War der Tote ein Verwandter von Euch?«
    »Ja, der Bruder meines Mannes. Er hieß Colin.«
    »Wie traurig. Lucas und die anderen haben ihn auf den Hügel gebracht. Dort oben liegt eine kleine Lichtung. Sie haben ihn mit Steinen bedeckt. Wenn es taut, werden sie ihm ein würdigeres Grab bereiten.«
    »Danke«, sagte ich einfach.
    Ich schloss die Augen. Der Gedanke, dass Liam in großer Gefahr schwebte, sich an Colins Seite wiederzufinden, schnürte mir das Herz zusammen.
    »Woher kommt Ihr?«

    Ihre engelhafte Stimme mit dem melodiösen Tonfall riss mich aus meinen Überlegungen. Sie ließ die goldfarbene Flüssigkeit in ihrer Tasse kreisen und sah mich aus ihren außerordentlichen Augen an. Ihr kaum merklicher, schleppender Akzent verriet mir, dass sie nicht von hier war. Sie musste vom Kontinent stammen.
    »Wir kommen aus Perth.«
    »Ach ja, das jakobitische Lager.«
    Ich sagte nichts weiter dazu, denn ich verspürte keine besondere Lust, über den Earl of Mar und seine fehlgeschlagene Rebellion zu reden. Beatrix schien das zu erraten, denn sie drang nicht weiter in mich.
    In der Kate hing ein schwerer Gewürzduft. Zu Anfang hatte er mich ein wenig gestört, doch jetzt fand ich ihn angenehm, sogar beruhigend. Beatrix wickelte eine ihrer blonden Strähnen um ihren Zeigefinger und legte die Hände flach vor sich hin, rechts und links von ihrer Tasse.
    »Was hat Lucas Bremner Euch über mich erzählt?«
    »Nun ja… Er hat gesagt, Ihr wäret eine Hexe«, gestand ich ein wenig verlegen.
    Sie selbst schien das keineswegs zu berühren. Sie lachte nur leise.
    »Ich heiße Beatrix Becket. Und Ihr?«
    »Caitlin Macdonald. Ihr seid aber keine Schottin, oder?«
    »Nein, allerdings nicht. Französin. Ich weiß ja, dass mein Akzent meine ausländische Herkunft verrät. Erst seit etwa zwölf Jahren lebe ich auf der britischen Insel. Ich stamme aus Alzonne in Südfrankreich. Mein wahrer Name lautet Béatrice Baqueson. Ich musste ihn ein wenig abändern.«
    »Was hat Euch hierhergeführt?«
    »Der Aufstand der Kamisarden. Mein Vater war Hugenotte. Es versteht sich, dass in einem Land, in dem der König nur auf die katholische Religion schwört…«
    Das begriff ich besser, als sie sich vorstellen konnte, denn in Irland hatte ich Ähnliches erlebt.
    »Die Protestanten wurden verfolgt. Ein wahres Massaker.«
    Ihre herrlichen Augen verdüsterten sich.
    »Mein Vater ist auf dem Scheiterhaufen gestorben, weil er sich
geweigert hat zu konvertieren. Sie haben ihn der Häresie angeklagt. Und dabei war er ein guter Mensch, der Gott verehrte und seine Familie liebte. Man kann sich oft kaum vorstellen, zu welch entsetzlichen Taten die Menschen im Namen Gottes fähig sind.«
    Einen Moment lang sah sie mich mit einem merkwürdigen Ausdruck an. Ihre Finger spielten am Henkel ihrer Tasse.
    »Seid Ihr Protestantin?«, fragte sie mich zögernd.
    »Ich bin katholisch«, erklärte ich verlegen lächelnd. »Und außerdem Irin. Meine Eltern haben in Belfast auch Verfolgung erlitten.«
    Sie wirkte nachdenklich. Sie kam wohl zu dem Schluss, dass unsere Lage ähnlich war, denn sie setzte ihre Erzählung fort.
    »Natürlich konnten wir nicht länger in Frankreich bleiben. Meine Mutter ist mit meiner Schwester und mir nach La Rochelle gereist, wo wir drei uns nach England eingeschifft haben. Hier ist unsere Religion keine Sünde. Doch meine Mutter, die bereits von Krankheit geschwächt war, hat die Überfahrt nicht überlebt. Meine Schwester Giselle, die ein wenig älter ist als ich – ich war damals dreizehn –, hat für uns eine Stellung beim Bürgermeister von Amesbury in Wiltshire gefunden. Wir waren nur drei Jahre dort, doch das waren meine drei schönsten Jahre in England. Ich habe in der Küche gearbeitet; meine Schwester war Kammerzofe. Mrs. Wilson war sehr gut zu uns. Leider wurde sie krank und starb. Mr. Wilson war untröstlich. Da er alles fliehen wollte, was ihn an seine Frau erinnerte, hat er das Haus geschlossen und ist auf Reisen gegangen, um seinen Schmerz zu vergessen. Meine Schwester und mich hat er bei Bekannten untergebracht: Giselle in London, und mich in Cardiff, in Wales.«
    »Aber das ist ja schrecklich! Konntet Ihr Eure Schwester gelegentlich besuchen?«
    Sie schüttelte den Kopf und steckte die Nase in die Tasse.
    »Ihr

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