Lanze und Rose
Überlegungen gekommen, als ich das Gebell einer ganzen Meute Hunde vernahm.
Ich wollte nach draußen laufen, überlegte es mir jedoch im letzten Moment anders. Und wenn es sich um wilde Hunde handelte, die auf der Suche nach Beute waren? Auch die abwegige Idee, die Soldaten könnten zurückgekehrt sein, um uns zu suchen, schoss mir durch den Kopf. Unsinn, Caitlin! Trotzdem nahm ich Liams Pistole und machte sie schussbereit.
Das Gekläff kam näher, und ich wich zurück. Plötzlich wurde mir bewusst, dass Liam in der Mitte des Raumes lag; daher bezog ich vor ihm Stellung, um ihn zu schützen. Die Hunde hatten jetzt die Tür erreicht. Wahrscheinlich hatte der Geruch der Pferde sie angezogen. Mit gezückter Pistole und zitternd wartete ich. Dann flog die Tür krachend auf. Grelles Licht blendete mich, und ich machte den Fehler, kurz die Augen zu schließen. Ein Schlag mit einem Gewehrkolben entwaffnete mich rasch. Ich schrie vor Schmerz auf und schlug die Hand vor den Mund. Drei Gestalten standen im Licht. Ich blinzelte.
Einer der Männer kam langsam auf mich zu und schritt um mich herum, um mich in Augenschein zu nehmen. Beruhigt erblickte ich ein Plaid, aber ich fragte mich, welchen König sie unterstützten. Mit dem Lauf seines Jagdgewehrs stieß der Mann Liam an, der sich keuchend auf den Rücken drehte.
»Rührt ihn nicht an, er ist krank, Ihr…«
Ich unterbrach mich und verschluckte mein letztes Wort. Dies war wahrlich nicht der Moment, um sich noch mehr Feinde zu machen.
»Có sibhse ?«, fragte der Mann. Wer seid Ihr?
Ich wagte nicht zu antworten, denn ich fürchtete, unser Todesurteil zu unterzeichnen. Der Fremde schenkte mir einen kalten Blick.
»Có ás a tha sibh ?«, fragte er noch einmal und sah mich durchdringend an. Woher kommt Ihr?
Er musste ein crofter 42 sein. Sein zerklüftetes, von den Elementen tief gebräuntes und gezeichnetes Gesicht und die großen, schwieligen Hände, die unverwandt das Gewehr auf Liam richteten, kündeten von einem harten, arbeitsreichen Leben.
»Freagair an duine «, befahl einer seiner Begleiter und trat auf mich zu. Antworte ihm.
Sie wirkten nicht eben vertraueneinflößend. Der zweite Mann musterte mich im Vorbeigehen und beugte sich über Liam, der die Augen einen Spaltweit geöffnet hatte und teilnahmslos die Szene beobachtete.
»A bheil Gàidhlig agad ?« Versteht Ihr Gälisch?
Ich nickte. Der dritte Mann, der mit dem Gewehr auf mich zielte, bemerkte Colins Leiche und trat heran. Er hob das Plaid an und musterte den Toten mit gleichmütiger Miene.
»Fear-leanmhainn teaghlach nan Stiùbhartach !«, rief derjenige, der sich über Liam beugte, aus. »Mac Dòmhnall .« Das sind Jakobiten, Macdonalds.
Ich schloss die Augen. Klopfenden Herzens wartete ich auf das Urteil. Wenn diese Männer einem Clan angehörten, der König George treu war, dann würden sie uns auf jeden Fall den Behörden ausliefern oder, schlimmer noch, uns ohne viel Federlesens umbringen, einfach, weil wir ihr Land durchquert hatten. Ich hörte, wie sie sich flüsternd berieten. Dann folgte ein beklemmendes Schweigen. Langsam schlug ich die Augen wieder auf. Der erste Mann stützte sich auf den Lauf seiner Waffe und lächelte mir zu. Derjenige, der bei Liam hockte, goss ihm ein wenig Whisky in den Mund. Liam verschluckte sich. Ich stöhnte auf und begann zu zittern. Da bot man auch mir die Whiskyflasche an, die ich gerne nahm.
»Was macht Ihr hier?«, fragte der erste Mann. »Ähem… Ich bin Lucas Bremner. Das ist mein Bruder Paddy, und er dort heißt Quinton Hardy.«
Die Männer begrüßten mich mit einem höflichen Lächeln, das ich erwiderte.
»Wir waren auf dem Weg nach Inverness, als eine Truppe Dragoner uns angegriffen hat.«
Die Männer wechselten einen wissenden Blick. Derjenige, der Lucas hieß, spuckte auf den Boden, um das Unglück abzuwenden.
»War er ein Freund von Euch?«, fragte er und wies mit dem Lauf seines Gewehrs auf Colin.
»Mein Schwager.«
»Aha. Und der da?«
»Mein Gatte. Er ist schwer krank. Ich brauche einen Arzt für ihn.«
»Ja … Er wirkt nicht besonders gesund«, stellte er überflüssigerweise fest.
Er brummelte etwas vor sich hin. Paddy und Quinton richteten Liam auf, indem sie ihn unter den Achseln stützten. Mein Mann fuhr zusammen, als hätte man ihn mit einem glühenden Eisen verbrannt, und stieß ein Stöhnen aus. Kurz richtete er einen panischen Blick auf uns, doch dann wirkten seine Augen wieder leer. Seine Beine schwankten unter
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