Lanze und Rose
Ärmel abwischte.
»Aha, Campbell also? Aus Argyle?«, fragte er und betrachtete die Farben des Tartans.
»Campbell von Kames.«
»Kames … Hmmm… Und der da?«
»Meine Eskorte. Ihr glaubt doch nicht, dass ich allein auf Reisen gehe? Muss ich Euch daran erinnern, dass dieses Land sich mitten in einem Aufstand befindet?«
Mackay warf Duncan, der reglos wie eine Marmorstatue dasaß, einen Seitenblick zu. Der junge Mann kam soeben zu dem schrecklichen Schluss, dass er seine Frau in die Klauen eines Meuchelmörders gegeben hatte, und ein eiskalter Schauer überlief ihn. Mackay schien seinen Gedanken zu erraten, denn er verzog den Mund zu einem hässlichen Grinsen, das eine Reihe schwärzlicher, teilweise abgebrochener Zähne enthüllte.
Mackays Männer hatten sie jetzt in die Mitte genommen. Marion und er saßen in der Falle, was noch freundlich ausgedrückt war. Er musste sich etwas einfallen lassen, um sie so rasch wie möglich hier fortzubringen. Der Gauner wandte sich mit selbstzufrieden geschwellter Brust an seine Kumpane, sprach sie mit lauter, gebieterischer Stimme an und ignorierte die anderen Gäste, die ihnen neugierige Blicke zuwarfen.
»Es sieht aus, als müssten wir unsere Pläne ändern. Wir werden
darüber disputieren und dann eine Entscheidung treffen.«
In der Gruppe kam erstauntes Stimmengewirr auf.
»Lasst uns hinausgehen!«, befahl Mackay. »Ihr kommt auch mit!«
Duncan legte Marion ihren Umhang um und half ihr beim Aufstehen. Er drückte ihr die Schulter, um sie zu beruhigen, doch das Lächeln und der Blick, die sie ihm zurückgab, waren wenig überzeugend. Sie hatte schreckliche Angst. Aber jetzt war es zu spät. Sie würden eben vorsichtig sein müssen.
Einer der Männer stieß Marion ein wenig grob in den Rücken, um sie nach draußen zu schieben. Sie fuhr herum und maß ihn mit einem mörderischen Blick.
»Fasst mich nicht an!«
»Wisst Ihr, dass man in Strath Halladale Hexen im Moor versenkt?« , gab dieser mit spöttischer Miene zurück und kniff die schwarzen, verschlagenen Augen zusammen.
»Fahrt doch zur Hölle, alter, stinkender Bock! Bei uns in… Argyle werden Männer wie Ihr gehängt!«
»Das reicht jetzt, Ewie!«, schaltete sich Mackay ein. »Die Lady ist die Nichte des Duke of Argyle, und für euch lautet ihr Name ›Anfassen verboten‹. Ist das klar?«
Die kalte Luft traf unangenehm auf ihre Haut. Die untergehende Sonne breitete einen purpurfarbenen Mantel über die Bucht von Stonehaven. Die kleine Hafenstadt, die hauptsächlich vom Fischfang lebte, lag an einem sichelförmigen Sandstrand unterhalb der Klippen von Downie Port. Die Schreie der Möwen, die über ihnen kreisten, hallten von den steinernen Häuserfassaden wider.
Sie standen auf der Highstreet, von der aus man über die Bucht hinaussah, und warteten darauf, dass Mackays Männer ihre Beratungen beendeten. Die Straße leerte sich nach und nach. Duncan sah sich nach den beiden Männern um, die Marion hätten zurückbegleiten sollen. Sie hatten sich unter die Fischer gemischt, die von ihrer Ausfahrt zurückgekehrt waren und ihre Netze zum Trocknen aufhängten. Er fing den Blick eines der Männer auf; er hatte die Situation begriffen. Duncan bedeutete
ihm, noch nichts zu unternehmen. Er mochte nicht riskieren, dass Marion bei einer Auseinandersetzung, bei der sie vielleicht den Kürzeren ziehen würden, verletzt würde.
Die Hand der jungen Frau streifte die seine und ergriff sie. Duncan hätte sie schrecklich gern in die Arme genommen; doch er musste auf Abstand bleiben und vorgeben, sie beide seien höchstens freundschaftlich verbunden. Der kleine Mann mit dem verschlagenen Gesicht, der sie bewachte, spielte ständig mit seiner Pistole, was wohl eine Warnung an sie darstellen sollte.
»Was sollen wir tun?«, fragte Marion an seiner Schulter und tat, als werfe sie einen Blick hinter sich.
»Im Moment können wir nur warten. Hast du dein Messer noch?«
Sie schmiegte ihren Schenkel an seinen, so dass er die Waffe spüren konnte, die sie in den Falten ihres Rocks versteckt hatte. Er beugte sich zu ihr hinunter.
»Vergiss nicht, benutze es nur im äußersten Notfall.«
Unter den Männern kam lautes Murren auf. Nach ihren Mienen zu urteilen, behagte ihnen das Ziel, das man ihnen bezeichnet hatte, überhaupt nicht.
»Ich lasse mich doch nicht in diese Festung locken! Da kann man sich ja gleich eine Kugel in den Kopf schießen!«
»Hör zu, Doug, wir sind nicht hergekommen, um dann mit leeren Händen nach
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