Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lanze und Rose

Lanze und Rose

Titel: Lanze und Rose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonia Marmen
Vom Netzwerk:
Kanten der zerbrochenen Dachpfannen rissen ihm die Finger auf, während er von fiebriger Unruhe geplagt versuchte, unter dem Schutt seine Frau zu finden.
    »Oh mein Gott! Mach, dass sie am Leben ist!«
    Seine Finger stießen auf die glatte Oberfläche von durch jahrelangen Gebrauch poliertem Holz. Mit der Kraft der Verzweiflung gelang es ihm, den Tisch freizulegen. Auf einer Seite neigte er sich bis zum Boden; zwei seiner Beine hatten unter dem Gewicht der Dachziegel nachgegeben. Dann fiel sein Blick auf eine hellrote Haarsträhne. Er hob eine Dachpfanne auf und erblickte Marions rote Lockenmähne.
    »Neiiin!«, stöhnte er leise.
    Tränen stürzten ihm aus den Augen, liefen über seine Wangen und vermischten sich dort mit dem Staub. Sein Blick verschwamm. Er hob den Tisch an und stieß ihn krachend beiseite. Marion lag mit angezogenen Beinen da; ihr Gesicht war blutverschmiert.
    »Neiiin! Marion, mo aingeal… «, rief er und vergrub das Gesicht am Mieder seiner Frau. »Das wollte ich nicht… Verzeih mir!«
    Von seinem Gram niedergedrückt, beugte er sich schluchzend über den Körper seiner Liebsten.
    »Herrgott, ich habe sie getötet…«
    Er fuhr in ihr seidenweiches Haar, griff hinein und zog ihren Kopf hoch. Mit der anderen Hand fasste er in Marions schlaffen Nacken, um sie hochzuheben. Die junge Frau stöhnte leise auf. Duncan riss die Augen auf. Er konnte es kaum fassen. Ungläubig legte er die Wange an ihre Brust. Das Herz schlug … Eine unfassbare Mischung von Gefühlen überwältigte ihn. Sie war nicht tot, sie lebte!
    Er richtete sie auf und sah sich nach einer weichen Oberfläche um, auf die er sie niederlegen konnte. Die alte Matratze …
    »Mo aingeal! «, flüsterte er und liebkoste sanft ihre Wange.
    Seine Finger zitterten so heftig, dass er die seidige Haut kaum
berührte. Marion stieß einen Klagelaut aus und bewegte sich. Ihre Lider zitterten, dann schlug sie die Augen auf und blickte zuerst verwirrt drein, bevor sie erstarrte und aufschrie. Duncan hielt ihre Schultern fest, damit sie sich nicht aufrichtete.
    »Es ist vorbei … Es ist vorbei … Tuch! «, wisperte er.
    Sie wimmerte verängstigt, dann fing sie seinen Blick auf.
    »Duncan?
    »Tuch! «
    Er wischte das Blutrinnsal, das ihre Wange befleckte, weg und untersuchte ihr Gesicht: Sie hatte nur eine kleine Schnittwunde davongetragen.
    »Bist das wirklich du, Duncan? Du lebst!«
    »Ja, Marion. Bist du verletzt?«
    Sie zog die Augen ein wenig zusammen.
    »Nichts Schlimmes, glaube ich. Ein wenig Kopfschmerzen, das ist alles.«
    Behutsam tastete Duncan ihren Schädel ab.
    »Du hast eine gewaltige Beule oben auf dem Kopf. Wahrscheinlich hat dich die Tischplatte hart getroffen, als das Möbel zusammengebrochen ist, und dadurch bist du ohnmächtig geworden. Marion … Ich … ich dachte schon…«
    Seine Gefühle schnürten ihm die Kehle zu. Da er kein Wort mehr herausbrachte, presste er den Mund auf ihre Lippen und küsste sie leidenschaftlich. Anders vermochte er nicht auszudrücken, welche Verzweiflung ihn bei dem Gedanken, sie wäre tot, niedergeschmettert hatte. Er schmeckte Blut, vermischt mit Staub und salzigen Tränen. Mit einem Mal brach ein unwiderstehliches Glücksgefühl wie eine Woge über ihn herein und ließ ihn am ganzen Leibe zittern. Marion lebte!
    »A Mhórag, mo aingeal , ich liebe dich… Ich liebe dich, mein Schatz.«
    Mit den Fingern strich er durch ihr Haar und erforschte ihr Gesicht. Er wollte sie lebendig und bebend in seinen Armen spüren, als müsse er sich davon überzeugen, dass er nicht träumte.
    »Es tut mir leid, Duncan«, meinte Marion, die er unter sich begraben hatte, betrübt.

    »Warum denn das, meine Liebste? Du lebst, Herrgott! Ein größeres Glück hättest du mir nicht schenken können.«
    Seine Hände glitten über ihren Körper. Er wollte sie berühren, streicheln. Doch über der Flut von Gefühlen, die ihn überwältigten, hatte er seine Wunde ganz vergessen. Ein stechender Schmerz durchfuhr seinen Schenkel. Marion sah ihn an und runzelte besorgt die Brauen.
    »Bist du verletzt?«
    »Kaum«, brummte er und küsste sie.
    Mit besorgter Miene schob sie ihn ein wenig von sich weg.
    »Duncan! Bist du nun verletzt oder nicht?«
    Er legte sie auf die Matratze, die noch weich war, aber säuerlich roch. Ein paar Federn schwebten um sie herum. Neugierig und beunruhigt tastete Marion Duncans Rücken und seine Seiten ab und glitten dann zu seinen Schenkeln herab. Er fuhr zusammen.
    »Mórag , ich versichere dir,

Weitere Kostenlose Bücher